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Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Titel: Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis
Autoren: Christopher Ross
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sofort auf, doch als ich den Direktor der Schule sprechen wollte, hatte man mein Kind schon begraben.«
    »Das tut mir leid«, erwiderte Clarissa. »Aber musstest du …«
    »Ich habe keine Kinder umgebracht!«, fuhr Dezba ihr über den Mund. Das Baby in ihren Armen hatte sich etwas beruhigt. »Ich stahl das Baby einer Indianerin, weil ich wütend und verblendet war, und es starb, weil es krank war und die Kräuter, die ich ihm gab, nicht wirkten. Ich begrub das Kind und verließ meinen Stamm, geisterte als Hexe durch die Wildnis, um nicht für etwas getötet zu werden, an dem ich keine Schuld trug. Dann hatte ich diesen Traum von einer weißen Frau, die mir eine Tochter schenken würde … im Austausch für die Tochter, die mir die Weißen genommen hatten. Es tut mir leid, dass ich dir Angst eingejagt habe, weiße Frau. Ich wollte doch nur …«
    Eine Weile hörte man nur das leise Schluchzen der Indianerin, dann sagte Clarissa: »Ich glaube dir, Dezba.« Sie nahm ihr das Baby aus den Armen, drückte es an sich und spürte seine samtweiche Haut und seine feuchten Lippen an ihrer Wange. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl, das sie wie ein Geschenk des Himmels empfand. »Emily!«, flüsterte sie. »Meine kleine Emily!«
    An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Was wirst du jetzt tun?«
    Dezba blickte sie aus leeren Augen an. Sie zögerte eine Weile mit der Antwort. »Ich werde nach Norden gehen. Die Hexe begraben und irgendwo ein neues Leben anfangen. Die Geister um Verzeihung für meine Taten bitten. Im Norden wartet eine neue Zukunft, heißt es in unseren Geschichten.«
    Clarissa öffnete die Tür. »Leb wohl, Dezba.«

38
    Angus Meriwether kicherte verlegen, als sie ihm das in Decken gewickelte Baby reichte, um ihre Schneeschuhe anschnallen zu können. »So ein schönes Mädchen hab ich schon lange nicht mehr gesehen«, sagte er. Mit dem Zeigefinger stupste er vorsichtig seine Nase an. »Hey … die kann sogar schon lachen! Wer bei der Kälte noch lachen kann, muss ein echtes Winterkind sein.«
    »Oder einen Mann wie Alex zum Vater haben«, erwiderte sie. Nachdem die Anspannung langsam von ihr abfiel, konnte auch sie wieder fröhlich sein, wenn auch nur für ein paar Sekunden. »Wie soll ich die Kleine hier draußen bloß versorgen, Angus? Und wie komme ich nach Hause, ohne Thomas Whittler und seinen Männern in die Arme zu laufen?« Sie blickte Emily an, die tatsächlich zu lachen schien, gleich darauf aber heftig zu weinen begann.
    Der Oldtimer führte sie zum Pfad zurück. »Ich bringe Sie ins Indianerdorf. Dort gibt es alles, was Sie für Ihr Baby brauchen.« Er grinste. »Und ich hab einen Vorwand, um mal wieder bei Ashana vorbeizuschauen. Es wird, glaube ich, höchste Zeit, dass ich ihr einen Antrag mache, sonst schnappt sie mir noch einer der jungen Männer weg. Sie ist zwanzig Jahre jünger als ich, wissen Sie? Aber ich sag immer, es kommt auf die inneren Werte und darauf an, wie viele Elche ein Mann nach Hause bringt, wenn er auf der Jagd war.«
    Sie ließen sich Zeit mit dem Abstieg, und Angus half ihr vor allem in den steilen Kurven, damit sie nicht mit dem Baby stürzte. Der Mond und die Sterne verbreiteten genug Licht. Nur das Nordlicht hielt sich merklich zurück, flackerte in zarten grünen Mustern über den Himmel und schien mit dem Mondlicht zu verschmelzen. Es war kälter geworden. Sie hielt ihr Baby dicht am Körper, achtete darauf, dass sein Gesicht nicht dem eisigen Wind ausgesetzt war, und sprach ihm beruhigend zu: »Bald haben wir es geschafft, Emily! Und dann fahren wir nach Hause. Was meinst du, wie sich dein Daddy freut, wenn wir gesund und munter zurückkehren! Halt durch, mein Kleines!«
    Unten angekommen, bereitete sie dem Baby ein warmes Lager auf der Ladefläche und band es mit Lederriemen auf dem Schlitten fest. Im gemächlichen Tempo, damit das Baby nicht durchgeschüttelt wurde, folgte sie dem Oldtimer, der wieder die Führung übernommen hatte. »Nicht so schnell«, rief sie ihrem Leithund zu, »wir haben ein Baby an Bord! Im Indianerdorf könnt ihr es euch ansehen. Und dass ihr mir nicht zu laut bellt, habt ihr gehört?«
    Sie fuhren über eine weite Ebene und hatten Glück, dass der Wind inzwischen stark nachgelassen hatte und sie sich auf den Kufen ausruhen konnten. »Ist nicht weit!«, rief der Oldtimer. »Eine Stunde … höchstens … und meine neuen Verwandten sind nette Leute, die haben nichts gegen Weiße, solange sie ihnen nicht das Land wegnehmen. So weit im
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