Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth

Titel: Codename Sparta 03 - Das Mars-Labyrinth
Autoren: Paul Preuss
Vom Netzwerk:
Zivilgericht auf der Marsstation gehen konnte. In der Zwischenzeit mußten vier unglückliche Menschen eine weitere Nacht zusammen im Irrgarten aus grünem Glas von Labyrinth City verbringen. Er hoffte nur, daß sie ihn alle lebend verlassen würden, denn im Augenblick hatte er wichtigere Dinge im Kopf.
    Die große Blondine, die ihn über den Schreibtisch anstarrte, machte es auch nicht einfacher. Sie hatte den schlanken, kräftigen Körperbau aller Langzeit-Marsianer. Ein feines Netz aus Fältchen um die Augen verriet, daß sie lange Zeit damit verbrachte, in die Ferne zu blinzeln. Sie trug den üblichen braunen Druckanzug aus Kunstleinen, dessen Helm lässig am Gürtel baumelte. »Du kannst mich heute abend nicht sitzenlassen, Dare«, sagte sie mit recht lauter Stimme.
    »Wann immer du willst, aber heute abend nicht.« Er und Lydia Zeromski waren fast ununterbrochen seit drei Jahren Geliebte gewesen. Nach seinen Erfahrungen war damit die Geduld der meisten Frauen erschöpft.
    »Heute abend«, sagte sie. »Morgen starte ich zu einer Rundfahrt. Soll ich danach zu dir kommen, oder soll ich dich vergessen, bevor es losgeht?«
    Er stand auf und ging mit flehend ausgebreiteten Händen auf sie zu. »Lydia, zwischen uns hat sich nichts geändert. Aber versuche jetzt nicht, mich zu erpressen. Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Und dann muß ich mich noch um den Kerl unten in der Halle kümmern.«
    »Diesen fetten Idioten?«
    »Er hat unser höchstverehrtes Stückchen Schrott aus dem Behälter geholt …«
    »Und jetzt hast du Angst, er läßt es fallen und macht eine Delle hinein.«
    »Klar, was sonst.« Chin seufzte gereizt. Jeder wußte, daß die marsianische Tafel härter als Diamant war, härter als irgendein Material, das Menschen herstellen konnten. Es zu beschädigen war wirklich nicht das Problem. »Geh jetzt. Wir sprechen uns noch, bevor du fährst.«
    »Bemüh dich nicht.« Sie stülpte sich den Helm mit einer geübten Bewegung über den Kopf, als setzte sie sich eine Sonnenbrille auf. In der Tür blieb sie stehen und warf ihm einen letzten glühenden Blick zu, sagte aber nichts. Während sie sich umdrehte und ging, verschloß sie ihre Sichtscheibe.
    Chin hörte, wie ihre Schritte den Gang entlang verschwanden und sie dann die Treppe hinunter ins Parterre lief. Er starrte den in schwachem Grün beleuchteten Gang vor seinem Büro hinunter und versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
    Chin hatte ein schmales, gutaussehendes Gesicht, dazu glatte schwarze Haare, schwarze Augen und einen geschwungenen festen Mund, dessen Winkel jetzt nach unten zeigten. Er war groß und hatte sich – wie Lydia – seinen natürlich schlanken Körper durch 20 Jahre Leben unter einem Drittel der Erdschwerkraft erhalten. Für die Marsianer war dieser Körperbau typisch. Zwar fiel es nicht schwer, überschüssige Masse bei geringer Schwerkraft mit sich herumzuschleppen, aber ein Ballast aus Fett und Muskeln war unnötig und konnte sogar gefährlich werden.
    Durch die gläserne Außenwand bemerkte er eine Laterne auf der winddurchfegten Straße. Der gelbliche Schimmer der Handlampe einer Patrouille zitterte hinter dem grünen Glas wie die phosphoreszierenden Organe eines Tiefseefisches. Er sah, wie das Licht sich langsam weiterbewegte und blickte auf seine Uhr: 20.08. Old Nutting war so zuverlässig wie eine Cäsiumuhr.
    Er ging wieder an seinen Schreibtisch und setzte sich. Er lehnte sich zurück und starrte durch die gläserne Decke hinauf zum riesigen Schatten des Sandsteingewölbes. Am Rand dieses natürlichen Steindaches schienen zehntausend Sterne, ohne zu funkeln – kalte, grelle Punkte in der Marsnacht.
    Was sollte er mit Lydia machen? Die Frage quälte ihn schon fast die ganzen drei Jahre ihres intimen Verhältnisses. Sie war jünger als er, eine leidenschaftliche, anspruchsvolle Frau. Er dagegen fühlte sich älter, als er aussah – wegen der niedrigen Schwerkraft alterten die Menschen auf dem Mars nur langsam, vorausgesetzt, sie mieden die UV-Strahlung. Trotz all seiner augenscheinlichen Reife war er sich immer noch im unklaren über seine Wünsche und Bedürfnisse …
    Er schüttelte den Gedanken ab. Heute abend mußte er sich von seinen persönlichen Problemen freihalten. Er mußte überlegen, was er mit der Information anfangen sollte, die er erst kürzlich erhalten hatte.
    Er zerrte die gelben Faxblätter unter dem Papierstapel hervor, wo er sie versteckt hatte, als er unerwartet Lydias Schritte auf der Treppe gehört
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher