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CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)

Titel: CRASH - Ins falsche Leben: Roman (German Edition)
Autoren: Martyn Bedford
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Alex’ Verstand ging davon aus, dass er sich in seinem eigenen Zimmer befand, und war dementsprechend verwirrt. Es gelang ihm nicht, die Informationen richtig auszuwerten, die ihm seine Augen übermittelten. Aber gleich würde ihm alles wieder einfallen. Ja, das war sie, die logische, rationale Erklärung für diese verrückte Geschichte.
    Was so weit in Ordnung gewesen wäre   – bloß kannte Alex niemanden namens Philip.
     
    Es war ein großes Haus. Neben dem Zimmer, in dem Alex aufgewacht war, gab es noch drei andere Türen (alle geschlossen). Auf der einen Seite des Flurs führte die Treppe nach unten, auf der anderen eine schmalere Stiege ins vermutlich ausgebaute Dachgeschoss hinauf. Alex öffnete die drei Türen nacheinander. Zwei Schlafzimmer und ein Bad. Er ging die Stiege nach oben. Nichts. Niemand. Nirgends ein »Philip«. Zwar machte eins der Zimmer den Eindruck, als hätte jemand darin geschlafen, aber es war ein auf Gothic gestyltes Mädchenzimmer. Alex ging nach unten und stand in einer Diele mit hoher Decke, die in ein Wohnzimmer überging, an das sich ein weiteres Zimmer anschloss. Beide Räume waren leer. Von unten drangen Radioklänge herauf. Die Küche musste sich im Souterrain befinden.Dort würde er auch die Frau antreffen, die gerufen hatte. Philips Mutter. Wenn Alex ihr gegenüberstand, würde sich das Rätsel, wo und warum er hier gelandet war, endlich lösen.
    Hoffentlich machte sie ihm bei dieser Gelegenheit gleich Frühstück.
    Auf dem Weg ins Untergeschoss ging ihm zweierlei durch den Kopf: Erstens war er noch nie in diesem Haus gewesen, zweitens war irgendwas mit seinen Armen und Beinen nicht in Ordnung. Mit seiner Koordination stimmte etwas nicht. Auf den kurzen Wegen treppauf und treppab war er getorkelt wie ein Betrunkener. Als er jetzt die Küche betrat, passierte es wieder. Er prallte gegen den Türrahmen und die Tür flog gegen den Stopper.
    »Doktor Frankensteins Geschöpf   …«, die Stimme klang wie die Sprecherin in einer Fernsehdokumentation, »hatte Schwierigkeiten bei der Ausführung der einfachsten motorischen Abläufe, wie zum Beispiel, geradeaus durch eine Tür zu gehen.«
    Alex stand in einer großen, warmen Wohnküche. Aus dem Backofen duftete es nach aufgebackenen Croissants. Die Stimme kam vom Esstisch gegenüber und gehörte einem vielleicht siebzehnjährigen Mädchen mit violetten Strähnen in den langen, glatten, schwarzen Haaren. Es war Alex ein bisschen peinlich, dass er nur in T-Shirt und Boxershorts dastand. Das Mädchen hingegen schien sein Aufzug nicht zu stören. Sie stocherte geistesabwesend mit einem Teelöffel in einer halben Grapefruit. Sie saß seitlich auf ihrem Stuhl und hattedie Beine in den schwarzen Leggings übereinandergeschlagen. Auf ihrem (schwarzen) T-Shirt stand in gezackten, schleimgrünen Buchstaben:
Schlange
. Ihr Fuß wippte im Takt einer unhörbaren Melodie. Nach der hämischen Begrüßung nahm sie Alex nicht mehr zur Kenntnis.
    Bevor Alex eine Erwiderung einfiel, vernahm er Schritte und eine Frau kam durch die offene Hintertür gestürmt. Hinter ihr sah Alex ein Stück Garten und einen dicken alten Golden Retriever, der schnüffelnd eine Stelle zum Pinkeln suchte. Ein Philip ließ sich nirgendwo blicken.
    »Na endlich!«, rief die Frau und setzte verärgert hinzu: »Aber du bist ja noch gar nicht angezogen! Setz dich hin und iss was. Die Croissants sind bestimmt schon wieder kalt, aber dafür kann ich nun wirklich nichts.«
    Die Frau war groß und hager und trug ein Kleid aus hauchdünnem, raschelndem Stoff. Sie schaltete das Radio aus, zog eine Schublade auf, riss einen Müllbeutel von einer Rolle und hängte ihn in den metallenen Klappdeckelmülleimer. Das Kleid war beige mit unregelmäßigen braunen Tupfen, ihre dünnen, gebräunten Arme und Beine ragten wie übergroße Salzstangen daraus hervor. Sollte es jemals gelingen, eine Giraffe mit einem Menschen zu kreuzen, dachte Alex, müsste etwas in der Art dabei herauskommen. Er stand stumm da und gaffte sie an.
    »Was seine intellektuellen Fähigkeiten betraf, schienen selbst einfache Anweisungen wie ›Setz dich hin‹ oder ›Iss was‹ das Wesen zu verwirren.« Das Mädchensprach wieder mit ihrer Fernsehstimme, aus der ein Hauch von Nordengland-Dialekt herauszuhören war. »Doktor Frankenstein war zutiefst darüber erschüttert, dass seine geniale Schöpfung ein Schwachkopf war.«
    »Jetzt ärgere ihn nicht auch noch«, sagte die Frau. »Wir haben keine Zeit, dass ihr beide
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