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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen
Autoren: Deborah Moggach
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anschauen. Zusammengekuschelt vor dem Bildschirm, hatte Penny gesagt: »Ist es nicht traurig, dass wir uns nach dem morgigen Tag nie wiedersehen werden?« Dabei hatte sie sich zu ihm gedreht und ihm direkt in die Augen geblickt. Ihre Nasen waren so dicht beieinander, fast unmöglich, sich nicht zu küssen. Und während sie ihre Lippen auf die seinen presste, hielt sie sein Gesicht vorsichtig umfasst, wie eine Kostbarkeit, was seit Ewigkeiten keine Frau mehr getan hatte, und das rührte ihn so, dass er dahinschmolz, er gehörte ihr.
    Harold stellte die Crumble-Form auf die Anrichte. Vielleicht – noch scheußlicher – vielleicht hatten die beiden konspiriert! Buffy hatte sich seiner erbarmt und ihm, dem verlassenen Ehemann, wie ein Zuhälter seine Exfrau zum Trost verehrt. Penny war kein Spielverderber. Sie hatte auch, wie Harold herausgefunden hatte, einen gesunden Appetit auf Sex. Das würde ihr plötzliches Erscheinen und ihr ebenso plötzliches Verschwinden erklären. Auftrag erledigt.
    Nein, das war zu verdreht. Er war wirklich durcheinander.Penny war einfach abgehauen, weil sie bedauerte, was passiert war. Sicher war sie von seinem verfilzten Brusthaar und seiner verfettenden Taille abgestoßen; er erinnerte sich an ihre forschenden Finger, die bedächtig an verschiedenen Teilen seines Körpers Halt gemacht hatten. Sie hatten irgendwann über beschämende One-Night-Stands gesprochen, und das Vorgefallene vervollständigte bloß die Liste, inklusive seines hängenden Hinterns.
    Harold spülte gedankenversunken. Vielleicht wäre der beste Plan, sich bis Samstag fernzuhalten, dann wäre Penny weg. Die Idee hatte eine gewisse Anziehungskraft für einen Feigling, aber wie konnte er es ertragen, sie nicht wiederzusehen?
    Er war doch ganz verrückt nach ihr. Verrückt .
    Penny
    Vor dem Abendessen nahm Penny ein Bad. Sie hatte einen Vorrat an Schaumbad-Gratistütchen in einem Wandschrank entdeckt, und nachdem sie drei davon ins Wasser geleert hatte, war eine respektable Menge Schaum entstanden. Hin und wieder trotteten Schritte den Korridor entlang, und es wurde versuchsweise am Türknopf gedreht. »Gleich!«, rief sie und sank ins Wasser zurück. Schließlich hatte ja niemand sonst an dem Tag Sex gehabt.
    Die ganze Sache war zu komisch, um wahr zu sein; vielleicht war es überhaupt nicht passiert. Sie hatte sich die beigefarbene, anonyme Wohnung über dem Herrenausstatter zusammenfantasiert. Unzählige Male hatte sie es sich in den vergangenen Tagen ausgemalt, hatte es darauf angelegt und Wirklichkeit werden lassen.
    Denn jetzt konnte sie es zugeben. Sie hatte sich Gedanken gemacht, wie es wohl wäre mit Harold im Bett. Lag es daran, dass er sie an Buffy in Jugendjahren erinnerte, oder womöglich an sich selbst, als sie noch mit ihm glücklich war? Es gab gewisse Ähnlichkeiten zwischen beiden Männern, nicht zuletzt ihre Gesprächigkeit während des Liebesspiels. Colin, der letzte, mit dem sie Sex gehabt hatte, war völlig stumm gewesen, abgesehen von den Grunzlauten, wenn er kam.
    Es hatte sie allerdings überrascht, wie ungewohnt es sich anfühlte, den weicheren Körper eines alten Mannes zu berühren. Harold war natürlich nicht so in Form – noch etwas, was er mit Buffy teilte. Zweifellos wurden alle Männer seines Alters schlaffer. Und selbstverständlich auch sie. Sie wünschte sich, sie hätten sich nicht am helllichten Tag ausziehen müssen. Ihr Versuch, noch in Unterwäsche unter die Bettdecke zu schlüpfen, wurde von Harolds Verlangen vereitelt, ihr den BH zu öffnen – er sagte, er habe das seit Jahren nicht mehr praktiziert und wolle sehen, ob er es noch mit einer Hand schaffe. Vielleicht war ja Pia, seine Ex, lesbisch oder zu flachbrüstig, um so was zu tragen.
    Solche Sorgen spielten natürlich keine Rolle, wenn man mit jemandem schon viele Jahre zusammengelebt hatte. Man wurde gemeinsam alt; der Körper des anderen war von der Erinnerung an dessen jüngeres, festeres Ich geprägt. Zwei ältere Menschen jedoch, die sich als Fremde begegneten, waren unmittelbar mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert, die sich ungeschminkt in den Falten des Partners widerspiegelte. Sollte Harold schockiert gewesen sein, dann war er doch zu sehr Gentleman, um es zu zeigen, und für sie war es befriedigend, zu sehen, dass sie noch einen Mann erregen konnte. Aber sobald es vorbei war – unbeholfen und hastig –, hatte sie gemerkt, wie ihr Selbstvertrauen dahinschwand. Wie konnte sie nur so kühn sein? Sie
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