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Clementine

Clementine

Titel: Clementine
Autoren: Sara Pennypacker
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die Leiter und seinen Regenmantel weg, kam zurück und setzte sich neben mich. »Sie fehlt dir noch immer, was, Kumpel?«
    Ich nickte. »Sie fehlt mir, wenn ich aus der Schule nach Hause komme. Ich möchte sie vorn am Hals streicheln, wo ihr Fell so weich war. Ihr Schnurren fehlt mir beim Einschlafen. Mir fehlt sogar der Geruch ihres Katzenfutters.«
    »Da fehlt dir ganz schön viel«, sagte mein Dad.
    »Und sie hätte die Tauben verjagt, oder?«
    »Aber sicher doch. Sie war eine furchterregende Katze.«

    »Dad. Für die Tauben wäre sie schon furchterregend gewesen«, sagte ich. Und dann hatte ich eine der verblüffendsten Ideen meiner ganzen Laufbahn.
    Ich sprang auf und gab meinem Dad einen Kuss auf die Stelle, wo sein Bart nicht mehr kratzt. Dann lief ich zurück in die Wohnung, ging in mein Schlafzimmer und fischte mein Lieblingsbild von Polka unter der Matratze hervor.
    Damit rannte ich zum Kopierladen an der Ecke.
    »Können Sie das vergrößern?«, fragte ich.
    »Wie groß soll es denn sein?«, fragte der Kopiermann.
    Ich zog mein Portemonnaie hervor und schüttete all mein Geburtstagsgeld auf den Tresen. »Wie groß können Sie es dafür machen?«
    Der Mann zählte mein Geld und überlegte einen Moment. »Für so viel Geld kann ich diese Katze so groß machen wie einen Schäferhund.«
    »Super«, sagte ich.
    Dann nahm er das Geld und das Bild von Polka und sagte, ich sollte am nächsten Tag um vier wiederkommen.
    Ich rannte nach Hause und schloss die Wohnungstür auf. Mein Dad und meine Mom saßen in der Küche.
    »… nur noch eins«, sagte mein Dad.
    »Mehr als eins brauchen wir ja auch nicht«, sagte meine Mom. »Meinst du, wir sollten es tun?«
    »Ich finde ja«, sagte mein Dad. »Ich finde, es wird Zeit.«
    »Okay«, sagte meine Mom. »Dann rufe ich morgen an.«
    Mehr als eins brauchen wir ja auch nicht?! Ich knallte mit der Tür, damit sie wussten, dass ich da war. Falls sie darüber redeten, dass sie mich loswerden wollten, damit sie nur noch ein Kind hätten – das pflegeleichte –, dann sollten sie damit A-U-F-H-Ö-R-E-N! Aufhören. Nicht dass ich mir Sorgen gemacht hätte. Wahrscheinlich sprachen sie überhaupt nicht über mich.
    »Pssst«, sagte mein Dad. »Da ist sie.«
    Okay, meinetwegen, ich machte mir doch Sorgen.

8. KAPITEL
    Hier kommt ein gutes Geheimnis: Manchmal finde ich das Tagebuchschreiben in der Schule schön, denn dabei kann ich mich selbst an Dinge erinnern, die ich vielleicht sonst vergesse, wenn ich erwachsen bin. Wie zum Beispiel, dass ich dann Zigarren rauchen will. Und nicht heiraten. Zigarren ja, Ehemann nein. Aber was, wenn ich das vergesse?
    Und auch daran will ich mich erinnern, wenn ich alt bin: Wenn ich jemals heirate, was ich nicht tun werde, dann will ich nur ein Kind haben. Das erste. Die reicht mir voll und ganz. Auch wenn sie die Schwierige ist.
    Nein danke, ein zweites Kind ist nicht nötig, auch wenn er der Pflegeleichte ist. Aber immerhin kam mir am Samstag eine umwerfende Idee, als ich an mein Tagebuch und an meinen Bruder dachte.
    Vorige Woche musste Rübe eine Spritze kriegen und er hat so geschrien, dass meine Eltern ihm ein Video ausgeliehen haben und er Gummibärchen essen durfte, obwohl sie sonst die Sesamstraßen- und Möhrenknabbersorte von Eltern sind. Also tat ich so, als ob ich Tagebuch schreiben müsste, was gar nicht stimmte, weil doch Wochenende war, und ich stellte mich schrecklich wütend, weil ich meinen Eltern auch leidtun wollte.
    Als sie in mein Zimmer kamen, zog ich meine Augenbrauen zusammen und schob meinen Unterkiefer so weit vor wie überhaupt nur möglich. Das sah so aus:

    Wenn meine Zähne spitzer wären, hätte ich so grimmig ausgesehen wie unser Steinlöwe. Aber ihr seht doch trotzdem, wie wütend ich ausgesehen habe?
    Und jetzt stellt euch vor, was meine Eltern gemacht haben. Nichts. Weil es ihnen eben schwerfällt, richtig aufzupassen.
    »’tschuldigung«, sagte ich. »Ich bin stocksauer über dieses Tagebuchgeschreibe. Kriege ich also bitte Gummibärchen und ein Video?«
    Sie starrten mich an, als ob ich in der Geheimsprache geredet hätte, die Margret und ich immer benutzen, aber ich war fast sicher, dass ich das nicht getan hatte.
    »Ihr habt Zucchini Gummibärchen und ein Video gegeben, als er sauer wegen der Spritze war«, sagte ich zu ihrer Erinnerung.
    »Erstens«, sagte meine Mutter, »heißt dein Bruder nicht Zucchini. Zweitens ist er drei Jahre alt.«
    »Und drittens«, sagte mein Vater, »wenn ich bedenke, wie
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