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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa
Autoren: Jude Deveraux
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stürzte. Das dumme Pferd scheute, so daß Clarissa abermals stolperte, ehe sie sich aufzurichten vermochte.
    »Nun, wenn du jetzt soweit bist«, sagte Raine mit schimmernden blauen Augen und dieser köstlichen Stimme, die sie durchrieselte wie geschmolzener Honig, »können wir vielleicht etwas über dich erfahren. «
    »Das ist alles, was Ihr über mich wissen müßt, Edelmann! « zischelte sie, während sie das Messer aus der Scheide an ihrer Seite zog und damit auf ihn zielte, angewidert von seiner unbekümmerten Anmaßung, daß sie nichts bedeutete, während er eine Gottesgabe für die Erde war.
    Völlig überrascht von der Feindseligkeit des Jungen, war Raine nicht auf den scharfen kleinen Dolch gefaßt, der nun auf ihn zuschoß, und er fand kaum noch Zeit, ihm auszuweichen, ehe er in sein Fleisch schnitt — nicht ins Herz, wohin er zielte, jedoch in den Arm dicht unter der Schulter.
    Fassungslos über ihre Tat blieb Clarissa stehen, den Blick auf das Blut geheftet, das langsam aus der Wunde am nackten Arm des Mannes sickerte. Noch nie in ihrem Leben hatte sie einem Menschen wehgetan.
    Doch ihr bleib nicht viel Zeit, über ihre impulsive Tat nachzudenken, denn ehe sie zu einer Entschuldigung ansetzen oder sogar mit einem Auge zwinkern konnte, hatte Raine Montgomery sie bereits bei ihrem Hosenboden und am Kragen gepackt und warf sie mit dem Kopf nach unten quer über den Waldboden. Sie hätte ihn nicht mit gaffendem Mund ansehen sollen, denn ihre unteren Schneidezähne wirkten wie eine Schaufel und stopften ihr schöffelweise Blätter, Schmutz und was sich sonst noch für Unrat auf dem federnden Boden befinden mochte, in den Mund.
    »Was nun, du kleiner Teufel! « sagte Raine von einer Stelle hinter ihr.
    Sie setzte sich auf, benützte beide Hände dazu, um sich mit fieberhafter Hast von dem Zeug zu befreien, das ihr die Luft abschnürte, rieb sich mit dem Ellenbogen das schmerzende linke Bein und sah ihn am Ende einer Rutschbahn stehen, die eine beträchtliche Länge zu haben schien. Ihr Körper hatte eine tiefe Rinne im Boden freigelegt, und was sie am Ende der Rinne sah, fachte ihren Zorn von neuem an. Raine Montgomery, dieser verabscheuungswürdige Edelmann, war von einer Schar verlotterter Männer und Frauen umgeben, die ihr lachend die verfaulten schwarzen Zähne zeigten und sich an ihrem Elend ergötzten. Raine selbst lachte noch dröhnender als alle anderen, und der Anblick seiner tiefen langen Grübchen in seinen Wangen, die seine Heiterkeit noch unterstrichen, dämpften ihren Zorn keineswegs.
    »Nimm dich zusammen«, sagte eine Stimme neben ihr; der Mann, der sie hergebracht hatte, während er ihr beim Aufste-hen half. »Halte deinen Mund, oder es könnte einen Rausschmiß für immer bedeuten. «
    Clarissa wollte etwas sagen, mußte jedoch erst einen Zweig entfernen, der sich zwischen Gaumen und Wange festgeklemmt hatte, und verpaßte ihre Chance.
    Der Mann nützte die Gelegenheit, um Raine anzusprechen, während er seine Finger warnend in Clarissas Arm bohrte und die Stimme fast zu einem Brüllen erhob, damit er sich gegen das rauhe Gelächter durchzusetzen vermochte: »Mein Lord, bitte vergebt diesem Knaben. Erst gestern ermordete ein Edelmann seinen Vater und brannte sein Haus nieder. Er hat Grund für seinen Haß, und ich fürchte, er dehnt sich auf alle Männer Eurer Gesellschaftsschicht aus. «
    Sofort wurde Raine nüchtern und betrachtete Clarissa mitleidig, was sie veranlaßte, schmollend zur Seite zu sehen. Sie wollte nicht von ihm bedauert werden.
    »Was für ein Edelmann hat das getan? « fragte Raine mit besorgter Stimme.
    »Der Sohn des Grafen von Waldenham. «
    Raine spuckte verächtlich aus, während sich sein Gesicht verzerrte und seine hübschen Lippen sich zu einem Fauchen verzogen. »Pagnell«, sagte er mit einer Stimme, die seine Abscheu verriet. »Der Mann verdient nicht den Titel eines Mannes oder Adeligen. Komm mit mir, Junge, und ich werde dir beweisen, daß wir nicht alle aus solchem Stoff gemacht sind. Ich brauche einen Knappen, und ich denke, du eignest dich gut für den Posten. «
    Mit zwei Schritten war er neben ihr und legte ihr den Arm freundschaftlich um die Schultern.
    »Faßt mich nicht an«, keuchte sie und sprang von ihm weg. »Ich brauche weder Euer Mitleid noch den bequemen Job, Euch süße Kuchen zu servieren. Ich bin… ein Mann und kann mich selbst behaupten. Ich werde arbeiten und meinen Lebensunterhalt verdienen. «
    »Süße Kuchen, wie? « sagte Raine,
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