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Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)

Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)

Titel: Creatio ex nihilo (Urteil: Leben)
Autoren: Kera Jung
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ihn. Nie betrat der sein Zimmer, ließ sich seine Zensuren zeigen oder erkundigte sich nach Andrews Leben, nach dem, was seinen Sohn bewegte.
    Warum sich das so verhielt, wusste Andrew ganz genau. Daddy war böse auf ihn.
    Er sagte es nie, ließ es ihn jedoch spüren und zwar in jeder Sekunde. Denn seit jener Nacht hatte der Vater nie mehr, als einige belanglose Worte mit seinem Sohn gewechselt.
    Wenn Andrew nicht schlief, konnte er sich nicht mehr an viele Details von damals erinnern. Nur noch daran, dass ihn irgendwann Polizisten zu seinem Dad in die Klinik schafften. Seine Mom jedoch wurde in einen schwarzen Foliensack gepackt und tauchte nie wieder auf.
    Es benötigte eine Weile, bevor Andrew begriff, warum sein Vater ihn plötzlich ablehnte und wie Luft behandelte. Aber schließlich kam er dahinter, sehr schwer war es ja nicht, lagen die Fakten doch auf der Hand!
    Er hätte aufpassen, um sie kämpfen müssen, diese Monster schlagen, irgendetwas tun. Denn in Abwesenheit des Familienoberhauptes war Andrew der Mann der Stunde und musste sie beschützen. Doch genau das hatte er nicht getan. Stattdessen saß er in diesem Verschlag, weinte und pinkelte sich nass .
    Das war es!
    Oh, Andrew stimmte seinem Vater durchaus zu, wenngleich ihm bewusst war, dass er gegen diese vielen Mörder nichts hätte ausrichten können. Wie viele es genau gewesen waren, entzog sich seiner Kenntnis. Doch er hätte es versuchen müssen. Er schätzte, Stephan Norton konnte ihm nicht verzeihen, dass der Sohn zurückgekehrt war und seine Frau nicht.
    Inzwischen empfand er ob der Ignoranz seines Vaters sogar Dankbarkeit. Seitdem der diese fremde Frau angeschleppt hatte, konnte er ihn nur noch mit Schwierigkeiten ins Gesicht sehen. Zu schwer lastete dessen Verrat.
    Allerdings war er davon überzeugt, dass sein Dad sofort auf der Matte erschienen wäre, wenn Andrew nicht mehr funktionierte. Diese Sarah würde zuverlässig dafür sorgen.
    Manchmal hörte er nachts, wie sie über ihn diskutierten. Dann fielen solche Worte wie „Therapeut“ und „Gespräche“, „Sorgen machen“ und andere Nettigkeiten, die alle nur eins bedeuteten:
    Andrew lief akute Gefahr, gestört zu werden.
    Die Reaktionen seines Dads ließen den im Ansehen des Sohnes wieder etwas steigen. Denn er wiegelte ab bis die verhasste Ersatzmutter das Thema ließ. Andrew war ohnehin der Ansicht, dass sie ihn nur loswerden wollte.
    Irgendwann schwieg sie immer. Was er übrigens als nur angemessen betrachtete, denn er hatte mit dieser Person nichts zu schaffen.
    Außerdem musste er bereits ohne diese verhasste Einmischung genug Probleme bewältigen. Andrew konnte fühlen, wie er verlor. Das passierte ihm in letzter Zeit häufig.
    Zu häufig.
    Er hatte nur keine Ahnung, wie er sich dagegen wehren sollte.
    Immer öfter suchte ihn diese jämmerliche Mutlosigkeit und Verzweiflung heim. Dann half nichts mehr. Kein Zusammenreißen, Anfeuern oder Beschwören. Dann war er plötzlich nur noch der kleine Junge, der er gewesen wäre, hätte er nur besser auf seine Mom aufgepasst.
    Dann kamen sie und überfielen ihn. Hinterrücks und unaufhaltbar.
    Tränen.
    Und so sehr er sich auch dafür hasste, er konnte sie nicht zurückhalten.
    So wie jetzt.
    Je schneller sie liefen, desto sicherer wusste er, wie aussichtslos der Kampf war.
    Inzwischen war Andrew so müde, dass er sich nicht einmal mehr in der Schule aufrecht halten konnte. Mit jeder Minute schien ihn die Tischplatte seines Schulpultes lauter zu rufen. Er wollte den Kopf darauf legen und die Augen schließen. Nichts mehr sehen, hören oder riechen, die näselnde Stimme von Gibbs aussperren und schlafen.
    Schlafen!
    Er war so unglaublich müde ...

7.
    Hey ...
    Andrews leises Schluchzen in der Dunkelheit seines einsamen Zimmers verstummte und er riss die Augen auf. Dann runzelte er die Stirn und schüttelte mutlos den Kopf.
    Jetzt war es endgültig vorbei. Er hörte Stimmen! Bereits seit Langem wusste er, dass er ein Psycho war und nicht nur, weil die Kinder in der Schule es ihm ständig nachriefen. Doch bisher hatte er gehofft, nur ein bisschen anders als die anderen zu sein. Fehler! Resigniert schloss er die Augen, nur, um sie im nächsten Moment wieder aufzureißen.
    Er hatte etwas gesehen !
    Einen großen, breitschultrigen Mann. Mit blitzenden blauen Augen, einem schmalen, spöttischen Lächeln, in einer Uniform und mit einem Rangerhut.
    Das wäre alles halb so wild gewesen, befände er sich nicht mitten in der Nacht in seinem dunklen,
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