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Coolman und ich (German Edition)

Coolman und ich (German Edition)

Titel: Coolman und ich (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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das fehlende Oberteil.
    »Es tut mir leid. Das war eine Verwechslung und für mich war das auch nicht schön«, stammele ich.
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Ich will ihn noch waschen. Dann kriegst du ihn sauber und gebügelt zurück«, lüge ich, um Zeit zu gewinnen.
    Ich habe gesehen, was sie mit Alex und Justin gemacht hat. Da brauche ich nicht viel Fantasie, um mir vorzustellen, was sie mit mir macht, sobald sie herausfindet, dass ihre Bikinihose in diesem Augenblick irgendwo durch die Kanalisation unseres kleinen Städtchens treibt.
    »Was ist denn hier los?« Meine Mutter kommt aus dem Keller. In ihren Händen hält sie einen Klumpen Ton.
    »Hey, das sieht gut aus! Was soll das werden?«, schleime ich, um einen Verbündeten zu gewinnen.
    »Das ist ein Klumpen Ton, du Schleimer. Ich habe noch gar nicht angefangen«, antwortet meine Mutter.
    »Morgen ist mein Bikini wieder da. Sonst …«, faucht Anti mich an. Dann dreht sie sich um und verschwindet türknallend in ihrem Zimmer.
    »Was war denn jetzt schon wieder?«, fragt meine Mutter.
    »Nichts Besonderes«, antworte ich und wechsle schnell das Thema. »Ich brauche noch ein Kostüm für das Fest morgen.«
    Das war clever von mir. Sehr clever sogar. Meine Mutter liebt Verkleidungen. Sonst wäre sie nicht Schauspielerin geworden. Noch mehr aber liebt sie es, andere Leute zu verkleiden. Besonders mich.
    »Warum sagst du das erst jetzt?«, ruft meine Mutter entzückt und strahlt mich an.
    Es ist so leicht, sie glücklich zu machen.
    »Warte, ich wasche mir schnell die Hände und dann fahren wir ins Theater. Im Fundus finden wir bestimmt was Schönes für dich.«
    Der Fundus ist neben dem Theater in einem alten Gebäude mit schiefen Böden und abgelaufenen Dielen untergebracht. Der Fundus ist riesig. Überall hängen Kostüme aus alten Theateraufführungen herum. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt: Gorillas, Aliens, Römer, Meerjungfrauen, Zebras, Ritter, Pharaonen, Obst und Gemüse, Löwen, Indianer, Elefanten, die sieben Zwerge, Drachenköpfe und natürlich auch eine tolle Superman-Verkleidung.

    Meine Mutter findet Superman anscheinend auch nicht so super. Sie zieht mich schnell weiter in die Ecke, in der die Obst- und Gemüsekostüme lagern. Direkt gegenüber von den Fischen, Meerjungfrauen und anderen Seeungeheuern.
    Von meinen niederschmetternden Erfahrungen als Aubergine hatte ich ja schon erzählt. Ich bezweifle, dass es als Mohrrübe oder Zucchini besser gelaufen wäre. Und das gilt genauso für einen Auftritt als Kartoffel, Erbse, Lauchstange, Champignon, Banane, Birne, Erdbeere, Apfelsine, Ananas oder Kiwi.
    Meine Mutter sieht das anders.
    »Ich zieh das nicht an!«, rufe ich entsetzt, als sie zwischen den ganzen Stoffen zielsicher ein Spargelkostüm herausfischt.
    »Du bist ganz bestimmt der einzige Spargel unter lauter langweiligen Cowboys und Geheimagenten«, versucht sie mich zu überreden.
    »Und das aus gutem Grund. Weil nämlich niemand ein Spargel sein möchte. Niemand und ich auch nicht«, erwidere ich trotzig.
    »Schade, der Spargel hätte dir super gestanden.«
    Seufzend hängt meine Mutter das Kostüm wieder zurück und greift nach einem riesigen runden Kürbiskostüm, das oben und unten ein Loch zum Reinkriechen hat.
    »Und was ist damit?«
    »Kein Kürbis! Überhaupt kein Gemüse!«, antworte ich entschlossen.
    »Das ist doch kein Kürbis. Das ist ein Granatapfel, und der ist kein Gemüse, sondern Obst. Zieh ihn doch einfach mal an«, sagt meine Mutter. »Bitte, bitte, bitte! Tu es für mich. Ich leg dann auch ein gutes Wort bei deinem Vater wegen der kaputten Platten ein.«
    »Ist er noch sehr sauer?«
    »Sehr.«
    »Wie sehr?«
    »Sehr sehr. Aber ich bin froh, dass sie weg sind. Ich liebe deinen Vater wirklich. Aber sein Musikgeschmack ist einfach schrecklich. Also, was ist jetzt mit dem Kostüm? Wenn es dir nicht gefällt, kannst du es gleich wieder ausziehen.«

    Ich stülpe mir die Verkleidung über den Kopf. Das ist gar nicht so einfach. Es gibt keinen Ausgang für die Arme, und auch die Löcher für die Beine sind so eng, dass ich mich nur hüpfend fortbewegen kann. Sehen kann ich auch nicht viel, weil ich den Kopf in den Nacken legen muss, um überhaupt oben herausschauen zu können.
    »Du siehst so süß aus!«, schwärmt meine Mutter. »Soll ich dir einen Spiegel holen, damit du dich sehen kannst?«
    »Nicht nötig«, erwidere ich. »Ich habe es angehabt. Jetzt zieh ich es wieder aus. Hilfst du mir?«
    Mit kleinen Sprüngen hüpfe
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