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Clementine

Clementine

Titel: Clementine
Autoren: Sara Pennypacker
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zeigen wollte – drei Sätze über den Planeten Saturn, die ich mit einem Bild von Eichhörnchen aus dem Park dekoriert hatte –, waren sie nicht da.
    »Sieh lieber mal im Schwarzen Loch nach«, sagte er.
    Ich warf meinem Dad einen Das-ist-nicht-komisch-Blick zu, aber ich ging dann doch zurück in mein Zimmer, um nachzusehen. Mein Dad nennt den Platz unter meinem Bett das Schwarze Loch. Er behauptet, dass dort Dinge auf geheimnisvolle Weise verschwinden. Ich glaube nicht, dass Väter sich als Komiker betätigen sollten.
    Meine Hausaufgaben waren nicht unter meinem Bett.
    Und der restliche Tag wurde nur noch schlimmer.
    Im Bus ging Margret einfach an unserem Stammplatz vorbei und setzte sich neben Amanda-Lee, obwohl Amanda-Lee immer nur von der Einkaufspassage redet, und das ist total langweilig. Und ein so schöner Name wie Amanda-Lee kann sowieso nur erfunden sein.

    Als ich dann in die Schule kam, sagte die Lehrerin: »Die folgenden Schülerinnen und Schüler sind von der Freizeit befreit, damit sie ihre Tagebucheinträge auf den neuesten Stand bringen können«, und ich gehörte zu den folgenden Schülerinnen.
    Beim Tagebuchschreiben sagte der Lehrer dreimal: »Clementine, du passt nicht auf.« Und immer wenn er das sagte, hatte ich gerade aufgepasst. Ich passte aus dem Fenster auf, wo die aus der vierten Klasse Völkerball spielten. Immer wenn der Ball in die Nähe von Margret und Amanda-Lee kam, packten sie sich gegenseitig und kreischten, als ob sie ermordet werden sollten, und alle wissen, das bedeutet: »Wir sind ganz dicke Freundinnen.«
    Als der Lehrer meinen Stuhl vom Fenster wegschob, war ich F-R-O-H. Froh. Und ich schrieb über die ganze Tagebuchseite MIR DOCH EGAL!, und zwar so fest, dass mein Bleistift abbrach.
    Als ich aus der Schule nach Hause kam, wollte ich gleich in mein Zimmer gehen und ein Bild von mir mit einer neuen besten Freundin zeichnen. Aber mein Dad zog gerade seinen Regenmantel an, obwohl es gar nicht regnete.
    »Taubenkrieg ist nichts für zarte Gemüter«, sagte er. »Man braucht dazu übermenschlichen Mut. Und Fantasie und Klugheit.«
    Wenn mein Dad so redet, hat er immer eine neue Idee. »Du hast wieder einen Schlachtplan?«, fragte ich.
    »Jawoll«, antwortete er. »Und der ist super. Dafür werde ich bestimmt zum General befördert.«
    »Du bist schon der General, hast du das vergessen?«
    »Ach, richtig. Ich bin so bescheiden, dass mir das manchmal entfällt. Na, ich wette, ich kriege einen Orden.«
    »Dad!«
    »Oder werde dafür sogar in den Adelsstand erhoben!«
    »Dad!«, sagte ich. Manchmal braucht mein Dad Hilfe, damit er ernst bleiben kann. »Was ist denn jetzt dein neuer Schlachtplan?«
    Mein Dad schaute sich um, als ob er befürchtete, dass Spione uns belauschten. Dann beugte er sich vor und flüsterte: »Psychologische Kriegsführung!«
    Das hörte sich gut an und deshalb ging ich mit ihm nach draußen und setzte mich auf die Treppe, um ihm zuzusehen. Die Zeichnung konnte ich später noch machen.
    Zuerst spritzte mein Dad den Bürgersteig voll, dann bespritzte er die Tauben, bis sie wegflogen. Die ganze Zeit murmelte er Sachen wie: »Ja, die sind schon gerissen. Aber ich bin gerissener!«, und »Es ist eine wenig bekannte Tatsache, dass Tauben die elfte Landplage waren, von der das alte Ägypten heimgesucht wurde.«
    Dann zog er eine braune Plastikeule aus einer Tüte. Er holte eine Leiter, kletterte hoch und stellte die Eule auf den Kopf des Löwen über der Haustür.
    Ich fragte, wozu das gut sein sollte.
    »Die Tauben werden einen Blick auf die Eule werfen und dann in die Berge fliehen. Oder jedenfalls zu einem anderen Haus. Tauben haben eine Sterbensangst vor Eulen. Jawoll, dafür werde ich bestimmt zum Ritter geschlagen!«
    »Die ist aus Plastik«, wandte ich ein.
    »Aber das wissen die Tauben nicht. Das ist ja gerade das Geniale an meinem Plan.«
    Ich begriff nicht, was daran so genial war. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie eine kleine Plastikeule eine Schar von Tauben vertreiben sollte, die darum kämpften, welche auf dem Kopf eines brüllenden Löwen sitzen durfte.
    Und als wir noch dort standen und Dad seinen genialen Schlachtplan bewunderte, während ich so meine Zweifel hatte, kamen die Tauben zurück. Sie ließen sich auf ihren üblichen Plätzen überall an der Fassade nieder, abgesehen von einigen, die jetzt lieber auf dem Kopf der Eule sitzen wollten.
    Was mein Dad brauchte, war eine echte Waffe.
    »Polka Dottie hätte sie verjagt.«
    Dad brachte
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