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Clementine schreibt einen Brief

Clementine schreibt einen Brief

Titel: Clementine schreibt einen Brief
Autoren: Sara Pennypacker
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fragte ich.
    »Einen Dollar«, antwortete sie. »Ich werde mir Handwaschmittel dafür kaufen.«
    »Nein, jetzt nicht mehr. Ich gebe es dir bald zurück, aber ich muss das hier für meine Mom kaufen. Das hast du selbst gesagt. Damit sie nicht eifersüchtig wird, weil ich meinem Vater so einen großen Gefallen tue.«
    Margret umklammerte ihre Geldbörse und schüttelte den Kopf. Ich richtete meinen Stachelrochenblick auf sie. Aber sie richtete ihren auf mich. Manchmal wünschte ich, ich hätte Margret niemals den Stachelrochenblick beigebracht. Zum Glück habe ich ihr nie die volle Kraft gezeigt, also schaltete ich sie ein und endlich gab sie auf und reichte mir ihre nagelneue, noch niemals ausgegebene Dollarnote.
    Acht Dollar und sechsundsechzig Cent. »Ich brauche noch immer elf Dollar und vierunddreißig Cent«, erzählte ich aller Welt.
    »Ich weiß nicht, wie du das schaffst, Clementine«, sagte Mitchell. »Du bist umwerfend.« Dann schob er die Karre zur Tür. »Na los. Gehen wir.«
    »Meinetwegen.« Ich streichelte die Künstlerbox. »Bloß nicht verkaufen, okay?«, sagte ich dem Verkäufer. »Ich komme nämlich zurück.«

 

6. KAPITEL
    Draußen erinnerte ich Mitchell daran, dass ich noch immer einen Gemüseladen finden musste. »Aber keinen normalen«, sagte ich. »Ich brauche ein paar ganz neue Gemüsenamen.«
    Er zeigte die Straße entlang. »Wie wär’s damit?«
    Ich schaute auf und da war wirklich ein Gemüseladen. Auf der Markise über der Tür stand LAAS SUPERMARKT und auf dem Bürgersteig standen allerlei Kisten mit Gemüse. Ich rannte los. Einige von diesen Gemüsesorten hatte ich noch nie gesehen.
    »Bok Choy«, las ich vor. »Zuckerschoten. Daikon. Bambussprossen.«
    »Hast du einen Kugelschreiber?«, fragte ich Mitchell, als die anderen mich eingeholt hatten. »Ich möchte mir ein paar Namen aufschreiben.«
    Mitchell hatte in seinen Taschen nur einen Baseball.
    Margret fragte ich gar nicht erst, sie nimmt niemals etwas mit, das ihre Kleider verschmutzen könnte.
    Also gingen wir in den Laden. Ich wollte schon den Besitzer um einen Kugelschreiber bitten, als mein umwerfender Augenwinkelblick eine Entdeckung machte. Ich rannte hin.
    Und ihr werdet nicht glauben, was ich da sah. Aale in einem Glaskasten. Aale und Aale und Aale. Die Aale schwammen herum, bildeten im Wasser Knoten und Schlingen, wickelten sich auf und dann wie durch Zauberhand wieder auseinander.
    »Donnerwetter«, sagte ich.
    »Donnerwetter«, sagte Mitchell.
    »Donnerwetter«, sagte Bok Choy.
    »Mir wird gleich schlecht«, sagte Margret.
     

     
    »Das sind doch bloß Fische, Margret«, sagte ich zu ihr. »Die können nichts dafür, dass sie so schrecklich lang und glitschig sind.«
    Aber Margret war ziemlich grünlich geworden. »Schnell«, sagte ich zu ihr. »Lauf zu den Reissäcken. Sieh dir einfach den schönen sauberen Reis an.« Margret stürzte davon und ich drehte mich wieder zu den Aalen um.
    Manchmal, an heißen Sommertagen, mache ich Wasserbilder auf dem Bürgersteig in unserer Straße. Das geht so: Ich nehme einen schönen dicken Pinsel, tunke ihn in Wasser und male dann Schlangenlinien auf den Zement. Die Schlangenlinien verdunsten fast so schnell, wie ich sie malen kann, deshalb sieht es ein bisschen so aus, als ob sie sich bewegen. Wie diese Aale hier.
    Ach, das habe ich ganz vergessen: Fragt erst eure Mutter, ob ihr ihren Pinsel nehmen dürft.
    Ich zeigte auf den kleinsten Aal, der sich in einer Ecke versteckte.
    »Seht mal, wie traurig der aussieht.«
    »Aale können nicht traurig aussehen«, sagt Mitchell. »Es sind schließlich nur Aale.«
    »Der weint«, sagte ich. »Nur ist das unter Wasser schwerer zu sehen.«
    Mitchell zog eine Grimasse, aber ich sah, wie er das Aquarium aus den Augenwinkeln musterte, um festzustellen, ob es stimmte.
    »Sonderangebot: fünf Dollar und neunundneunzig Cent das Pfund«, las ich vor. »Das ist ein ziemlich guter Preis für ein Haustier.«
    »Das hier ist keine Tierhandlung, Clementine«, sagte Mitchell. »Das ist ein Lebensmittelladen. Und diese Aale sind zum Essen da.«
    »Psssst«, zischte ich Mitchell an, weil er das vor den Ohren der Aale gesagt hatte.
    Mitchell zuckte mit den Schultern. »Stimmt doch. Die werden gegessen. Oder geräuchert.«
    Margret hatte offenbar von den Reissäcken her zugehört, denn sie schrie: »Das darf auf keinen Fall Alan hören. Seine Pfeife ist schon eklig genug!«
    Ein sehr kleiner, geheimer Teil von mir hätte gern zugesehen, wie jemand einen
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