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Cosa Mia

Cosa Mia

Titel: Cosa Mia
Autoren: Andrea Auner
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seufzte in mich hinein. Paolo, Paolo
was wird nur aus dir werden? Bist du denn gar nicht schlauer geworden? Waren
all deine kostbaren Erkenntnisse letztendlich doch nur abstrakte Ideen, die
nichts taugten? Ich hatte das Gefühl, als schien die Zeit zurückgedreht zu sein
und als würde sich eine seltsame Wiederholung abspielen.
    „Also“, begann Sabatino nach einer Weile langsam. „Kommst du
nun mit zu mir und bleibst über Nacht bei mir?“
    „Sag mal, erinnerst du dich an den Franzosen, der dann nahe
Spoleto bei diesem Autounfall gestorben ist? Du hast damals nicht richtig
geantwortet. Hast du irgendetwas damit zu tun gehabt? Sag mir die Wahrheit,
bitte.“, fragte ich, es war mir eben eingefallen. Sabatino blieb stehen und sah
mich nachdenklich an.
    „Du willst es wirklich noch immer wissen?“
    „Ja, sag es mir.“ Er runzelte die Stirn.
    „Ja, ich war dafür verantwortlich gewesen.“, gab er zu.
    „Bereust du es?“, fragte ich ernst.
    „Nein.“, antwortete er knapp und als sei es ihm eben gerade
erst bewusst geworden. Ich hob die Hand und ließ die Finger an seiner
unrasierten Wange liegen.
    „Dann wirst du für immer ein Verbrecher bleiben, weißt du
das?“ Sabatino nahm meine Hand weg, küsste sie kurz und wir liefen weiter. Fast
betrübt schaute er mich dann von der Seite an.
    „Und, werd ich nun zur Hölle fahren?“
    „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“, sagte ich wie
zu mir selbst.
    „Vielleicht hätte ich nicht herkommen dürfen.“, sagte er
schließlich. „Ich passe nicht in dein moralisches Weltbild. Ich stürze dich in
Zwiespälte, das wollte ich nicht.“ Er seufzte.
    „Sei jetzt ruhig bitte. Ich werde heut Nacht bei dir bleiben,
wenn das dein Wunsch ist.“ Den Rest des Weges sagten wir beide nichts mehr.
Kurz vor der Haustür nahm er meine Hand in seine und ich merkte wieder, wie
etwas zwischen uns hin und her sprang. Es war absolut beunruhigend. Verdammt ,
dachte ich. Er lächelte sein finsterstes und schönstes Lächeln, die
personifizierte Sünde, wie ein Teufel, ein Dämon, so wie ich ihn kannte und ich
ertappte mich bei wüsten Gedanken. Scheiße . Ich war wieder in die Falle
gegangen, auf die ein oder andere Weise, aber ich war mit ihm mitgegangen.
Mitgegangen, mitgefangen…
    Als er dann die Zimmertür hinter uns schloss und wir uns im
Halbdunkeln gegenüber standen und ansahen, wusste ich dass es kein zurück mehr
geben würde. Ich sah ihn auf mich zukommen und wich nicht aus. Er presste mich
an die Wand neben der Tür, dass ich aufkeuchte.
    „Tut mir leid, ich kann’s nicht kontrollieren.“, flüsterte er
angestrengt und dann waren auch schon seine Lippen bei mir. Und während ich
innerlich gleichzeitig fluchte und jauchzte, landeten wir schließlich doch im
Bett, obwohl ich es nicht tun wollte, eingehüllt von der Nacht, den Nebeln und
dem Wasser ringsherum und wie in einer anderen Welt, in der es niemand anderen
gab. Am nächsten Morgen, als die Sonne über den Kanälen aufgegangen war und alles
in einen lichten, verwaschenen Schein hüllte, wachte auch ich auf, da durch das
Fenster das Licht auf mein Gesicht fiel. Wie schon damals musste ich kurz meine
Gedanken und Gefühle ordnen, soweit es mir überhaupt möglich war. Ich wusste,
dass ein Mann hinter mir lag, der mir das Herz gebrochen hatte und nun wieder
aufgetaucht war.
    Ich dachte daran, dass ich heut Spätdienst im Hotel hatte und
mich eigentlich am Nachmittag noch mit Isabella treffen wollte, wie ausgemacht.
Ich wusste nicht, wie lang Sabatino bleiben wollte oder was überhaupt seine
Pläne waren. Ich ahnte, dass seine bloße Anwesenheit mein Leben wieder völlig
verkomplizierte. Was sollte ich Bella sagen? Sie hatte schon etwas in Spoleto
geahnt, als wir uns vor der Villa gestritten hatten. Und nun sollte ich ihr
verheimlichen, dass diese eine, besondere Liebe aufgetaucht war und mein
Gefühlsleben wieder durcheinander brachte? Sie würde es sofort durchschauen,
mutmaßte ich. Oh, mein Gott, dachte ich. Ich muss nach hause und nachdenken,
allein sein, diesen Ort verlassen. Ich setzte mich auf und schaute hinter mich.
Da lag er, aber er schlief nicht. Er schaute mich direkt an, als hätte er das
schon eine Weile vorher gemacht. Sein Blick war sehr ernst, eine Mischung aus
Schwermut und Grübelei schwang darin mit und es wirkte als wäre er nur allzu
vertraut mit diesen Gefühlen, die jetzt an ihm nagten und sich wie eine
zentnerschwere Last auf ihn legten, dass man es ihm sofort ansah.
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