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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs
Autoren: Dirk Müller
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muss der Staat immer mehr Geld neu schaffen (Kredit aufnehmen), von dem ein immer größerer Teil nicht mehr zur Stimulierung der Wirtschaft, sondern zur Bedienung der Zinsen verwendet wird. Diese Zinsen, die gezahlt werden, fördern aber nicht die Wirtschaft, sondern werden zu immer größeren Vermögen bei einigen wenigen gehortet. Also steht der Geldvermehrung keine gestiegene Wirtschaftsleistung gegenüber. Was es für die Preise bedeutet, wenn immer mehr vorhandenes Geld der gleichen oder nur leicht steigenden Wirtschaftsleistung gegenübersteht, haben wir schon bei den Gummibärchen gesehen: Das Geld wird, in Gummibärchen gerechnet, immer wertloser, also steigen die Preise. Das Ergebnis ist Inflation!
    Seit Jahrzehnten wurde an den Universitäten eine ganz einfache Methode zur Berechnung der Inflation gelehrt:

    Geldmengenwachstum minus Wirtschaftswachstum = Inflation

    Jetzt kommen wir langsam zu des Pudels Kern:

Geldmengenwachstum (M3) in Deutschland 2007:
ca. 12 %
abzüglich Wirtschaftswachstum in Deutschland 2007:
ca. 2,2 %
ergibt Inflation 2007:
ca. 9,8 %

    Das entspricht schon eher meiner angeblich so falschen »gefühlten Inflation«! Hat mein Bauchgefühl – vielleicht sollte ich sagen: mein »gesunder Menschenverstand« – etwa doch recht!?
    Die Abgeordnetendiäten stiegen im Jahr 2007 um 9,4 Prozent. Wenn das keine beeindruckende Parallele ist! Da konnten wohl doch ein paar Leute rechnen … Zumindest, wenn es um den eigenen Geldbeutel geht. Aber der Bürger wird mal wieder für besonders blöd verkauft! Dem erzählt man allen Ernstes, die Inflation läge bei 2 bis 3 Prozent, und er wäre nur zu dumm, das zu verstehen, weil er halt nur die »gefühlte Inflation« spürt und die »großen, schwierigen« Zusammenhänge nicht versteht. Da kommt mir die Galle hoch!
    In der Tat wurden diese angeblich großen und schwierigen Zusammenhänge nur zu einem einzigen Zweck geschaffen: als Nebelkerze, um den Bürger zu verschaukeln. Im Einzelnen funktioniert diese Nebelkerze übrigens ganz einfach:
    Man bildet einen sogenannten »Warenkorb«. Klingt ja auch logisch. Warenkorb kennen Sie: Das ist das Teil im Supermarkt, in das Sie all die Dinge Ihres täglichen Bedarfs tun. Und genauso, wie am Einkaufswagen immer die Rolle am rechten Vorderrad klemmt und die eingeworfene Ein-Euro-Münze nicht mehr herauskommt (scheint ein Naturgesetz zu sein), klemmt es auch am bundesdeutschen Warenkorb. Da kommt einfach alles rein, was der Bürger (angeblich) braucht. Dann schauen wir, wie sich diese Preise verändern.
    Das klingt ganz gut, ermöglicht aber eine Menge Tricks. Ich kann die Zusammenstellung in meinem Warenkorb beispielsweise so ändern, dass ich von den Dingen, die teurer werden, einfach weniger in den Warenkorb lege und dafür mehr von jenen Dingen, deren Preise fallen. So wurde die Gewichtung von Lebensmitteln, deren Preise in den letzten Jahren dramatisch anzogen, von 13,1 Prozent im Jahr 1995 auf 10,4 Prozent im Jahre 2005 reduziert!
    Gleichzeitig wurde der Anteil von Freizeit und Kultur, zu dem auch die immer billiger werdenden Fernreisen zählen, von 10,4 auf 11,6 Prozent erhöht. Im Klartext heißt das: Man will der armen Rentnerin erklären, dass sie halt Pech hat, wenn ihr ganzes Geld, das sie nach den Ausgaben für Wohnen und Heizen noch übrig hat, für immer teurere Lebensmittel draufgeht. Würde sie weniger essen und stattdessen öfter nach Mauritius fliegen, hätte sie auch nicht so eine hohe persönliche Inflationsrate. Was für ein Zynismus!
    Aber um dem Ganzen die Krone aufzusetzen und weil dieser Trick alleine nicht den gewünschten Effekt erzielen kann (das ist ja schließlich schon eine Hausnummer, die Inflationsrate von 9,8 auf 2,2 Prozent zu »berichtigen«), wurde ein noch witzigeres Instrument geschaffen: die Hedonische Methode. Das klingt schon so, dass man sich gar nicht erst damit beschäftigen will. Soll es auch. Auf Deutsch klingt das schon viel interessanter: »Lustzugewinn«.
    Da wird man doch hellhörig und schaut sich zur Erklärung ein Beispiel an: Sie benötigen einen neuen PC. Also gehen Sie in den Elektronikmarkt Ihres Vertrauens. Wie immer reicht für Ihre einfachen Word-Anwendungen das simpelste Modell aus. Sie stellen das Gerät an die Kasse und bezahlen 1100 Euro. Letztes Jahr haben Sie noch 1000 Euro bezahlt. »Na ja«, denken Sie sich, »ist halt 10 Prozent teurer geworden.«
    Aber am Ausgang steht ein Statistiker und rechnet Ihnen vor: »Nein, nein! Das sehen Sie
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