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Cyclop

Cyclop

Titel: Cyclop
Autoren: Clive Cussler
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Ruderhaus.
    Über das Deck ging er zum Bug. Die See wirkte wieder tückisch ruhig. Die Wogen waren jetzt kaum noch drei Meter hoch, und es schlug kein Wasser mehr über die Reling. Auf dem Weg nach unten überprüfte er noch kurz zwei Laderäume. Die Erzladung bewegte sich nicht, und alles schien in Ordnung zu sein. Zwar ächzte und stöhnte das Schiff, aber nirgendwo konnte er Risse oder abbröckelnden Rost ausmachen.
    Trotzdem hatte er ein ungutes Gefühl – aber müde war er auch. Er mußte seine ganze Willenskraft einsetzen, um sich zu zwingen, den Maschinenraum aufzusuchen. Im Grunde, sehnte er sich danach, in seiner Koje den Schlaf zu finden, der ihn von den Problemen, die auf dem Schiff herrschten, weit wegbringen würde. Einigermaßen beruhigt stellte er fest, daß es auch im Maschinenraum keine alarmierenden Meldungen gab. Das Wasser im Kielraum stieg nicht. Es sah tatsächlich so aus, als wäre Worleys Vertrauen zur
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berechtigt.
    Als Church durch einen Flur des Passagierdecks zur Messe wollte, um sich noch eine Tasse Kaffee zu besorgen, öffnete sich eine Kabinentür, und der amerikanische Generalkonsul in Brasilien, Alfred Gottschalk, stand unschlüssig auf der Schwelle. Er hatte den Kopf abgewandt und sprach zu jemandem hinter ihm. Church warf einen Blick über Gottschalks Schulter und sah, daß sich im Inneren der Kabine der Schiffsarzt über einen Mann in der Koje beugte. Das Gesicht des Kranken wirkte erschöpft, und sein Teint war gelb; ein junges Gesicht, zu dem die dichten weißen Haare darüber nicht passen wollten. Die Augen waren aufgerissen und zeigten Angst und waren außerdem von Erschöpfung und Müdigkeit gezeichnet, Augen, die zuviel gesehen hatten. Der unbekannte Kranke paßte nur zu gut zu den Merkwürdigkeiten, die diese Reise der
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umgaben, fand Church.
    Church hatte den Generalkonsul zum ersten Mal gesehen, als er in Rio die Verladearbeiten auf Deck überwachte. Gottschalk war mit einem teuren Wagen vorgefahren und hatte sich vom Chauffeur die Tür öffnen lassen. Bevor er mit seinem sehr umfangreichen Gepäck an Bord kam, hatte er die
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sehr gründlich und beinahe abergläubisch gemustert. Trotz seiner rundlichen und zwergenhaften Gestalt strahlte er jene schwer definierbare Art von Autorität aus, die jemand besitzt, der zu den oberen Schichten der Gesellschaft gehört. Er trug sein silberhelles Haar extrem kurz geschnitten – im preußischen Stil. Seine dichten Augenbrauen paßten exakt zu dem sorgfältig gestutzten Schnurrbart. Das zweite Auto in seinem Troß war ein Krankenwagen gewesen. Church hatte beobachtet, wie man eine Gestalt auf einer Trage an Bord brachte, allerdings schien Gottschalk damals nicht besonders an diesem Gast interessiert zu sein. Seine ganze Aufmerksamkeit hatte einem Lastwagen gegolten, aus dem man eine große, längliche Kiste an Bord gehievt hatte. Worley war persönlich anwesend gewesen, um zu überwachen, wie die Kiste im Laderaum verstaut wurde. Dann hatte er Gottschalk in seine Kabine eskortiert, und das Schiff hatte fast augenblicklich Anker gelichtet.
    Gottschalk wandte sich um und bemerkte Church, der vor ihm im Gang stand. Er trat aus der Kabine und schloß die Tür hinter sich. Sein Blick zeigte Mißtrauen. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Leutnant…«
    »Leutnant Church, Sir. Ich habe gerade einen Inspektionsgang durch das Schiff gemacht und bin auf dem Weg in die Messe. Darf ich Sie auf eine Tasse Kaffee einladen?«
    Erleichterung zeichnete sich auf dem Gesicht des Generalkonsuls ab, und er lächelte. »Warum nicht? Ich kann sowieso immer nur ein paar Stunden schlafen. Meine Frau macht das ganz verrückt.«
    »Sie bleibt in Rio?«
    »Nein, ich habe sie schon voraus nach Maryland geschickt. Meine Mission in Brasilien ist zu Ende. Ich hoffe, daß ich den Rest meines Staatsdienstes in Washington verbringen kann.«
    Gottschalk wirkte übertrieben nervös auf Church. Die Augen des Generalkonsuls wanderten ständig den Gang hinab, und er tupfte sich mit einem Taschentuch über den Mund. Er faßte Church beim Arm.
    »Bevor wir uns einen Kaffee genehmigen, würden Sie vielleicht so freundlich sein, Herr Leutnant, mit mir noch einen Blick in den Frachtraum zu werfen?«
    Church starrte ihn an. »Natürlich, Sir, wenn Sie es wünschen.«
    »Vielen Dank«, erwiderte Gottschalk. »Ich brauche noch etwas aus meinen Kisten.« Auch wenn Church die Bitte merkwürdig fand, leistete er ihr Folge und ging dem Konsul voran in das Vorderschiff,
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