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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs
Autoren: Dirk Müller
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völlig falsch! Letztes Jahr hatte der PC 2 Ghz. Jetzt hat der Prozessor 4 Ghz. Da haben Sie ja einen Lustzugewinn von 100 Prozent!! Und das für nur 10 Prozent mehr Geld. In Wirklichkeit ist der PC also viel billiger geworden. Haben Sie sich schon überlegt, wofür Sie all das gesparte Geld jetzt ausgeben werden? Die Regierung rechnet fest damit, dass Sie damit die Konjunktur ankurbeln!«
    Sie werden sich verwundert die Augen reiben, vorsichtig weitergehen und hoffen, dass der Irre nicht gefährlich ist …
    Aber genau das passiert jeden Tag, an dem man Ihnen erzählen will, die Inflationsrate betrage nur 2,2 Prozent!
    Jetzt haben wir drei exemplarische Nebelkerzen aus unserem direkten Umfeld kennengelernt. Wenn wir das immer gleiche Prinzip dahinter verstanden haben, fällt es uns zunehmend leichter, auch all die anderen »Unstimmigkeiten« zwischen dem erlebten Alltag, dem gesunden Menschenverstand und den offiziellen Verlautbarungen in den Medien zu erkennen. Denken Sie bei jeder Stellungnahme, die Ihnen über die Medien entgegengeschleudert wird, an den legendären Satz von Walter Ulbricht 1961, zwei Monate vor dem Bau der Berliner Mauer: »Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!«
    Natürlich ist nicht alles erlogen oder verzerrt, aber es ist nie verkehrt, eine ordentliche Portion Skepsis an den Tag zu legen. Fragen Sie sich immer: »Passt diese Aussage zu dem, was mir mein gesunder Menschenverstand sagt?« Wenn Sie hierbei Zweifel haben, vertrauen Sie lieber auf sich selbst statt auf die »Experten«. Der von mir hochgeschätzte Hermann Kutzer, ehemaliger Chefredakteur des Handelsblatts , pflegte seine Vorträge häufig mit dem Satz einzuleiten: »Meine Damen und Herren, glauben Sie uns kein Wort!«
    Am Montag, dem 10. März 2008, sagte der Bear-Stearns-Manager Alan Greenberg in die laufenden Kameras, Marktgerüchte über Liquiditätsprobleme bei der fünftgrößten amerikanischen Investmentbank seien – so wörtlich – »total lächerlich«. Fünf Tage später wurde die Bank mitsamt ihren 14 000 Angestellten in einer dramatischen Rettungsaktion für den Spottpreis von 236 Millionen Dollar an den Konkurrenten JP Morgan Chase verschachert und so in buchstäblich letzter Minute vor dem Zusammenbruch »gerettet«. Die Los Angeles Galaxy hat für David Beckham übrigens 250 Millionen Dollar bezahlt …
    Die Anleger, die auf die Worte des Herrn Greenberg vertraut haben und am Freitag Bear-Stearns-Aktien zum Stückpreis von 30 US-Dollar erworben haben, waren 48 Stunden später um 90 Prozent ärmer, denn der Übernahmepreis lag bei ganzen 2 Dollar pro Aktie. Einige Wochen später wurde der Kaufpreis dann »großzügig« auf 10 Dollar erhöht, da die Unverschämtheit doch zu offensichtlich war und eine große deutsche Bank angeblich als »Stinkstiefel« hinter den Kulissen ein deutlich höheres Angebot vorgelegt hatte. Diese Aktion hat bei den US-Bankern für nicht allzu viel Begeisterung gesorgt und das Klima zu eben dieser großen deutschen Bank deutlich frostiger werden lassen, was deren Vorsitzender in einigen wichtigen Entscheidungen der darauffolgenden Monate drastisch zu spüren bekam.
    Also, die wichtigste Lektion: Glauben Sie niemandem außer sich selbst. Auch mir nicht!

    Warum akzeptiert die Finanzwelt »optimierte« Zahlen?

    Sie haben gesehen, dass veröffentlichte Zahlen stets mit größter Skepsis zu betrachten sind. Wir könnten von diesen Beispielen noch etliche durchkauen. Ich denke jedoch, für den Moment genügt es. Auf den einen oder anderen Aufreger bezüglich der Wirtschaftsdaten komme ich noch zu sprechen.
    Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Warum, zum Henker, kümmern sich die hochbezahlten Finanzmenschen an den Kapitalmärkten denn überhaupt um diese Zahlen, wenn sie ohnehin nicht stimmen? Eigentlich müssten doch landauf, landab die Analysten auf die Barrikaden gehen und rufen: »Das stimmt alles nicht! Der Kaiser hat keine Kleider an!« Stattdessen nicken alle freundlich mit dem Kopf und loben des Kaisers neue Kleider. »Oh, wir haben die Arbeitslosigkeit im Griff! Seht nur, wie stabil unsere Preise sind!«
    Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten, die allesamt ein gewisses Kopfschütteln hervorrufen. Zum einen sind tatsächlich noch Experten anzutreffen, die diese Zahlen für bare Münze nehmen. Zugegeben, ich bin in den letzten Jahren sehr wenigen davon begegnet. Die große Masse der »Finanzcommunity« ist sich vollkommen darüber im Klaren, dass die Zahlen mehr oder
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