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Dämonisches Tattoo

Dämonisches Tattoo

Titel: Dämonisches Tattoo
Autoren: B Melzer
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Daher blieb ihr keine andere Wahl, als jeden Morgen in die Redaktion zu fahren. Allerdings verzichtete sie darauf, sich wieder aufzubrezeln. Wenn ihr Ruhm als Entführungsopfer nicht ausreichte, um den Leuten Informationen zu entlocken, konnte sie es auch nicht ändern. Der wichtigste Teil ihres Tages blieben jedoch die Abende im Krankenhaus, die sie nach wie vor an Chase’ Seite verbrachte. Sie sprachen nicht viel. Anfangs war er zu schwach und später beschränkten sie sich auf belanglose und unverfängliche Themen wie Kates Arbeitstage und die Tatsache, dass er sich das Tattoo mit dem Laser entfernen lassen wollte. »Sicher ist sicher«, hatte er mit einem Augenzwinkern gemeint.
    Die ganze Zeit über wartete sie darauf, dass er zur Sprache brachte, wie es zwischen ihnen weitergehen sollte.
Ob
es überhaupt weitergehen sollte. Doch Chase verlor kein Wort darüber. Er hielt ihre Hand und küsste sie, wann immer sie ihm nahe kam, aber er hüllte sich auch weiterhin in Schweigen.
    Am Tag seiner Entlassung holte Kate ihn mit einem Taxi ab und begleitete ihn nach Hause. Die Fahrt verlief ebenso still wie die letzten Tage. Einzig, dass Chase sie immer wieder von der Seite musterte, wenn er glaubte, sie würde es nicht bemerken, war neu.
    An diesem Nachmittag liebten sie sich. Das erste Mal nahm er sie auf dem Esstisch, kaum dass die Wohnungstür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, hart und schnell. Ausgehungert. Danach trug er sie ins Schlafzimmer, diesmal nahm er sich mehr Zeit und sorgte dafür, dass auch sie auf ihre Kosten kam.
    Als sie später in seinen Armen lag, wagte sie nichts zu sagen. Ihr fehlte der Mut, auszusprechen, was sie für ihn empfand. Zu groß war ihre Angst, dass er ihre Gefühle nicht erwiderte, und so erfuhr sie lediglich, dass er morgen seine Arbeit wiederaufnehmen wollte.
    »Ich fürchte, in den nächsten Tagen werde ich nicht viel Zeit für dich haben.« Er zog sie enger an sich heran und strich mit dem Finger über ihre Schulter. »Die Rückkehr ins Büro, meine Zeugenaussage bei Munarez unterschreiben und all die großen und kleinen Dinge, die sich während der letzten Wochen angesammelt haben.«
    »Ist schon in Ordnung«, versicherte sie ihm. »Ich habe mindestens genauso viel um die Ohren, also mach dir keine Sorgen.« Wenn das sein Weg war, langsam auf Abstand zu gehen, dann wollte sie ihn nicht daran hindern.
    Sobald er eingeschlafen war, stand sie auf, zog sich an und schlich wie eine Diebin davon. Erst vor der Wohnung blieb sie stehen. Am liebsten hätte sie kehrtgemacht und gegen die Tür gehämmert. Sie wollte mit ihm über all das reden, was unausgesprochen geblieben war. Doch sie ging nicht zurück. Sein Apartment hatte ihr die Antworten gegeben, nach denen sie gesucht hatte. Es war sauber, aufgeräumt und praktisch – das komplette Gegenteil ihrer eigenen Wohnung. Zwei vollkommen verschiedene Welten, zwischen denen es keine weiteren Berührungspunkte gab als jene zufällige Begegnung vor Cassells Haus. Zwei Welten, die nicht zusammenpassten. Morgen würde Chase in seinen Job und damit endgültig in sein eigenes Leben zurückkehren. Er brauchte sie nicht länger.
    *
    Die kommenden Tage waren eine einzige Qual. Kate fühlte sich, als hätte sie jemand in Watte gepackt, die nun verhinderte, dass sie noch etwas von ihrer Umwelt wahrnahm. Einzig dem Telefon schenkte sie ihre volle Aufmerksamkeit. Von morgens bis abends wartete sie darauf, dass es klingelte, und hoffte, Chase’ Stimme am anderen Ende der Leitung zu hören, doch das Telefon schwieg.
    Da sie nicht den Eindruck erwecken wollte, sie würde ihm hinterherlaufen, unterdrückte sie jeden Impuls, selbst zum Telefon zu greifen und ihn anzurufen.
    Es war schon später Nachmittag und sie war eine der wenigen, die es an diesem strahlend schönen Tag noch in der Redaktion hielt. Sie brütete über einem Artikel, der sich passenderweise um einen Stalker drehte, und schaffte es einfach nicht, einen geraden Schlusssatz zustande zu bringen. Mit jedem Mal, das sie den Satz erneut löschte, um ihn neu zu formulieren, verschlechterte sich ihre Laune weiter.
    Abgesehen davon ärgerte sie sich über die Polizei, die ihr auch vorhin wieder mitgeteilt hatte, dass sie ihren Charger noch immer nicht abholen konnte. Seit Wochen bekam sie immer und immer wieder dasselbe zu hören. »Tut mir leid, Miss, der Wagen wird noch zur Beweissicherung benötigt. Wir rufen Sie an, sobald er freigegeben wird.« Beweissicherung! Wochenlang, wegen ein paar
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