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Cool Hunter

Cool Hunter

Titel: Cool Hunter
Autoren: Scott Westerfeld
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hauptsächlich aus Lieferwagen. Im Erdgeschoss der Gebäude hatten Designer und Restaurants ihre Läden, die Schilder waren in Englisch und Chinesisch beschriftet. Ein paar Schaufenster waren mit Sperrholzplatten verrammelt, und im Asphalt konnte man hier und da noch Reste von Pflastersteinen erkennen, die das wahre Alter des Viertels verrieten, das im 17. Jahrhundert von den holländischen Stadtgründern angelegt worden war.
    Die umliegenden Häuser waren wie die meisten Gebäude in Manhattan sechs Stockwerke hoch. Weniger Stockwerke lohnen sich nicht, und wer höher baut, ist gesetzlich verpflichtet, einen Aufzug einbauen zu lassen. Sechsstöckige Gebäude sind sozusagen das schwarze T-Shirt der New Yorker Architektur.
    Als ich Jens Namen rief, drehte sie sich um und sagte: »Ich kann echt nicht glauben, dass ich das mache.«
    »Dass du was machst?«
    »Na, dass ich wirklich hergekommen bin … als … Coolheits-Fachfrau. «
    Ich lachte. »Wenn du noch ein paarmal Coolheits-Fachfrau sagst, kannst du davon ausgehen, dass dich garantiert niemand für cool hält.«

    Sie verdrehte die Augen. »Du weißt genau, wie ich das meine, Hunter.«
    »Ehrlich gesagt, weiß ich genauso wenig wie du, wieso wir hier sind. Mandy hat das totale Geheimnis daraus gemacht.«
    Jen betrachtete eine Graffitiwerbung für eine neue Bar, die jemand aufs Pflaster des Gehwegs gesprüht hatte. »Aber sie wollte, dass ich mitkomme, oder?«
    »Ja, das hat sie extra noch mal betont.«
    »Ich hab gedacht, ich hätte sie mit meinem Kommentar eher irritiert.«
    »Ja, eben. Man braucht Talent, um andere zu irritieren. Ich hab dir gestern schon gesagt, dass du einen guten Blick für das Wesentliche hast. Mandy will, dass wir uns irgendwas anschauen. «
    »Um zu entscheiden, ob es cool ist?«
    Anscheinend war es einer dieser Tage, an denen ich dieses Wort ständig zu hören bekam. Ich hob resigniert die Hände. »Sie hat bloß gesagt, dass sie jemanden braucht, der eigenständig denken kann. Mehr weiß ich auch nicht.«
    »Eigenständig denken?« Jen zog unbehaglich die Schultern hoch, als wäre ihr schwarzes T-Shirt in der Wäsche eingelaufen. »Sag mal, findest du deinen Job nicht manchmal ziemlich seltsam?«
    Ich zuckte mit den Achseln. Das ist meine Standardreaktion, wenn Leute mir philosophische Fragen über meinen Job als Cool Hunter stellen. Aber Jen kaufte mir mein Achselzucken nicht ab.
    »Du weißt doch, was ich meine, oder?«
    »Die meisten Jobs sind ziemlich seltsam. Mein Vater erforscht Leute, die sich gegenseitig anniesen, und meine Mutter
stellt Gerüche her. Es gibt Leute, die Geld dafür bekommen, Klatsch über irgendwelche Promis zu verbreiten, auf Ausstellungen Preise an Katzen zu verteilen oder Termingeschäfte mit Schweinebäuchen zu machen. Dabei weiß ich nicht mal, was Termingeschäfte überhaupt sind.«
    Jen zog eine Augenbraue hoch. »Das bedeutet, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft Schweinebäuche kaufen will und dafür schon mal einen festen Preis vereinbart.«
    Ich öffnete den Mund und merkte, dass nichts rauskam. Ich hatte diesen Vortrag bestimmt schon tausendmal gehalten, und noch nie hatte jemand gemeint, mich über Schweinebauch-Termingeschäfte aufklären zu müssen.
    »Mein Vater arbeitet an der Börse«, entschuldigte sie sich.
    »Okay. Dann sag du mir, wozu überhaupt irgendwer Schweinebäuche kauft.«
    »Ich hab keine Ahnung.«
    Gerettet. »Ich will damit ja auch nur sagen, dass es ähnlich seltsam ist, sein Geld mit Schweinebauch-Termingeschäften zu verdienen, wie mit dem Aufspüren von Dingen, die cool sind.«
    Jen legte zweifelnd die Stirn in Falten. »Ja, aber … erkennt man das nicht sowieso?«
    »Woran denn? An einem bestimmen Glanz, oder was?«
    »Ich meine damit, dass die Leute doch eigentlich selbst in der Lage sein müssten, zu erkennen, ob etwas cool ist oder nicht. Warum brauchen sie Werbespots wie ›Don’t Walk‹ oder Anzeigen in Zeitschriften oder Trendspotter, die es ihnen sagen?«
    »Weil die meisten Leute nicht cool sind.«
    »Woher willst du das wissen?«

    »Schau dich doch mal um.«
    Sie tat es. Der Typ, der gerade an uns vorbeiging, hatte ein T-Shirt an, das ihm fünf Nummern zu groß war (von Ghetto-Gangstern erfunden, um die in ihrem Hosenbund steckenden Waffen zu verbergen), lange Shorts (von Surfern erfunden, um Sonnenbrand an den Waden zu vermeiden) und überdimensionierte Turnschuhe (von Skatern erfunden, um ihre Fußgelenke zu schützen). Aber so miteinander
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