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Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Titel: Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx
Autoren: Andrea Camilleri
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die, gelinde gesagt, unhöfliche Behandlung beschwert hat, die der bereits erwähnte Commissario Montalbano…«
    Er schaltete aus, ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Das Herz ging ihm auf beim Anblick der vier traumhaften Meerbarben, die er nur noch braten musste. Sollte Pippo Ragonese sich seine Weisheiten doch sonst wohin stecken. Er nahm die Barben vom Teller und legte sie in eine Pfanne, die er aufs Feuer setzte. Dann lief er hinüber und zog den Telefonstecker heraus, damit sich die Erfahrung vom Vorabend nicht wiederholte, als das Gespräch mit Livia ihm den Appetit so gründlich verdorben hatte.
    Er setzte sich auf die Veranda und vertilgte die Barben, die zwar ganz gut geworden waren, aber nicht so knusprig wie bei Adelina. Und weil er immer noch ein kleines bisschen Appetit verspürte, durchsuchte er den Kühlschrank ein weiteres Mal und fand dabei einen halben Teller übrig gebliebener Caponata. Er roch gründlich daran, überzeugte sich davon, dass sie noch in Ordnung war, brachte sie hinaus und verschlang sie.
    Er stöpselte das Telefon wieder ein. Zweifel beschlichen ihn. Was, wenn Livia bereits vergeblich angerufen hatte? In Anbetracht der Tatsache, dass ihr Verhältnis derzeit so aufgewühlt war - es herrschte sozusagen Windstärke acht auf offenem Meer -, konnte Livia durchaus auf die Idee gekommen sein, er hätte den Stecker herausgezogen, weil er nichts von ihr hören wollte. Besser wäre es, wenn er als Erster anriefe. Er wählte die Nummer von Boccadasse, aber keiner nahm ab. Da rief er sie auf ihrem Handy an. »Das Handy des von Ihnen gewünschten Gesprächspartners könnte ausgeschaltet sein oder…« War ja möglich, dass sie ins Kino gegangen war und sich später melden würde.
    Er kehrte auf die Veranda zurück, setzte sich und rauchte eine Zigarette.
    Meine Beziehung mit Livia ist mittlerweile an einem Scheideweg angelangt, und wir müssen uns dringend Gedanken darüber machen, wie es weitergehen soll, dachte er und wurde von einer solchen Wehmut erfasst, dass seine Augen auf der Stelle einen feuchten Schimmer bekamen.
    Es verlangte viel Mut, so viele Jahre der Liebe, der Vertrautheit, des stillen Miteinanders einfach aufzugeben: Das mit Livia war wie eine Ehe, auch wenn sie weder vom Gesetz noch von der Kirche besiegelt worden war. Es brachte ihn jedes Mal zum Lachen, wenn er hörte, wie Bischöfe und Kardinäle öffentlich gegen die Anerkennung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften wetterten. Wie viele Ehen, die von Priestern geschlossen und besiegelt wurden, hatte er gesehen, die von wesentlich kürzerer Dauer waren als seine Lebensgemeinschaft mit Livia! Aber wahrscheinlich brauchte man eben noch mehr Mut, um weiterzumachen in einer Situation wie der, in der sie sich befanden.
    Eines war sicher: Es bedurfte einer Klärung, einer der grausamen Art, bei der man sich gegenseitig bis aufs Blut verletzte. Doch so eine Klärung ließ sich nicht am Telefon herbeiführen - die Stimme allein wäre da nicht genug, auch der Körper musste daran beteiligt sein. Ein Blick hätte weitaus mehr gesagt als hundert Worte. Das Telefon klingelte. Er blickte auf die Uhr. Es war elf Uhr abends, und eigentlich konnte es nur Livia sein. Während er zum Telefon ging, kam ihm in den Sinn, dass er ihr doch vorschlagen könnte, am folgenden Samstag nach Vigàta zu kommen.
    »Dottor Montalbano?«, hörte er die Stimme eines alten Mannes sagen, die er zunächst nicht erkannte. »Ja. Wer spricht da?«
    »Hier ist Rektor Burgio.«
    Heilige Madonna, wie lange hatte er schon nichts mehr von ihm gehört! Nach dem Tod seiner Frau war der Rektor nach Fela umgezogen, wo eine seiner Töchter wohnte, die Lehrerin war.
    Wie alt mochte er jetzt sein? Neunzig? »Verzeihen Sie mir die späte Störung«, sagte Rektor Burgio.
    »Aber woher denn! Wie geht es Ihnen?«
    »Ich mache das Beste daraus. Ich habe Sie angerufen, weil ich in ›Retelibera‹ das Tattoo dieses armen ermordeten Mädchens gesehen habe.«
    »Kannten Sie sie?«
    »Nein, ich rufe Sie wegen des Schmetterlingtattoos an.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie Schmetterlingsexperte sind.«
    »Bin ich auch nicht, wohl aber mein Schwiegersohn. Ich habe Sie so spät noch angerufen, weil er, mein Schwiegersohn nämlich, morgen früh verreisen muss und eine Woche wegbleiben wird. Wenn Sie gestatten, verbinde ich Sie mit ihm.«
    »Sehr gerne, vielen Dank.«
    »Hier ist Gaspare Leontini, buonasera«, sagte der Schwiegersohn des Rektors. »Und weil ich als Liebhaber
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