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Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Titel: Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx
Autoren: Andrea Camilleri
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Begründers der Dynastie. Doch warum hatte der Dieb nicht die auf einem Tischchen liegenden dreitausend Euro an sich genommen, die Signora Ciccina sich am Vorabend von ihrem Mann hatte geben lassen, um einen Lieferanten zu bezahlen? Und warum hatte er nicht die Tabakdose aus purem Gold, einst im Besitz des Urgroßvaters, eingesteckt, die deutlich sichtbar auf den dreitausend Euro lag, um diese zu beschweren?
    Und warum hatte Arturo Picarella, der den Aussagen seiner Frau zufolge in Unterhemd und Unterhose schlief, sich erst vollständig angezogen, ehe er hinunterging, um den Einbrecher zu überraschen? Aufgrund ihrer mittlerweile langjährigen Erfahrung sahen Augello und Fazio es als gesicherte Tatsache an, dass einer, der von Dieben geweckt wird, unverzüglich nachschauen geht, und zwar so, wie er dem Bett entstiegen ist: nackt, im Schlafanzug oder in der Unterhose. Die Vorgehensweise des Kaufmanns Picarella war, sehr vorsichtig ausgedrückt, merkwürdig, um nicht zu sagen verdächtig.
    Augello und Fazio hatten ihrem Vorgesetzten Bericht erstattet und waren zu einer Schlussfolgerung gelangt, die Signora Ciccina unter keinen Umständen verraten werden durfte.
    Diese Schlussfolgerung wurde von Gerüchten untermauert, die seit langem im Ort kursierten und besagten, dass Arturo Picarella den Kopf für eine Stewardess verloren habe, die er während seines Rückflugs aus Schweden kennengelernt hatte, wohin er geflogen war, um Holz einzukaufen. Kurzum, für Augello und Fazio sah es so aus, als hätte Signor Picarella unter Mithilfe eines Freundes ein Schauspiel inszeniert, indem er seine Entführung vortäuschte, während er in Wirklichkeit in Gesellschaft der schönen Stewardess für ein paar Monate auf die Malediven oder die Bahamas geflogen war. Ein nicht zu vernachlässigender Umstand dabei war: Arturo Picarella hatte seinen Pass just in dem Jackett stecken, das er in jener bewussten Nacht angezogen hatte.
    »Commissario«, begann Signora Ciccina, die sich ganz offensichtlich mit aller Macht beherrschte, um nicht zu schreien. »Ich sag's Ihnen, weil ich's anders nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann: Sie sollen wissen, dass ich beim Minister Anzeige erstattet habe.« Montalbano verstand überhaupt nichts. »Sie haben beim Minister Anzeige erstattet?«
    »Jawohl.«
    »Und wen haben Sie angezeigt?«
    »Sie.«
    »Mich? Wieso?«
    »Weil Sie die Angelegenheit mit meinem armen, lieben Mann offensichtlich nicht ernst genug nehmen!«
    Er brauchte eine geschlagene Stunde, um sie dazu zu bewegen, wieder nach Hause zu gehen. Stein und Bein schwor er darauf, dass ganze Polizeieinheiten, sogar welche von außerhalb, damit beschäftigt wären, die gesamte Region auf der Suche nach Signor Picarella zu durchkämmen. Was natürlich nicht stimmte.
    Leb wohl, schöner Sonnenuntergang. Als Montalbano in Marinella ankam, war die Sonne schon eine ganze Weile im Meer versunken. Er schaltete den Fernseher ein, zappte zu »Retelibera« und sah sogleich, dass sie das Foto mit dem Tattoo zeigten. Nicolò Zito tat, was er ihm versprochen hatte.
    Er schaute die Nachrichten bis zum Schluss an. Von Lampedusa waren vierhundert Flüchtlinge aus Ländern außerhalb der EU eingetroffen, um in Konzentrationslager eingewiesen zu werden, pardon, in Aufnahmelager. Eine Filiale der Banca Regionale war von drei bewaffneten Männern überfallen worden. In einem Supermarkt war ein Feuer ausgebrochen, vermutlich Brandstiftung. Ein Obdachloser war beinahe totgeschlagen worden: Fünf Jungs hatten zum Zeitvertreib mit Eisenstangen auf ihn eingedroschen. Ein vierzehnjähriges Mädchen war vergewaltigt worden von einem…
    Er wechselte den Sender und schaltete um auf »Televigata«. Dort war gerade Pippo Ragonese zu sehen, der Nachrichtenmoderator mit dem Mund wie ein Hühnerarsch, der Worte ausspuckte. Gerade wollte Montalbano wieder den Sender wechseln, als Ragonese seinen Namen erwähnte. »… dank der allseits bekannten Untätigkeit - und das ist noch gnädig ausgedrückt - des Commissario Montalbano sind wir uns sicher, dass auch dieses neue abscheuliche Verbrechen, das am Salsetto entdeckt worden ist, unaufgeklärt bleibt. Der Mörder dieses armen Mädchens kann ruhig schlafen. Auch die in dieser Form einzigartige Entführung des Holzhändlers Arturo Picarella ist ja bis zum heutigen Tag unaufgeklärt geblieben. Und weil wir gerade dabei sind, können wir nicht umhin, unsere Zuschauer davon in Kenntnis zu setzen, dass Signora Picarella sich bei uns über
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