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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City
Autoren: Greg Egan
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mich selbst töten, bevor alles auseinanderfällt: nach meinen eigenen Regeln sterben und nichts mehr übriglassen, das sich in eine weitere Permutation expandieren könnte.«
    Maria wußte nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie ging hinüber zum Interfacefenster, um zu überprüfen, was noch funktionierte. Nach einer Weile sagte sie: »Die Autoversum-Beobachtungssoftware hat aufgehört zu arbeiten. Der gesamte Zentralknoten ist tot, aber in der Kopie der Zentralbibliothek, die Sie für die SAAT gerettet haben, gibt es noch ein. paar zusammenfassende Daten aus den letzten Minuten.« Sie arbeitete sich durch Repettos Analyse- und Übertragungssysteme.
    Durham stand auf und kam zu ihr; er zeigte auf ein hell markiertes Sinnbild – einen stilisierten Schwarm von Lambertianern.
    Er sagte: »Aktivieren Sie es.«
    Zusammen betrachteten sie die letzte Analyse. Eine Gruppe von Lambertianern hatte einen Satz von Feldgleichungen entdeckt – er hatte überhaupt nichts mit den Zellularautomatengesetzen des Autoversums zu tun –, der zweiunddreißig stabile Lösungen besaß. Eine für jedes ihrer Atome. Bei genügend hohen Temperaturen sagten die Gleichungen die spontane Entstehung von Materie voraus – und zwar in exakt den richtigen Ausmaßen, um das Entstehen der Urstaubwolke zu erklären.
    Der Tanz war als erfolgreich beurteilt worden. Die Theorie begann, an Boden zu gewinnen.
    Maria war hin- und hergerissen zwischen Stolz und Zweifeln. »Sehr schlau – aber wie werden sie jemals vier humanoide Roboter erklären können, die verlassen auf einer grasbewachsenen Ebene herumstehen?«
    Durham schien von schwarzem Humor ergriffen. »Sie kamen in einem Raumschiff, oder? Aliens haben sie geschickt, als Botschafter. Es muß dort draußen Sterne geben – versteckt hinter einer beträchtlichen Staubwolke.«
    »Warum sollten Aliens versuchen, den Lambertianern etwas über den Zellularautomaten des TVC-Universums zu erzählen?«
    »Vielleicht glaubten die Aliens daran? Vielleicht entdeckten sie die Gesetze des Autoversums … aber sie konnten sich den Ursprung der Elemente nicht erklären, und deshalb beschlossen sie, das Ganze in ein größeres System zu packen – einen weiteren Zellularautomaten –, komplett mit unsterblichen Wesen, die das Autoversum, die Urstaubwolke und den ganzen anderen Kram geschaffen haben. Aber die Lambertianer würden sie schon aufklären: Es besteht keine Notwendigkeit für eine solche Hypothese.«
    »Und nun streift das Autoversum uns ab wie eine tote Haut.« Maria starrte auf die Feldgleichungen der Lambertianer. Sie waren weitaus komplexer als die Regeln des Autoversums, aber sie besaßen eine eigenartige Eleganz. Sie selbst hätte sie niemals entdecken können, das war sicher.
    Sie sagte: »Es ist nicht nur, wie die Lambertianer unsere Existenz ›wegdiskutieren‹. Die ganze Vorstellung von einem Schöpfer an sich wird widerlegt. Ein Universum mit bewußten Wesen findet sich von alleine im Staub … oder es findet sich nicht. Entweder macht es einen Sinn nach seinen eigenen Regeln, als ein sich selbst-enthaltendes Ganzes – oder es macht überhaupt keinen. Es kann keine Götter geben – und es wird niemals welche geben.«
    Sie brachte eine Karte von Elysium auf den Schirm. Der dunkle Fleck, der Prozessoren markierte, die ihre Arbeit eingestellt hatten, hatte sich von den sechs öffentlichen Pyramiden her ausgebreitet und jetzt den größten Teil der Territorien von Riemann, Callas, Shaw, Sanderson, Repetto und Tsukamoto verschlungen. Maria vergrößerte die Grenze zur Dunkelheit: Sie wuchs ständig weiter.
    Maria drehte sich zu Durham um und flehte ihn an: »Kommen Sie mit mir!«
    »Nein. Was soll ich noch tun? Wieder in Paranoia versinken? Aufwachen und mich fragen, ob ich wirklich nichts weiter als ein unglaubwürdiger Mythos von ›humanoiden Besuchern‹ Lamberts bin?«
    Maria erwiderte wütend: »Sie könnten mir Gesellschaft leisten. Mir helfen, nicht verrückt zu werden. Nach allem, was Sie mir angetan haben, schulden Sie mir das!«
    Durham war ungerührt. »Sie brauchen mich nicht dazu. Sie werden bessere Methoden finden.«
    Sie drehte sich erneut zu der Karte um, und einen Augenblick lang überschwemmte sie die Panik – dann deutete sie auf das wachsende Nichts. »Die TVC-Gesetze lösen sich auf, die Lambertianer zerstören Elysium – aber was kontrolliert den ganzen Vorgang? Es muß noch tieferreichende Gesetze geben, die den Konflikt der Theorien beherrschen: sie entscheiden,
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