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Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)

Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)

Titel: Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)
Autoren: Kera Jung
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Okay, pass auf, du Schwachkopf! Jetzt lass das sinnlose nach-Luft-Geschnappe und konzentriere dich auf mich! ... Bereit?
    Missmutig beäugte er den panischen Jungen für eine Weile, dann verzog er das Gesicht.
    Ich schätze, darauf kann ich warten, bis es Kühe vom Himmel regnet. Plötzlich war er dem Kleinen sehr nah und donnerte: Halt die Luft an!
    Andrew, inzwischen aufgezerrt von seiner Panik, tat, wie ihm geheißen.
    Der DS nickte grimmig. Na, wie, fein. Jetzt zähl mal bis fünf. Das dürftest du ja wohl noch zustande bringen.
    Sein Schüler versuchte es, er versuchte es wirklich. „E-E-E...“ Doch alles, was er herausbrachte, ging in seinem panischen Keuchen unter. Seine Lunge pfiff, versuchte mit allen Mitteln an Luft zu gelangen, wo keine war.
    Der DS blieb ganz sein lässiges Selbst.
    Du bist ein Idiot! In Gedanken! Du sollst in Gedanken zählen! Also noch mal: Luft anhalten!
    Andrew tat, was er konnte, um wenigstens so etwas wie einen guten Willen zu signalisieren.
    Zähl bis fünf ... Langsam!
    Eins … zwei … drei vierfünf.
    Langsam! Der DS hatte seine Augen weit und drohend aufgerissen. Das machte er immer so, wenn Andrew nicht gehorchte. Der zwang sich, langsamer zu zählen. Was zwischen seiner Panik und dem zunehmenden Gefühl, jetzt wirklich zu ersticken eine echte Glanzleistung darstellte.
    Eins ... Zwei ... Drei ... Vier ... Fünf.
    Ich bin begeistert!, jubelte der DS trocken. Und jetzt atme aus!
    Selbst das war nicht leicht. Denn es gab keine Luft, die Andrew ausatmen konnte. Das bisschen Gas, was sich noch in seiner Lunge befand, wollte die partout nicht hergeben. Es war, als hätte sich ihr Zugang für immer und ewig verschlossen.
    Doch unter dem drohenden Blick seines DS gelang ihm auch das Unmögliche.
    Angst beflügelt.
    Die Verbesserung war nicht großartig, doch spürbar. Nach ein paar Tagen des Übens entwickelte er mit Hilfe seines neuen Partners daraus eine durchaus taugliche Atemübung. Sie sollte ihn in den kommenden zwanzig Jahren zwischen drei und halb vier beim Überleben helfen. Es dauerte gar nicht lange und sie war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. So wie alles andere auch, was der DS an Neuheiten in seinem Leben einführte.
    Schon lange erstellte er seine Vorhaben nicht mehr schriftlich. Der DS sorgte auf seine unnachahmliche Art dafür, dass Andrew keine Position entfiel und dass er jede einzelne auch akribisch ausführte.
    Im Leben des Jungen gab es nicht länger graue – ungeplante – Zeiträume. Inzwischen war jede Sekunde Bestandteil des großen, alles beherrschenden Planes.
    Er verließ das Bett nach Plan, auch wenn die Zeiten geringfügig variierten. Andrew duschte nach Plan, er aß nach Plan. Längst waren nicht nur die Termine von Bedeutung, sondern auch die Inhalte der Vorhaben und deren Ziele. Andrew lernte nicht mehr – er bereitete sich auf ein A+ vor. Er suchte sich seine Kleidung nicht mehr nach der allgemeinen Wetterlage aus, sondern wollte mit seinem Outfit etwas erreichen. Und sei es nur, den guten Eindruck, den man allerorts von ihm hatte, zu bedienen und nicht aufzufallen!
    Selbst die Farbe, mit der er schrieb, war inzwischen von unglaublicher Bedeutung. Und auch was er aß, wurde mit einem Mal Bestandteil des wichtigen Planes.
    Junge, wenn man so verkorkst ist wie du, dann bleibt nur noch, es so simpel wie möglich zu halten. Keine Experimente mehr! Jede Abwechslung lenkt dich nur ab. Am besten, du isst immer das Gleiche, dann halten wir das Risiko so gering wie möglich. Okay, okay ... abends können wir hin und wieder eine Ausnahme machen. Wenn du dich gut geführt hast. Alles andere würde dein kleines, total zugeschissenes Gehirn überhaupt nicht verkraften! Eiserne Disziplin – das ist das Zauberwort! Damit bekommen wir selbst so einen wie dich auf Spur.
    Daher gab es von nun an jeden Morgen Rührei mit Speck, eine Scheibe Toast und ein Glas Orangensaft. All das bereitete er sich zu Sarahs großer Freude natürlich selbstständig zu.
    Als Andrew acht wurde, gesellte sich allmorgendlich auch der Kaffee hinzu. Solange benötigte er, bis der DS schließlich nachgab. Stöhnend, wohlgemerkt.
    Du bist und bleibst ein verweichlichtes Muttersöhnchen! Dabei ist die Alte tot! Wann kommt das endlich in deinem Schädel an? Also geht es tatsächlich nicht ohne Doping, nein? Bitte! Versau dir den Magen, wenn du meinst!
    Das ließ sich Andrew nicht zweimal sagen. Er war nämlich dahintergekommen, dass ihm das Koffein unglaublich dabei half, den Tag zu
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