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Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...

Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...

Titel: Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...
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er jetzt empfand, war sehr viel mehr als Neugier — eher
schon ein verzweifeltes Verlangen, mehr über dieses geheimnisvolle Mädchen zu
erfahren. »Welcher dieser drei Giganten war eigentlich Ihr Bräutigam?«
    Sie lächelte, und Quinn sah zum
erstenmal, wie schön sie war. Selbst in diesem Aufzug, in ihrem schmutzbespritzten
Kleid, mit tropfnassem Haar und verweintem Gesicht war sie die bezauberndste
Frau, die er je gesehen hatte. »Keiner«, antwortete sie belustigt. »Es waren
meine Brüder.«
    Quinn durchforstete sein Gedächtnis
nach drei Brüdern mit dem Namen Pullman aus Port Hastings, aber ohne Erfolg.
»Und der Bräutigam?«
    »Ich bezweifle, daß Ajax sich dazu
herablassen würde, mir nachzulaufen«, gestand sie seufzend. »Wissen Sie, er ist
nämlich ein Aristokrat. Seine Familie läßt sich bis in die Zeit von Wilhelm dem
Eroberer zurückverfolgen.«
    Quinn zuckte die Schultern. »Wir
stammen alle von Adam und Eva ab, oder?«
    Zu seinem Erstaunen lächelte sie.
»Richtig, Mister Rafferty. Sehr richtig.« Dann reichte sie ihm das Glas.
»Könnte ich bitte noch einen Brandy haben?«
    Quinn wollte schon ablehnen, aber
dann tat ihm das Mädchen wieder leid. Sie war aus der Kirche geflohen, durch
den strömenden Regen gelaufen und von einem ihr völligen Fremden auf die Plattform
dieses Zuges gezogen worden. Trotz ihrer zur Schau getragenen Tapferkeit vermutete
er, daß Miss Pullman nervös und auch ein bißchen ängstlich war.
    Er stand auf und füllte das Glas.
Als er es ihr zurückgab, trank sie einen großen Schluck, und erst, nachdem das
Glas fast leer war, schien sie zu einer vernünftigen Unterhaltung fähig.
    »Warum haben Sie Ajax vor dem Altar
stehenlassen?« fragte Quinn sanft.
    Melissa strich ihre Röcke glatt und
wich Quinns Blicken aus. Sie biß sich auf die Lippen und stürzte den Rest ihres
Brandys hinunter. Erst dann sagte sie leise: »Weil ich ihn nicht liebe.«
    Quinn war nicht sicher, ob er ihr
glauben durfte. »Wäre es nicht einfacher gewesen, es ihm zu sagen?« wandte er
ein.
    »Das hätte ich nicht gewagt.«
    »Warum haben Sie Ihre Brüder nicht
gebeten, es zu tun? Sie hätten doch bestimmt Verständnis dafür gehabt.«
    Melissa schüttelte den Kopf und
stellte das Glas auf den Tisch. »Für sie bin ich eine alte Jungfer«, gestand
sie. »Ihrer Ansicht nach war Ajax meine letzte Chance.«
    Noch kurz vorher war Quinn froh
gewesen, nichts mit ihren beeindruckenden Brüdern zu tun zu haben, doch nun
hätte er gern ein Wörtchen mit ihnen geredet. »Sch ... so ein Unsinn!« murmelte
er. »Eine alte Jungfer! Ich müßte ein Esel sein, um nicht zu sehen, daß sie
noch keine Zwanzig sind.«
    Melissa nahm kichernd ihren welken
Blütenkranz vom Kopf. »Ich bin zweiundzwanzig — und da Sie ein Esel sind,
dürfte Ihre starrsinnige Haltung mich eigentlich nicht verwundern, oder?«
    Quinn hätte beleidigt sein müssen,
aber zu seinem Erstaunen erfüllte ihn Melissas Anwesenheit nur mit freudiger
Erregung. »Wie kommen Sie darauf, daß ich starrsinnig sein könnte?« erkundigte
er sich schmunzelnd.
    Melissa gähnte. »Es steht Ihnen im
Gesicht geschrieben«, antwortete sie freundlich, bevor sie langsam auf die
Seite rutschte und mit einem herzzerreißenden Seufzer die Augen schloß. »Ich
bin so müde«, murmelte sie noch.
    Quinn ging zu seinem Bett, das
hinter einem geschnitzten Wandschirm verborgen war, und kam mit einer dicken,
weichen Felldecke zurück, die im allgemeinen für einen ganz anderen Gebrauch
vorgesehen war. Mit einem bedauernden Lächeln deckte er Melissa zu und wandte
sich ab.
    Dabei fiel sein Blick auf das Wort
>Pullman<, das diskret an der Decke des Waggons angebracht war. Und da
wußte Quinn Rafferty, daß er zum Narren gehalten worden war. Sein Ärger
darüber war so groß, daß jegliches Mitleid mit dem Mädchen verflog.
    Plötzlich wünschte er, Melissa — wie
immer sie auch heißen mochte — nie gesehen und vor allem nicht in seinen
Waggon gebracht zu haben. Sein Instinkt sagte ihm, daß er einen nicht
wiedergutzumachenden Fehler begangen hatte, der vielleicht sein ganzes Leben
ändern würde.
    Und Quinn Rafferty liebte sein
Leben, so wie es war ...
    Es war stockfinster, als Melissa
verwirrt und auch ein bißchen verängstigt erwachte. Das gleichmäßige Rattern
und die Bewegung, die sie spürte, verrieten ihr, daß sie sich in einem Zug
befand, der in weiß Gott welche Richtung fuhr.
    An die Ereignisse des Vortages
erinnerte sie sich nur bruchstückhaft — ihre Familie
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