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Cyber City

Cyber City

Titel: Cyber City
Autoren: Greg Egan
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zwei Teile geteilt, die blutigen Hälften fielen in die verschiedenen Welten.
    Sie ächzte: »Ich hoffe, dieser … Bastard war ein großer … Menschenfreund. Er sollte besser … ein verdammter Heiliger sein.«
    Dann warf sie einen Blick zur Seite. Das tote Ende des Korridors war nur noch Zentimeter entfernt. Durham mußte den Ausdruck auf ihrem Gesicht richtig gedeutet haben; er wich in den Kontrollraum zurück. Der Eingang berührte die Wand und verschwand. Maria schrie vor Enttäuschung auf und ließ Riemann auf den Teppich gleiten.
    Sie rannte zur Wand und trommelte mit den Fäusten dagegen. Dann sank sie auf die Knie. Sie würde hier sterben, innerhalb der implodierenden Phantasiewelt eines Fremden. Sie preßte das Gesicht an die kühle Wandmalerei. Es gab eine andere Maria, in der alten Welt – und was auch immer geschah, sie hatte zumindest Francesco gerettet. Wenn dieser wahnsinnige Traum zu Ende war, dann war er eben zu Ende.
    Jemand legte seine Hand auf ihre Schulter. Voller Schreck fuhr sie herum, wobei sie sich einen Nackenmuskel zerrte. Es war Durham.
    »Hier entlang. Wir müssen einen Umweg machen. Beeilung !«
    Er nahm Riemann auf seine Schulter – scheinbar hatte er in Elysium seinen Knöchel repariert und sich zweifelsohne auch mehr Kraft gegeben – und führte Maria ein kurzes Stück Weg zurück über den Korridor, durch eine ausgedehnte Bibliothek und in einen Vorratsraum. Dort war der Eingang. Ein paar Meter vor der Mauer. Durham machte einen Schritt darauf zu, mit Riemanns Kopf voran.
    Der Kopf verschwand, als er die Ebene des Eingangs durchquerte. Erschrocken schrie Durham auf und wich einen Schritt zurück – und der Kopf war wieder da, die Enthauptung rückgängig gemacht. Maria stand dabei, als Durham sich umwandte und versuchte, rückwärts durch den Eingang zu kommen, während er Riemann hinter sich herzog. Und wieder verschwand der Teil seines Körpers, der die unsichtbare Barriere überquerte – und als seine Achselhöhlen hindurch waren, an denen Durham ihn hielt, fiel der Rest seines Körpers zu Boden. Maria ging durch den Eingang und sah Riemann – unversehrt – hinter der Schwelle liegen.
    Sie konnten ihn nicht retten. Diese Welt hatte sie kommen und gehen lassen – aber nach ihren eigenen Gesetzen; und für Riemann war das Schlupfloch, das sie geschaffen hatten, versperrt. Ein leerer Holzrahmen.
    Als der Eingang weiter zurückwich, kam Riemanns Schulter erneut in Sicht. Durham weinte vor Enttäuschung. Er griff durch den Eingang hindurch und zerrte an der Schulter des schlafenden Mannes, aber als der Körper die unsichtbare Schwelle erreichte, konnte er ihn keinen Zentimeter mehr bewegen.
    Sie zogen sich nach Elysium zurück, und im gleichen Augenblick wurde der Eingang milchig-trüb. Eine Sekunde später erblickten sie die Außenmauer des Hauses. Die Implosion – oder Abtrennung – beschleunigte sich, und der Eingang schien förmlich über den Grund zu fliegen; und dann wurde die ganze Szene wie ein Modell in Dunkelheit getaucht, das in einem gläsernen Briefbeschwerer in den tiefen Raum trieb.
    Maria sah zu, wie die Blase aus Licht immer weiter zurückwich, während die Umrisse darin zerschmolzen und zu etwas Neuem wurden, das schon zu weit entfernt war, um es noch erkennen zu können. War Riemann nun gestorben? Oder nur außerhalb ihrer Reichweite?
    Sie sagte: »Ich verstehe das alles nicht – aber was die Lambertianer auch mit uns machen, es ist anders als rein zufällige Zerstörung … anders, als würden sie nur die TVC-Gesetze außer Kraft setzen. Diese Welt war stofflich. Als hätte ihre eigene Logik Vorrang über die Elysiums gewonnen. Als würde sie uns nicht länger benötigen.«
    Durham erwiderte flach: »Ich glaube das einfach nicht.« Er kauerte sich neben dem Eingang nieder, geschlagen vom Gefühl seiner Niederlage.
    Maria berührte seine Schulter. Er entwand sich ihr. Er sagte: »Sie beeilen sich besser und STARTEN sich selbst. Die anderen Elysianer sind zwar weg, aber alles andere ist noch in der SAAT, die gesamte Infrastruktur. Nutzen Sie sie!«
    »Allein?»
    »Zeugen Sie Kinder, wenn Sie wollen. Es ist ganz einfach; die Programme befinden sich in der Zentralbibliothek.«
    »Und was wird aus Ihnen? Machen Sie das gleiche?«
    »Nein.« Er blickte zu ihr hoch und sagte entschlossen: »Ich habe genug. Fünfundzwanzig Leben. Ich dachte, ich wäre am Ende auf festem Boden angekommen – aber es löst sich alles in Illusion und Widerspruch auf. Ich werde
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