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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City
Autoren: Greg Egan
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dekorierten Empfangshalle zu führen.
    Maria hatte ein mulmiges Gefühl. »Sie haben noch sieben Minuten. Der Kanal arbeitet nicht richtig. Wenn ein Roboter nicht materialisieren kann …«
    Durham stand auf und ging durch den Eingang, dann begann er zu rennen. Maria starrte hinter ihm her. Aber es gab keine »besondere Gefahr« da drinnen, kein besonderes Risiko. Die Software, die ihre Modelle betrieb, war vollkommen unabhängig davon, wo sich ihre Quasikörper aufhielten.
    Sie rannte Durham hinterher. Zusammen erreichten sie ein mit Ornamenten verziertes Treppenhaus; sie rannten die Stufen eines zweigeschossigen Hauses hinauf. Durham berührte sie an der Schulter: »Danke. Versuchen Sie es unten. Ich werde mich hier oben umsehen.«
    Maria wünschte sich, sie hätte ihre menschlichen Beschränkungen abgeschaltet – aber sie war jetzt zu aufgeregt, um auf die schnelle herauszufinden, wie sie die Änderungen durchführen mußte; ihr Körper war zu sehr von Adrenalin überschwemmt, um etwas anderes zu tun, als durch die Korridore zu rennen und laut zu rufen: »Hallo! Ist jemand zu Hause?«
    Am Ende eines Flures brach sie eine Tür auf und fand sich plötzlich in einem Garten wieder.
    Verzweifelt blickte sie sich um. Das Gelände war riesig – und offensichtlich verlassen. Sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen und horchte auf Lebenszeichen, aber außer dem Gesang von Vögeln war nichts zu hören.
    Dann entdeckte sie eine helle Gestalt im Gras in der Nähe eines Tulpenbeetes.
    Sie schrie: »Hierher! Kommen Sie herunter!« und stürzte los.
    Ein junger Mann lag splitternackt auf dem Rasen. Er hatte seinen Kopf in den Händen verborgen. Hinter ihr erklang das Geräusch berstenden Glases, und ein schwerer Aufprall auf dem Boden folgte. Sie drehte sich um und erblickte Durham, der sich wieder auf die Beine rappelte und zu ihr gehinkt kam.
    Sie kniete sich bei dem Fremden nieder und versuchte, ihn zu wecken. Sie schlug ihm sanft auf die Wangen, während Durham herbeikam, aschgrau im Gesicht. Es war offensichtlich, daß er seine künstliche Ruhe vergessen hatte. Er stöhnte: »Ich habe mir den Knöchel verstaucht. Ich hätte mir den Hals brechen können. Riskieren Sie nicht zuviel – irgend etwas Eigenartiges geschieht hier mit unserer Physiologie, und ich kann die Einstellungen aus der alten Welt nicht mehr ändern!«
    Maria packte den Bewußtlosen bei den Schultern und schüttelte ihn heftig, aber er zeigte keine Reaktion. »Es ist hoffnungslos.«
    Durham zog sie zur Seite. »Ich werde ihn wecken. Sie gehen zurück.«
    Maria versuchte, ein Kontrollpaneel vor ihrem geistigen Auge entstehen zu lassen, um sich wegzuwünschen. Nichts geschah. »Ich kriege keine Verbindung zu meinem Exo-Selbst. Ich komme nicht durch.«
    »Dann benutzen Sie den normalen Eingang. Rennen Sie!«
    Sie zögerte – aber sie hatte nicht die Absicht, Durham in sein Märtyrertum zu folgen. Sie drehte sich um und rannte zurück in das Haus. Sie nahm zwei Stufen auf einmal, versuchte, nicht in Panik zu geraten, und rannte durch den Korridor. Der Eingang zum Evakuierungskontrollraum war noch da – zumindest noch sichtbar. Während sie auf ihn zurannte, sah sie sich im Geist bereits gegen eine unsichtbare Barriere prallen – aber als sie den Rahmen erreicht hatte, kam sie ohne Schwierigkeiten hindurch.
    Die Uhr auf dem Interfacefenster zeigte zwanzig Sekunden bis zum START.
    Als sie darauf bestanden hatte, hier bei Durham zu bleiben, hatte er ihr ein Programm generiert, das sie innerhalb eines Augenblicks in die Garten-Eden-Konfiguration packen würde; das Sinnbild, welches sie nur zu berühren brauchte – eine dreidimensionale Alice, die in eine zweidimensionale Märchenbuchillustration hineinschritt – war deutlich in einer Ecke des Schirms zu sehen.
    Sie streckte ihre Hand danach aus, dann blickte sie zurück durch den Eingang zu Riemanns Welt.
    Der Korridor bewegte sich. Er wich langsam zurück, schlüpfte davon – wie die Gebäude der Stadt.
    Sie schrie auf: »Durham! Sie Idiot! Es implodiert!«
    Ihre Hand zitterte; ihre Finger berührten leicht das Sinnbild von Alice, aber nicht fest genug, um den Prozeß auszulösen.
    Fünf Sekunden.
    Sie könnte sich klonen. Eine Version mit den anderen schicken, eine Version, um ihn zu warnen.
    Sie wußte nicht wie. Es war nicht mehr genug Zeit, um es zu lernen.
    Zwei Sekunden. Eine.
    Sie ballte ihre Faust neben dem Sinnbild und heulte. Die Karte des gigantischen Kubus flackerte blau-weiß: das neue Gitter
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