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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz
Autoren: Julia Talbot
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Alarmglocken begannen in Annas Kopf zu schrillen. Soweit sie sich erinnerte, war Sandrine nicht der Typ, der sich auf andere verließ.
    »Dann … ist das Konzept also angenommen?«
    »Aber ja! Du kommst doch zur Vernissage?«
    Sandrine stand auf, ging zur Tür und öffnete sie. Unschlüssig erhob sich Anna. Das war der Moment. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, ihre Handflächen wurden feucht. Jetzt oder nie. Anna holte tief Luft. »Lass uns noch kurz … über Geld reden.«
    Sandrines sorgfältig gezupfte Augenbrauen hoben sich vor Erstaunen fast bis an den blondierten Haaransatz.
    »Geld?«, fragte sie. »Wer redet denn bei so einer Chance von Geld?«
    Das kleine Café im Kurpark war um die Mittagsstunde bis auf den letzten Platz besetzt. Die Menschen nutzten jede Gelegenheit, sich im Freien aufzuhalten, bevor es zu kühl werden würde. An einem kleinen Tisch direkt neben dem Eingang zum Casino entdeckte Anna die vertraute Gestalt ihrer Geschäftspartnerin und wirklichen, vielleicht einzigen und deshalb unbezahlbaren FreundinVicky. Zwei Jahre arbeiteten sie nun schon in der PR-Agentur zusammen. Die Euphorie der Firmengründung war längst verflogen. Und der einzige Mann, der sich noch in regelmäßigen Abständen in ihre Nähe traute, war der Gerichtsvollzieher. Dennoch hatte Vicky ihren Humor nicht verloren. Ihr Lachen war ansteckend und half selbst in schweren Zeiten über das Schlimmste hinweg. Ihr ganzes Wesen strahlte eine barocke Lebensfreude aus, und auch heute hatte sie sich wieder in ein strahlend rotes Kleid gezwängt, das ihre Kurven eindrucksvoll betonte. Ihr dunkler Wuschelkopf versank fast hinter einer aufgeschlagenen Zeitschrift, und erst als Annas Schatten auf die Seiten fiel, ließ Vicky sie sinken.
    »Nein«, war ihr erstes Wort, als sie Anna sah. Sie legte die Zeitschrift weg und nahm ihre Handtasche von dem freigehaltenen Stuhl, damit die Personifizierung einer gescheiterten Mission sich setzen konnte.
    »Sag es nicht.«
    Anna öffnete den Mund, aber Vicky hob energisch die Hände.
    »Was ist passiert? Hat sie das Konzept abgelehnt? Das kann sie nicht. Du bist die Beste, und wenn sie das nicht kapiert, hat sie dich nicht verdient.«
    »Nein. Sie hat es gelobt. Sie fand es wunderbar. Genau richtig. Absolute Profi-Arbeit.«
    Niedergeschlagen sah Anna hinunter auf ihre Sneaker, die sie noch von ihrem letzten Waldlauf im Auto gefunden und gegen die ramponierten Pumps eingetauscht hatte. Auch wieder so ein schlapper Versuch, irgendetwas am Leben zu ändern, denn nach zwei Mal Joggen war ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Puste ausgegangen. Vicky schob ihre Cappuccino-Tasse zur Seite und beugte sich vor.
    »Was dann?«
    »Sie dachte, es wäre ein Freundschaftsdienst.«
    Vicky schüttelte den Kopf und griff sich ans Ohr.
    »Ein Freundschaftsdienst? Hab ich mich da verhört?«
    Anna wand sich auf dem Stuhl. Hilfesuchend hielt sie nach demKellner Ausschau, aber weit und breit war niemand zu sehen, der sie aus dieser Situation zumindest für den Moment erlösen könnte. Denn Vicky hatte so schnell nicht vor, den Finger aus der Wunde zu nehmen.
    »Etwa zu einem Freundschaftspreis? Hast du dich herunterhandeln lassen?«
    »Nein, nicht so richtig.«
    »Was heißt das? Halt! Lass mich raten. Sie wollte es doch nicht etwa umsonst?«
    Anna schwieg. Vicky lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über dem wogenden Busen. Der Blick, den sie auf Anna abschoss, sprach Bände. Anna wäre am liebsten im Erdboden versunken. Sie hatte versagt. Voll und ganz. Schlimmer, als einen Auftrag zu vermasseln, war wohl nur noch, ihn zu kriegen und nicht dafür bezahlt zu werden. Wieder einmal hatte sie sich über den Tisch ziehen lassen. Dabei wusste sie ganz genau, dass sie auch anders sein konnte: Zielstrebig, geradlinig, aufrichtig, von sich und ihren Fähigkeiten überzeugt. Aber nur, wenn sie nicht das Gefühl hatte, ihr Gegenüber wäre ihr haushoch überlegen.
    »Es war einfach nicht möglich«, versuchte Anna, sich zu rechtfertigen. »Ich bin nicht gegen sie angekommen. Das war schon in der Schule so, und heute war es sogar noch schlimmer. Sie hat etwas an sich, gegen das du machtlos bist.«
    Vicky kniff die Augen zusammen und musterte ihr Gegenüber mit der gleichen Nachsicht, die man Nacktschnecken auf Salatblättern entgegenbringt.
    »Ich habe sie darauf angesprochen. Und dann lächelt sie dich eiskalt an und sagt zuckersüß: Aber ich dachte, wir helfen einander!« Anna stiegen die Tränen in die Augen.
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