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Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin

Titel: Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin
Autoren: Heyne
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drehen. Vielmehr habe ich einmal mit einem Traum arbeiten dürfen, der sich vom äußeren Schein her als knallharter Porno präsentierte. Bei der Bearbeitung stellte sich dann allerdings heraus, dass das Thema des Traumes die anstrengende Arbeitsplatzsituation des Patienten war. Herr Freud hätte sich gewundert.
    Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, warum der Zensor trotzdem Nacht für Nacht seine Arbeit verrichtet und das, wovon wir träumen, in scheinbar unverständliches Zeug verwandelt. Einen Grund wird er dafür schon haben, und ich würde mich nicht wundern, wenn Hirnforscher irgendwann eine einleuchtende Erklärung finden. Vielleicht stellen sie fest, dass da gar kein Zensor sitzt, sondern dass es unserem Gehirn einfach Spaß macht, sich auf diese Weise auszudrücken, und dass es sich ein wenig darüber ärgert, dass wir zu dumm sind, unsere eigenen Bilder zu begreifen.
    Tatsächlich kann man einem Traum von außen nicht ansehen, wovon er handelt. Die harmlosesten Träume können brisanten Inhalt verbergen, und die Furcht einflößendsten beruhigende und stärkende Botschaft bringen. Tatsächlich bergen Albträume oftmals unter einem Äußeren, das einem die Haare zu Berge stehen lässt, überaus erfreuliche Überraschungen.
    Ich habe den Eindruck, dass Albträume häufig dann auftauchen, wenn im Leben des Träumers etwas im Umschwung, wenn es gerade sehr aufregend ist und Herzklopfen verursacht. Nicht dann, wenn er ganz unten ist und es ihm schlecht geht. Dann wird er wahrscheinlich eher tröstende Träume haben. Wenn jemand Schreckliches erlebt hat, kommen die Erinnerungen daran im Traum meist erst zu einer Zeit, wenn sein Leben sich wieder beruhigt hat. Die Botschaft lautet dann: Glaube nicht, dass jetzt alles wieder gut ist. Hier drinnen befindet sich eine Wunde, die sich noch nicht geschlossen hat. Kümmere dich darum.
    Vielleicht ist manchen Leuten die Träumerei unheimlich, weil sie fürchten, dabei mit Dingen in Kontakt zu geraten, von denen man besser die Finger lässt. Sie haben gehört, Menschen hätten im Traum einen Blick in die Zukunft getan oder gar den Tod ihnen nahestehender Personen vorausgesehen.
    Ich kann nicht ausschließen, dass einige der Dinge, an die ich nicht glaube, dennoch existieren. Ich kann Ihnen nur versichern, dass die Beschäftigung mit Träumen, wie wir sie betreiben, Sie nicht in solche Regionen führen wird. In all den Jahren, in denen ich mich mit Träumen beschäftigt habe, ist mir noch kein einziger prophetischer Traum über den Weg gelaufen. Wenn ich davon erfahren habe, war es stets Hörensagen. Jemand hat jemandem erzählt, ihm sei zu ihrer Todesstunde die Großmutter im Traum erschienen, um sich zu verabschieden.
    Lediglich ein Mal habe ich erlebt, dass eine Patientin überzeugt war, ihr Traum habe die Zukunft vorhergesagt. Sie erzählte, sie habe geträumt, ihr Onkel sei gestorben. Sie habe schon häufiger prophetische Träume gehabt und gehe davon aus, der Onkel werde tatsächlich demnächst das Zeitliche segnen. Die Patientin war noch etwa ein Jahr lang bei mir in Behandlung. Als ich sie zwei Jahre nach Therapieende einmal zufällig getroffen habe, war der Onkel noch immer quicklebendig.
    Lassen Sie uns jetzt einmal in ein paar Therapiesitzungen hineinschauen, in denen Patienten ihre Träume erzählen und der Therapeut ihnen dabei hilft, sie zu verstehen. Anschließend werde ich Ihnen zeigen, wie Sie selbst versuchen können, der Botschaft Ihrer Träume auf die Spur zu kommen.
    Sei die Zugtür – wie wir uns in Träumen finden können
    Es gibt verschiedene Methoden, mit denen Therapeuten versuchen, die Sprache der Träume zu übersetzen. Ich möchte Ihnen eine vorstellen, mit der ich besonders gern arbeite.
    Sehen wir uns zunächst die Arbeit mit einer Patientin an. Obwohl sie eine erwachsene, mitten im Leben stehende Frau ist, hat sie immer wieder Probleme mit ihrer schwierigen, egozentrischen Mutter. Nun hat die Mutter sich zu einem Besuch angekündigt, und die Patientin sieht der Begegnung mit äußerst gemischten Gefühlen entgegen. Sie hofft, es werde möglich sein, sich einmal nicht über die Mutter zu ärgern und Streit mit ihr zu bekommen. Allerdings hat sie die Erfahrung gemacht, dass ihre Mutter grundsätzlich eine verletzende Bemerkung macht, sobald sie ihr etwas erzählt, das ihr wirklich wichtig ist. Und dann würde die Patientin jedes Mal am liebsten anfangen, mit Geschirr zu werfen.
    Diese Frau berichtet nun, sie habe vor einigen Tagen einen Traum
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