Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
D9E - Die neunte Expansion 01: Eine Reise alter Helden (German Edition)

D9E - Die neunte Expansion 01: Eine Reise alter Helden (German Edition)

Titel: D9E - Die neunte Expansion 01: Eine Reise alter Helden (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
Vom Netzwerk:
Stuhl, ein aufklappbares Terminal – sein aufklappbares Privatleben verborgen in einem winzigen Schrank, den er seit Wochen nicht mehr geöffnet hatte. Er verharrte für einen Moment in der Mitte des leeren Zimmers, wie er es immer tat, holte tief Luft, klappte das Waschbecken auf und warf sich warmes, leicht säuerlich riechendes Recyclingwasser ins Gesicht. Dann holte er die Liege hervor. Wie immer vermeinte er, ein leichtes Quietschen seines künstlichen rechten Hüftgelenks zu hören, als er sich niedersetzte.
    Natürlich alles Einbildung.
    Als er lag und die Augen schloss, konnte er sich auf all die Schmerzen konzentrieren. Die brennende Synthohaut in seinem Gesicht. Das Pulsieren des Elektromotors in seinem rechten Ellenbogen, der hin und wieder unkontrollierte Stromstöße abgab und seinen Arm zum Zucken brachte. Der permanente Kopfschmerz durch den Kortikalstecker oder das mit den Jahren etwas instabil gewordene NeuroLAN, mit dem er sich während des Kampfes mit der KI verbinden konnte. Seine Muskeln, mal unterstützt, mal natürlich arbeitend, die oft verkrampften und nicht wussten, ob sie der Herr des Körpers waren oder nur Anhängsel all der Ersatzteile, die sie umgaben.
    Thrax konnte sich jederzeit ein Schlafmittel verabreichen, aber er zog es vor, auf natürlichem Wege einzunicken. Das dauerte zwar länger und hatte meist wilde, oft erschreckende Träume zur Folge, aber auch das erinnerte ihn daran, dass er ein Mensch war.
    Urlaub, dachte er.
    Bald hatte er Urlaub.
    Er war so, so müde.

»Was haben wir?«
    Thrax war hellwach. Jahrelange Praxis sowie die Injektion entsprechender Mittel sorgten dafür, dass er Sekunden nach einem Alarm einsatzbereit war. Die Strecke von seinem Bett bis auf die Brücke hatte er in zwanzig Sekunden zurückgelegt. Er wurde offenbar alt.
    »Kommando meldet: Hondh-Einsatzgruppe hat Wurmlochverbindung verlassen, ETA: 23 Stunden und 40 Minuten.«
    Thrax warf sich in seinen Sessel. Der Leib der Interceptor vibrierte, als ob das alte Schiff nur darauf brenne, gegen den Feind zu ziehen. Tatsächlich hingen die Vibrationen mit schlecht aufeinander abgestimmten Maschinen und notdürftig reparierten Anlagen zusammen; eigentlich sollte man absolut nichts fühlen, insbesondere jetzt, wo der Kreuzer noch im freien Fall schwebte.
    »Eine ganze Einsatzgruppe?«
    »Ich habe sie auf dem Schirm«, meinte Skepz.
    Thrax zog den entsprechenden der beiden auf schwenkbaren Armen an den Lehnen seines Sessels befestigten Monitore zu sich heran. Niemand wusste, wie die Hondh ihre taktischen Prinzipien, die Aufstellung ihrer Flotten oder die Typen ihrer Schiffe bezeichneten, also hatte man sich selbst Namen ausgedacht. Eine Einsatzgruppe war eine veritable Flotte, bestehend aus im Regelfalle 40 bis 50 Einheiten, wie immer bei den Hondh nicht eindeutig in Schiffsklassen und Geschwader zu differenzieren. Dieses scheinbare Chaos irritierte schon lange niemanden mehr, alle wussten, dass die Flotten der Gegner höchst überlegt, effektiv und diszpliniert operierten.
    Thrax schätzte, dass die Hondh dem Schutzgeschwader der Frachter in puncto Feuerkraft um etwa das Dreifache überlegen waren. Die terranischen Kreuzer waren meist schneller und wendiger, aber bei diesen Verhältnissen würde dies das sichere Ende nur hinauszögern.
    Mehr war aber auch nicht nötig.
    »Status der Frachter?«
    »Beladung wird abgebrochen. Zwei sind bereits mit voller Beschleunigung auf Fluchtkurs. Die anderen verlassen den Asteroidengürtel binnen einer Stunde. Fluchtvektor.«
    Die siebzehn großen und nur langsam beschleunigenden Einheiten würden sich in entgegengesetzter Richtung vom heranstürmenden Feind davonmachen. Sie würden ewig brauchen, bis sie die notwendige Entfernung von der Sonne erreicht hatten, um den Wurmlochgenerator auslösen zu können, aber wenn die Interceptor und ihre Schwesterschiffe ihre Pflicht erfüllten, würde es gerade noch so reichen.
    Die Hondh meinten es ernst. Eine komplette Einsatzgruppe war ein erhebliches Machtpotenzial, das jetzt gerade an irgendeinem anderen Abschnitt der Front fehlte und dafür sorgte, dass terranische Einheiten dort etwas Zeit zum Durchatmen bekamen, vielleicht sogar genug für Reparaturen oder, ganz gewagt, einen kurzen Landgang für die am ärgsten beanspruchten Mannschaften.
    Thrax gönnte es ihnen, und das wirklich neidlos. So, wie er die Sache sah, war sein Urlaub gestrichen. Es war schwierig, sich zu entspannen, wenn man als Atomwolke durch das All schwebte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher