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Clementine schreibt einen Brief

Clementine schreibt einen Brief

Titel: Clementine schreibt einen Brief
Autoren: Sara Pennypacker
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jeglichen Sinn für Humor untergraben.
    »Hallo, Mitchell«, sagte ich. »Meine Mom möchte wissen, ob du uns heute Nachmittag nicht-babysitten kannst und ob wir in ein paar Läden gehen können.«
    »Klar«, sagte er. »Wir treffen uns in der Eingangshalle.«
    Meine Mom und ich schnallten Weißkohl in seiner Karre an und warteten beim Fahrstuhl. Als Margret und Mitchell herunterkamen, gab meine Mom ihm zwei Dollars fürs Nicht-Babysitten. Dann gab sie mir Geld, damit ich ihr im Bastelladen eine Tube Ölfarbe kaufte.
    »Permanentrosa«, sagte sie.
    Manchmal gerate ich im Bastelladen in Verwirrung. Von all diesen schönen Farben und all diesen schönen Namen von schönen Farben wird mir ein bisschen schwindlig. Karmesinrot, Preußischblau, Kadmiumgelb. Beim bloßen Gedanken daran kriegte ich schon weiche Knie. Ich streckte den Arm nach meiner Mom aus. »Vielleicht solltest du mir das aufschreiben.«
    »Keine Sorge«, sagte sie. »Das vergisst du nicht. Denk einfach an die Haare deiner Großtante Rosa. Wie festbetoniert. Permanentrosa.«
    »Permanentrosa«, sagte ich. »Das werde ich mir merken.«
    »Okay, dann bis später, wir sehen uns in einer Stunde, und denk an die Erdnüsse«, sagte sie.
    Mein Bruder ist allergisch gegen Erdnüsse. Das bedeutet, wenn er auch nur eine einzige isst, dann platzt ihm der Kopf vom Hals.
    Dann gingen wir los. Wir gingen in die Drogerie, in die Reinigung und in den Videoverleih. Der letzte Laden war der Bastelladen.
     

     
    In der Farbabteilung lagen Hunderte von schönen neuen Farbtuben im Regal. Margret hob die Hände und wich zurück, als wollten die Farbtuben ihre sauberen Kleider bespritzen. Margret mag Dinge, die sie schmutzig machen könnten, nicht einmal ansehen.
    »Schnell, geh zum Papier rüber«, sagte ich zu ihr. »Starr einfach die ganze Zeit die schönen sauberen Papierstapel an.«
    Mitchell machte mit meinem Bruder einen Spaziergang durch den Laden und ich sah mir weiter die schönen Farben an. Gebranntes Siena, Ultramarin, Viridiangrün – mir wurde schon wieder ein bisschen wirr im Kopf.
    Ein Verkäufer kam und fragte, ob er mir helfen könnte.
    »Ich hätte gern eine Tube schnurrbartrosa Ölfarbe«, sagte ich.
    »Schnurrbartrosa?«, fragte er. »Bist du sicher, dass das der richtige Name ist?«
    »Ganz sicher«, antwortete ich. »Und zwar, weil meine Großtante Rosa einen Schnurrbart hat. Aber nur einen kleinen. Man muss sie von der Seite ansehen, dann sieht man ihn am besten. Daran habe ich mir das gemerkt – die Farbe hat mit den Haaren meiner Großtante zu tun.«
    Mitchell trat hinter mich und flüsterte mir etwas ins Ohr.
    »Ach«, sagte ich. »Geben Sie mir lieber eine Tube Permanentrosa.«
    Der Verkäufer holte die Farbe und wir gingen zur Kasse. Und dort, auf dem Tresen, stand ein wundervoller großer Holzkasten mit vielen kleinen Fächern. LUXUS-KÜNSTLERBOX, stand auf dem Schild.
     

     
    »Schau mal, Mitchell!«, sagte ich. »Das ist wie eine kleine Wohnanlage für Farben und Pinsel und so was. Meine Mom bewahrt ihren Kram in alten Keksdosen auf. Und mein Bruder wühlt immer darin herum … der Kasten hier hat ein Schloss. Das würde ihr wirklich gefallen. Es würde ihr so sehr gefallen, dass sie gar nicht eifersüchtig wäre, weil ich Dad bei seinem Buch helfe.«
    Auf dem Preisschild stand zwanzig Dollar. Ich wühlte in meinen Taschen und kam auf fünfundfünfzig Cent. Der Verkäufer gab mir das Wechselgeld. Drei Dollar und elf Cent. Vermutlich würde Mom mir dieses Geld für so ein schönes Geschenk gern leihen.
    »Hast du noch ein bisschen Geld?«, fragte ich Mitchell.
    »Nix da«, sagte er. »Ich spare auf einen neuen Schläger, schon vergessen?«
    Ich starrte ihn an.
    Mitchell schlug die Arme vors Gesicht und taumelte rückwärts. »Nein«, stöhnte er. »Nicht den Stachelrochenblick! Alles, nur das nicht!«
    Mein Stachelrochenblick ist ungeheuer mächtig. Ich setze ihn nur in Notfällen ein. Jetzt drehte ich ihn voll auf.
    »Aaauuuurrrrrgggghhhh! Ich gebe auf!«, schrie Mitchell. Er zog sein Geld hervor, die zwei Dollarscheine meiner Mutter und dazu zwei nagelneue. Margrets und Mitchells Mutter arbeitet in einer Bank und wechselt alle ihre Dollarscheine in saubere, noch nie ausgegebene ein, damit Margret sich keine Sorgen wegen der Bazillen machen muss.
    Jetzt hatte ich sieben Dollar und sechsundsechzig Cent. »Margret«, schrie ich. »Komm bitte mal her!«
    Margret kam auf uns zu und schaute mich misstrauisch an.
    »Wie viel Geld hast du?«,
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