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Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Titel: Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis
Autoren: Christopher Ross
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vielfaches Echo über den Wäldern hängen blieb. Selbst der Wind kapitulierte vor dem geheimnisvollen Wolf und hielt für einen Moment den Atem an.
    In der Stille, so tief und vollkommen, dass sie sogar ihren eigenen Atem hören konnte, waren die Schritte des Wolfs schon von Weitem zu hören. Wie ein Totemtier der Indianer trat er zwischen den Bäumen hervor, selbstsicher, kraftvoll und mit den leuchtenden Augen eines Wesens, das die Welt besser verstand als jeder Zweibeiner. Bones … Knochen. Wegen seiner hageren Erscheinung hatte sie ihn so getauft. Bei ihrer ersten Begegnung, als er humpelnd auf die Lichtung gekommen war und sie seine Wunde verarztet hatte, war ihr sofort klar gewesen, einen besonderen Wolf vor sich zu haben. Doch niemals hätte sie sich träumen lassen, dass er zu ihrem Schutzgeist werden würde, einem Geisterwolf, der ihr Tausende von Meilen durch den halben Kontinent gefolgt war, ihr schon so manches Mal das Leben gerettet hatte und es sogar fertigbrachte, ein ganzes Rudel um sich zu scharen, wenn sie in Gefahr war. Nur verlassen konnte sie sich auf ihn nicht, denn wenn es ihm einfiel, blieb er sogar monatelang weg. Dann sah es so aus, als wollte er dem Schicksal nicht in die Quere kommen und neugierig dabei zusehen, wie sie allein mit einer Herausforderung fertig wurde.
    Bones kam langsam näher und blieb in angemessener Entfernung stehen. Seine Augen leuchteten in der Dunkelheit, zwei gelbe Punkte, die sie manchmal zu durchbohren schienen. Er sprach nicht wie die Schutzgeister der Indianer oder die Wölfe in den Märchen, sondern zeigte ihr allein durch seine Bewegungen und Gesten, was er ihr mitteilen wollte. Diesmal wollte er sie warnen. Seine gelben Augen glichen schmalen Schlitzen, seine Ohren waren aufgestellt, und sein Schweif stand vom Körper ab, als hätte er einen mächtigen Grizzly entdeckt, der selbst ihm zum Verhängnis werden konnte. Er mahnte sie zur Vorsicht, warnte sie vor einer Gefahr, ohne ihr andeuten zu können, um was es ging. Sein leises Knurren ließ das Schlimmste vermuten.
    »Nicht Alex«, flüsterte sie, »bitte nicht Alex! Er muss wieder ganz gesund werden … Er muss! Lass es irgendwas anderes sein, ein Blizzard, ein Unfall, bei dem ich mir das Bein breche, finanzielle Schwierigkeiten … Alles, nur nicht Alex! Er hat genug durchgemacht … Ich liebe ihn.«
    Bones zeigte mit keiner Regung, ob er sie verstanden hatte. Lautlos entfernte er sich von ihr und verschwand zwischen den Bäumen. Nicht einmal Spuren hinterließ er im Schnee. Als wäre er nie da gewesen.
    Sie schreckte aus dem Schlaf und starrte verwirrt in die Dunkelheit. Verstört stellte sie fest, dass sie nicht im Wald auf ihrem Schlitten stand, sondern in ihrem Bett in der Pension lag. Es war beinahe so still wie in ihrem Traum, nur der Ofen bullerte leise vor sich hin. Sie stand auf und ging zum Fenster, aber auch dort war der Wolf nicht zu sehen. Die Hauptstraße lag einsam unter dem nächtlichen Himmel. Im Licht, das aus den Fenstern des Krankenhauses fiel, war nicht der geringste Schatten auszumachen.
    Trotz der kalten Luft, die durch das einfache Fenster zu spüren war, blieb sie minutenlang stehen. »Bones«, flüsterte sie, »warst du wirklich hier?« Sie zweifelte manchmal selbst daran, ob es den Wolf wirklich gab oder ob er nur in ihrer Fantasie existierte, wie Alex manchmal behauptete. »Zwischen Träumen und der Wirklichkeit gibt es keinen Unterschied«, hatte ihr mal ein indianischer Medizinmann gesagt, »beide sind wahr. Deinem Schutzgeist kannst du überall begegnen, und er wird immer bei dir gewesen sein, auch wenn die meisten Weißen an solchen Begegnungen zweifeln. Du hast eine indianische Seele. Höre auf deinen Schutzgeist!«
    Sie kehrte in ihr Bett zurück, fand aber in dieser Nacht kaum noch Schlaf. Zu sehr beschäftigte sie die Begegnung mit dem geheimnisvollen Wolf. Ihre Angst, seine Warnung könnte Alex gegolten haben, machte sie nervös und ließ sie sogar daran zweifeln, ob es eine gute Idee gewesen war, ihn zu Dr. Blanchard nach Seward zu bringen. Vielleicht war die Operation doch nicht so reibungslos verlaufen, wie er behauptet hatte, und es würde außer den Kopfschmerzen und Stimmungsschwankungen noch andere Nachwirkungen geben. Würde er wirklich wieder gesund werden?
    Die nächsten Tage vertrieben ihre Zweifel. Schon bei ihrem Besuch nach dem Frühstück zeigte sich Alex so erholt und gut gelaunt, dass ein Rückfall beinahe ausgeschlossen schien. Dr. Blanchard strahlte
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