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Cypherpunks

Cypherpunks

Titel: Cypherpunks
Autoren: Jérémie Andy; Zimmermann Jacob; Müller-Maguhn Julian; Appelbaum Assange
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öffentliches Leben hatten, entweder im Showgeschäft, in der Politik oder im Journalismus tätig. Heute dagegen bietet sich jedem mit einem Klick auf »Senden« die Möglichkeit eines öffentlichen Lebens. »Posten« heißt, etwas öffentlich zu machen, es bedeutet, dem Rest der Welt Daten zugänglich zu machen. Klar, wenn man sieht, wie Teenager Fotos von Saufereien oder sonst was ins Netz stellen – die haben vielleicht gar keine Vorstellung davon, dass damit der ganze Rest der Welt gemeint ist, womöglich für eine sehr, sehr lange Zeit. Facebook macht sein Geschäft mit der Verwischung der Grenze zwischen Privatsphäre, Freunden und Öffentlichkeit. Es speichert deine Daten sogar, wenn du glaubst, dass sie nur für deine Familie und Freunde bestimmt waren. Was immer also der Gradder Öffentlichkeit, den du deinen Daten geben möchtest, wenn du bei Facebook auf »Posten« klickst, gibst du sie zuerst an Facebook weiter, und danach gibt die Firma den Zugang für einige andere Facebook-Nutzer frei.
    JULIAN: Selbst diese Trennungslinie zwischen Staat und Unternehmen ist verwischt. Schaut euch doch nur mal an, wie sich das Geschäft militärischer Vertragsfirmen im Westen in der letzten Dekade ausgeweitet hat. Früher hatte die NSA, der größte Spionagedienst der Welt, zehn Hauptauftragsnehmer in seinen Büchern, mit denen er kooperierte. Vor zwei Jahren waren es schon über 1 000. Die Grenze zwischen Staat und Privatwirtschaft verwischt also zusehends.
    JÉRÉMIE: Und man kann argumentieren, dass die amerikanischen Spionagedienste Zugang zu sämtlichen von Google gespeicherten Daten haben …
    JULIAN: Und ob sie den haben.
    JÉRÉMIE: … und sämtliche Facebook-Daten. Somit sind Facebook und Google in gewisser Weise die verlängerten Arme dieser Geheimdienste.
    JULIAN: Gibt es eigentlich auch eine gerichtliche Auskunftsanordnung für deine Google-Daten, Jake? Ist Google aufgefordert worden, Informationen bezüglich deines Google-Kontos auszuhändigen? Es gibt eine solche Auskunftsanordnung gegen den kalifornischen Domain-Registrar von WikiLeaks namens Dynadot, wo WikiLeaks.org registriert ist. Sie ist von einer Grand Jury verhängt worden, die geheime Ermittlungen gegen WikiLeaks führt, um die Herausgabe der Rechnungsunterlagen, Zugriffsdaten und solchen Dingen. zu erreichen. Dynadot hat sie der Jury übergeben. 61
    JACOB: Das Wall Street Journal hat berichtet, dass Twitter, Google und Sonic.net, drei Dienste, die ich in der Vergangenheit genutzt habe, Verfügungen nach Artikel 2703(d) des United States Code erhalten haben, und zwar in der unüblichen Form von geheimen Auskunftsanordnungen. 62
    JULIAN: Nach dem PATRIOT Act? 63
    JACOB: Nein, dazu wird im Wesentlichen das Gesetz über gespeicherte Kommunikation herangezogen. Laut Wall Street Journal hat jeder dieser Dienste erklärt, dass die Regierung die Herausgabe der Metadaten verlangt und dieses Vorgehen auch ohne richterliche Genehmigung für rechtens erklärt habe. Es ist ein Prozess anhängig, in dem über das Recht der Regierung verhandelt wird, ihre Ermittlungen vor der Öffentlichkeit geheim zu halten und nicht in den Gerichtsakten offenzulegen. Ich lese das Wall Street Journal und hab es wie alle anderen von dort erfahren.
    JULIAN: Google ist also bei den gerichtlichen Ermittlungen gegen WikiLeaks der US-Regierung in den Arsch gekrochen, als sie die Herausgabe deiner Daten angeordnet hat – nicht mit einer gewöhnlichen, sondern mit dieser speziellen Art der »geheimdienstlichen« Auskunftsanordnung. Aber schon Anfang 2011 ist darüber berichtet worden, dass auch Twitter eine Reihe solcher Verfügungen von derselben Grand Jury erhalten hatte. Allerdings hatte Twitter Klage eingereicht, um den Maulkorb aufheben zu lassen und die Betroffenen Nutzer davon in Kenntnis zu setzen. Ich habe kein Twitter-Konto, deshalb habe ichkeine Benachrichtigung gekriegt, aber mein Name und der Bradley Mannings standen auf allen Anordnungen, weil wir Gegenstand der Ermittlungen waren. Jake, du hast ein Twitter-Konto, also hat Twitter eine Auskunftsanordnung für deine Daten erhalten. Google hat ebenfalls so eine Anordnung bekommen, hat aber nicht darum gekämpft, sie öffentlich machen zu dürfen. 64
    JACOB: Vermutlich, zumindest habe ich das im Wall Street Journal gelesen. Möglicherweise darf ich noch nicht mal darauf verweisen, ohne den Namen der Zeitung zu nennen.
    JULIAN: Liegt das daran, dass diese Anordnungen auch einen Maulkorbpassus enthalten? Das hat sich
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