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Cypherpunks

Cypherpunks

Titel: Cypherpunks
Autoren: Jérémie Andy; Zimmermann Jacob; Müller-Maguhn Julian; Appelbaum Assange
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alle erhalten schließlich eine Kopie. Wenn irgendjemand der Teilnehmer Zensur betreibt, wird er oder sie einfach ignoriert, es macht keinen Unterschied. Die Botschaft verbreitet sich trotzdem durch all die Leute, die keine Zensoren sind. Gilmore hat vom Usenet gesprochen, er hat nicht das Internet gemeint, auch keine Webseiten.
    ANDY: Technisch stimmt das schon, aber die Deutung seiner Worte und ihre lang anhaltende Wirkung war eben die damit Gleichgesinnte zu gewinnen, die sich selbst als Internet verstanden haben. Die Leute haben gesagt: »O.K., es gibt Zensur, dann routen wir eben um sie herum.« Politiker ohne technisches Verständnis haben dagegen gedacht: »Oh Mist, da gibt es eine neue Technologie, die unsere Kontrolle der Informationssphäre beschränkt.« Ich glaube also, dass Gilmore, einer der Vordenker der Cypherpunks, Großes geleistet hat, die Dinge in diese Richtung zu lenken. Das hat die ganze krypto-anarchistische Idee inspiriert sich seine eigene Form der anonymen Kommunikation zu schaffen, ohne Angst, dass die eigenen Wege im Netz nachverfolgt werden können.
    JÉRÉMIE: Ich sehe einen Unterschied in dem, was wir als Ausbreitung der Technologie beschreiben, weil man im Fall der Mühle und der Druckerpresse das Ding betrachten musste, um zu verstehen, wie es funktioniert, während wir heute zunehmend die Kontrolle in die Technologie einbauen. Die Kontrolle ist fest verdrahtet. Wenn du dir moderne Computer ansiehst, kannst du sie meistens nicht mal öffnen, um all ihre Bauteile kennen zu lernen. Und alle Komponenten stecken in kleinen Kästchen – du kannst nicht wissen, was sie tun.
    ANDY: Aufgrund der Komplexität?
    JÉRÉMIE: Aufgrund der Komplexität und auch, weil die Technologie selbst gar nicht verstanden werden soll. So ist das bei proprietärer Technologie. 34 Cory Doctorow beschreibt das in seinem Artikel »The Coming Civil War over General Purpose Computing«. 35 Wo ein Computer eine unspezifische Maschine ist, kann man alles mit ihm anstellen. Man kann damit jede Information als Input verarbeiten und sie in jede Art von Output verwandeln. Doch immer stärker bauen wir Geräte, die zwar solche Allzweckcomputer sind, aber ausschließlich für Satellitenortung oder Telefonie oder das Abspielen von MP3 ausgelegt sind. Immer stärker werden heute Geräte mit eingebauter Kontrolle gebaut, um den Nutzern bestimmte Anwendungen zu verbieten.
    JULIAN: Das ist eine eingebaute Kontrolle, um die Leute daran zu hindern, die Technik zu verstehen und in einer Weise zu modifizieren, in der die Hersteller sie nicht verwendet sehen wollen. Aber wir haben heute noch Schlimmeres, weil die Geräte ja mit dem Netz verbunden sind.
    JÉRÉMIE: Klar, damit sie die Funktion zur Überwachung der Nutzer und ihrer Daten enthalten können. Das ist der Grund, warum freie Software für eine freie Gesellschaft so wichtig ist.
    ANDY: Ich stimme völlig zu, dass wir die Allzweckmaschine brauchen, aber heute Morgen zum Beispiel, als ich von Berlin herfliegen wollte, hat das Flugzeug den Start abgebrochen, was mir zum ersten Mal passiert ist. Die Maschine ist an die Seite des Rollfelds gefahren und der Kapitän hat verkündet: »Meine Damen und Herren, unsere elektrischen Systeme sind ausgefallen, deshalb haben wir beschlossen, anzuhalten und die Systeme neu zu starten.« Ich hab gedacht: »Oh Shit, klingt wie ein Neustart bei Windows: Steuerung /Alt / Entfernen – vielleicht klappt’s ja!« Ich wäre also gar nicht so schrecklich unglücklich, in einem Flugzeug eine Einzweckmaschine zu haben, die nur das eine tut, das aber sehr gut. Wenn ich in einer fliegenden Maschine sitze, möchte ich nicht, dass die Piloten abgelenkt sind, weil sie Tetris spielen oder sich mit Stuxnet oder sonst was herumplagen. 36
    JÉRÉMIE: Das Flugzeug selbst verarbeitet deine persönlichen Daten nicht, es hat keine Kontrolle über dein Leben.
    ANDY: Na ja, eine fliegende Maschine hat schon eine Zeitlang mein Leben in der Hand.
    JACOB: Corys Argument lässt sich, glaube ich, auch am besten so formulieren: Es gibt keine Autos, keine Flugzeuge, es gibt keine Hörgeräte mehr; es gibt Computer mit vier Rädern, Computer mit Flügeln und Computer, die dir beim Hören helfen. Da spielt es keine Rolle, ob sie nur für einen Zweck ausgelegt sind oder nicht, sondern ob wir überprüfen können, dass sie leisten, was sie versprechen, und ob wir verstehen oder nicht, wie gut sie es tun. Häufig kommen die Hersteller mit dem Argument, das es ja ihr
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