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Sigi Wulle und die Bankräuber

Sigi Wulle und die Bankräuber

Titel: Sigi Wulle und die Bankräuber
Autoren: Heinrich Kraus
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Kapitel 1
    Immer stänkern sie über die heutige Jugend; doch wir durchschauen ihre Erziehung und sind nicht so blöd, darauf hereinzufallen, obwohl sie es mit allen Tricks probieren. Zur Zeit versuchen sie, uns mit antiautoritärer Psychologie herumzukriegen. Das bedeutet: nicht mehr den Hintern versohlen, wenn wir einen Streich gespielt haben, sondern auf andere Art quälen, zum Beispiel mit einem grimmigen Gesicht und indem man uns umständlich erklärt, warum man keine Streiche spielen darf, was schrecklich langweilig ist, weil wir es ohnehin wissen. Mit dieser Psychologie wollen sie aber nur Kassierer, Anstreicher, Manager und sogar Lehrer aus uns machen, und keine Tarzane, Indianerhäuptlinge oder Cowboys, was wir gern werden möchten, und das ist gemein. Überhaupt sollten sie besser aufhören, über die heutige Jugend zu schimpfen, da die heutigen Erwachsenen viel schlimmer sind. Man braucht nur die Zeitung aufzuschlagen, um es zu beweisen und zu zeigen, was sie anstellen. Ein heutiges Kind würde sich so etwas nie getrauen.
    Ich bin zwar kein Kind, sondern ein Junge und bereits zwölf Jahre alt, aber leider der kleinste meiner Klasse, wenn wir keine Ferien haben. Doch ich bin keineswegs der schwächste. Ich heiße Sigi Wulle und werde in der Schule hur der „Rote Sigi“ genannt, weil meine Haare wie Feuer sind und mein Gesicht voller Sommersprossen ist, und eine Stupsnase und zwei grüne Augen sind auch darin und zwei vorstehende Zähne; ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt. Jetzt wohne ich bei Tante Berta, meiner Patin, was bedeutet, daß sie mich bei der Taufe über das Becken halten durfte. Für diesen Spaß muß sie mir zu Ostern und Neujahr etwas schenken.

    Sie ist ungeheuer fett. Die dicksten Stellen sind vorn oben und hinten unten. Ihr Ehemann ist Onkel Edilein. Er heißt Brummer und ist dünn und weiß wie ein Engerling. Es scheint ihm nicht zu gefallen, daß ich meine Patin besuche, weil sie ihm sein Hobby verboten hat, solange ich mich bei ihnen aufhalte. Er ist nämlich Privatdetektiv und will Verbrecher jagen. So hofft er, daß ich bald nach Hause zurückkehre, auch weil ich ihm viele Streiche spiele und gestern seine Lesebrille in den Kaffee warf, worauf er sie überall vergeblich suchte, obwohl er ein Detektiv sein will, und sie erst in der Kanne fand, als wir gefrühstückt hatten.
    Ich gab nichts zu, und Onkel Edilein versuchte mit vielen Tricks, ein Geständnis aus mir herauszulocken. Er holte sogar einen Bettklopfer hervor und drohte, mich damit zu schwarten. Aber es nützte nichts. Da sagte meine Patin, daß ich entweder mal ein hartgesottener Gangster werde oder ein noch raffinierterer Detektiv. Ich weiß noch nicht, wofür ich mich entscheiden werde. Eine Berufswahl ist eine schwierige Angelegenheit, genau wie das Heiraten, weil man lebenslänglich gestraft ist, wenn man eine fette Frau besitzt oder einen Chef hat, der immer nur herummeckert, wie die Erwachsenen mit ihren Kindern meckern, so daß man nie richtig erwachsen wird und stets gehorchen muß wie ein Depp.
    Heute habe ich keine Lesebrille versteckt, sondern meiner Patin einen toten Frosch in den Pantoffel geschoben, weil Frauen so schrill schreien, wenn sie den Fuß hineinstecken wollen und dann merken, daß ein toter Frosch den Platz versperrt. Sie hat auch wirklich fürchterlich geplärrt, ungefähr wie eine Feuersirene, und war böse mit mir, obwohl ich meine Unschuld beteuerte.
    ,,Mach kein Theater!“ sagte Onkel Edilein. „Morgen verschwindet der Bengel.“
    „Hast du telefoniert?“ fragte meine Patin.
    „Ja, Bertalein“, brummte er.
    „Was haben sie gesagt?“
    „Sie haben gelacht.“
    Ich weiß, warum meine Eltern gelacht haben. Meine Patin hatte nämlich immer gemeint, es sei eine Schande, daß sie mir es nicht abgewöhnen können, solche Streiche zu spielen. Sie wüßte schon, wie man das macht, und würde es gern einmal an mir ausprobieren.
    Onkel Edilein hatte heftig genickt, worauf sie mich zu diesem Besuch in ihrer Villa einluden. Unten wohnt eine andere Familie mit drei Mädchen und einem Jungen.
    Mit dem darf ich nicht mehr spielen. Schon am ersten Tag hat er angefangen, weil er glaubte, stärker zu sein. Dabei ist er nur länger. Erschubste mich mit der Schulter, obwohl ich ihn darauf hinwies, daß ich gefährlich bin.

    „Hast du rostige Borsten?“ fragte er und zerrte an meinen Haaren.
    „Mein Kopf ist jedenfalls aus Eisen!“ fauchte ich und boxte zurück. „Daran wirst du dir die Griffel
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