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Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)

Titel: Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
Autoren: Sabine Reiff
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Augenblick ereilt hatte. Allein die Vorstellung machte ihn nervös. Seine schmalen Nüstern blähten sich und schnüffelten in der Nachtluft nach verräterischen Gerüchen. Die Haut unter seinem silbernen Kopffell begann zu kribbeln. Gelal schüttelte sein imposantes Widderhaupt, um den beunruhigenden Gedanken zu vertreiben. Eines der beiden geschwungenen Hörner verfing sich im Geäst der Eiche. Instinktiv fletschte er sein raubtierartiges Gebiss, das sich hinter dem harmlos wirkenden Wiederkäuermaul verbarg. Er riss sich los: Bereit zum Angriff fuhr er in einer für das menschliche Auge kaum erfassbaren Drehung herum. Er spürte, wie sich die silberblaue Mähne von seinem Schädel abwärts, in einem immer dünner werdenden Streifen, bis zu seiner Schwanzspitze aufrichtete und sich unter seiner ansonsten haarlosen Haut jede Faser seines muskulösen Körpers anspannte. Seine Arme mit den klauenartigen Händen schnellten nach vorn in Richtung des vermeintlichen Feindes, um ihn zu packen und wenn nötig zu zerreißen. Aber da war niemand. Keine Menschenseele. Er hörte das unruhige Rascheln, mit dem sein peitschenartiger Schwanz immer noch über den Boden zuckte, bis sich seine Anspannung in zwei kraftvollen Flügelschlägen seiner lederigen, metallisch glänzenden Schwingen entlud. Seiner Kehle entwich ein verärgertes Knurren, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.
     
    Gelal richtete sich zu voller Größe auf. Er schloss die Augen und sog den berauschenden Duft ein, den ihm die Nacht entgegen trug. Es waren Emotionen in ihrer reinsten Form, die Gefühle einer frisch erblühten Liebe. Sie stammten von einem fünfzehnjährigen Mädchen. Ihnen haftete noch der typisch jugendliche Rosenduft an. Diese Gefühle würden ihn satt machen und ihm die Stärke geben, die er für die Erfüllung seiner Pflicht brauchte. Denn er war auf der Suche nach der Frau, die für ihn bestimmt war. Er lächelte zufrieden. Die nach Rosen duftende Kleine konnte er viele Male heimsuchen, bis er ihr die Liebe aus ihren Träumen und die Zufriedenheit aus ihrem Leben gestohlen hatte. Zurück blieb am Ende ein armes Ding, das keine Ahnung hatte, wem sie ihr Leid verdankte. Eines Tages würde sie wahrscheinlich ihre Seele verpfänden, damit sie endlich wieder das Gefühl von Glück spüren durfte. Gelal empfand kein Mitleid mit seinen Opfern; alles im Leben hatte seinen Preis. Und es gab Wünsche, die kosteten nun einmal die eigene Seele.
    Er wartete noch einen Augenblick. Dann war er sich sicher, das Bild des jungen Mannes genau vor Augen zu haben, der das Herz der Kleinen erobert hatte. Sobald er neben seinem Opfer lag, würde er die Gestalt des Teenagers annehmen. Nur für den Fall, dass die Kleine plötzlich aufwachte. Er wollte vermeiden, dass das Mädchen panisch loskreischte oder sich im ungünstigsten Fall vor seiner Erscheinung zu Tode erschreckte. Eine Heimsuchung durch einen Repräsentanten der Triebwelt spiegelte immer die perfekte Illusion in Sachen Liebeskunst wider. Schließlich war es die Verführung zur Sünde der Wollust und somit ein schöner Traum, der die körperliche Begierde anregte. Der Alptraum, der die Opfer um den Verstand brachte, stand erst ganz am Ende seiner nächtlichen Besuche. Wenn alles Glück und Zufriedenheit aus den Herzen der Heimgesuchten verschwunden waren und die Gefühle der Todsünden wie Hochmut, Neid, Zorn, Habgier, Maßlosigkeit oder Trägheit die Oberhand gewonnen hatten. Dann waren die Seelen der Allermeisten zur Ernte bereit.
     
    Gelal ließ seinen Körper wieder mit dem Dunkel der Nacht verschmelzen. Wenig später stand er in Gestalt eines schmächtig wirkenden Sechszehnjährigen mit schmalem Gesicht, blassen Lippen und fransigen, aschblonden Haaren am Bett des Rosenmädchens. Irritiert betrachtete er sein leger gekleidetes Spiegelbild in der vom fahlen Mondlicht erhellten Fensterscheibe, denn attraktive Männer sahen für ihn anders aus.
    Wo die Liebe doch hinfällt, dachte er schmunzelnd und schlüpfte unter ihre Decke, um ihr den ersten erotischen Traum ihres Lebens zu bescheren.
     

 
    Kapitel 1 – Spuren des Lebens
     
    Das monotone Alarmsignal des Weckers riss Dorothea Bergmann aus dem Schlaf. Mühsam öffnete sie die Augen und vergewisserte sich, ob es tatsächlich schon Zeit war aufzustehen. Die Zahlen auf der digitalen Anzeige zeigten in einem geradezu widerlich strahlenden Grün 7.00 Uhr an.
    Ein paar Minuten wollte sie sich noch die wohlige Wärme ihres Betts gönnen. Ihre Hand
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