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Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Titel: Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Autoren: Sabine Reiff
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merkwürdigen Interview zu bekommen. Sie biss von ihrer Pizza ab und begann zu lesen. Doch schon nach wenigen Seiten legte sie das Buch wieder aus der Hand. Doro seufzte, als ihr Blick beim Zuschlagen des Buchdeckels auf den verheißungsvollen Titel fiel: Gute Geister .
    Gute Geister hätte sie heute selbst brauchen können. Wenn sie an ihr Zusammentreffen mit Maar dachte, kam ihr viel eher ein schlechtes Remake von Die Geister, die ich rief in den Sinn, bei dem sie unfreiwillig die Hauptrolle ergattert hatte. Immer wieder liefen Szenen des Interviews in ihrem Kopf ab.
    Zu Anfang gab sie Maar die Schuld, dass die Sache derartig aus dem Ruder gelaufen war, aber da lag sie falsch. Letztendlich war sie es gewesen. Sie hatte sich schlecht vorbereitet und sie war es auch, die sich den Abend vorher hatte volllaufen lassen. Deshalb war sie heute Früh mit einem Mordskater aufgewacht und somit auch ihre völlig überzogene Reaktion bei dem Gespräch. Dabei hatte ihr das Schicksal mit dem Artikel einen echten Joker zu gespielt und sie hatte es versaut. Doro schleuderte in einem Anflug von Ärger den leeren Pizzateller auf den Couchtisch. Der Teller rutschte gegen das Rotweinglas und brachte es zum Kippen. Eine große, dunkelrote Lache floss in Richtung Tischkante und drohte, sich auf den hell beigefarbenen Wollteppich zu ergießen. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig ihren Teller unter die Kante zu halten, um den Wein aufzufangen. Doro brachte das Gefahrgut in die Küche, riss ein paar Küchentücher von der Rolle, schnappte unsanft die Weinflasche am Hals und ging zurück ins Wohnzimmer.
    Ihre Wut über sich selbst hatte sich zwar wieder etwas gelegt, dafür beschäftigten sie nun die Konsequenzen ihres Versagens. Der Artikel über Alexander Maar sollte in der Samstagsausgabe der Zeitung erscheinen. Das bedeutete, dass sie ihren Text spätestens morgen Vormittag abgeben musste. Einen Rohentwurf gab es zwar, aber der war leider wie alles, was mit diesem Job zusammenhing, ausgesprochen dürftig. Sollte Maar sein Wort brechen und ihr nicht die versprochene Information zur Verfügung stellen, war sie geliefert.
    Doro waren in der letzten Zeit einige Schnitzer unterlaufen und ihr Chef hatte sie verwarnt. Falls sie diesen Job vermasselte, konnte sie von Glück sagen, wenn sie in Zukunft weiterhin noch die Pflanztipps des Obst- und Gartenbauvereins verfassen oder über die Jahresfeier des Männergesangsvereins berichten durfte. Wenn sie Pech hatte, drohte ihr die Kündigung und das war, nach der aktuellen Lage der Dinge, das Wahrscheinlichste. Ihre innere Unruhe trieb sie ans Fenster. Sie trat auf den schmalen Balkon vor ihrem Wohnzimmer und starrte in die Dunkelheit. Obwohl es noch nicht spät am Abend war, lag über dem Städtchen bereits eine Art schläfriger Stille. Der Schall trug nur noch gelegentlich die Motorengeräusche der Autos auf der Hauptstraße zu ihr hoch. Alle Einwohner schienen sich in ihre Häuserzurückgezogen zu haben. Ihre Augen wanderten über den bewaldeten Hang auf der anderen Seite des Tals und folgten dem Verlauf des Bergrückens bis zu seiner höchsten Erhebung, der Marienklinge. Das schwache Mondlicht reichte aus, dass sie Bäume und Felsvorsprünge auf dem Kamm schemenhaft erkennen konnte. Ein bläulich-weißes Leuchten weckte ihre Neugierde. Sie hatte es in den letzten Tagen schon einmal beobachtet.
    In früheren Zeiten wurden Erscheinungen auf der Marienklinge stets als böses Omen gedeutet. Deshalb hatte vor gut einhundertfünfzig Jahren der damalige Pfarrer auf dem kahlen, steil abfallenden Felsen ein vergoldetes Kreuz anbringen lassen, um die Dorfbevölkerung vor Heimsuchungen durch böse Geister, Unwettern und Epidemien zu schützen. Tatsächlich war seit jenen Tagen das Dorf von Katastrophen weitgehend verschont geblieben. Das geheimnisvolle Leuchten war verschwunden. Wahrscheinlich hatten sich ein paar Jugendliche einen Spaß erlaubt und mit Taschenlampen in der Nähe des Kreuzes herumgefuchtelt.
    Doro setzte sich wieder auf die Couch. Auf dem Balkon war es ziemlich kühl gewesen. Sie schenkte sich Rotwein nach, zündete die Kerze auf dem Tisch an und kuschelte sich unter die warme Filzdecke, die ihr Lille letztes Weihnachten geschenkt hatte und schloss die Augen. Erneut kreisten ihre Gedanken um Maar und um die Tatsache, dass sie heute so ziemlich jeden Fehler begangen hatte, den ein einzelner Mensch nur machen konnte. Der Kerl sah unverschämt gut aus und sie mochte sogar seinen spröden
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