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Clara

Clara

Titel: Clara
Autoren: Michael Koller
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Übrig blieb nur eine
Hülle, die über den ausgerollten Teppich schwebte und schließlich im
Blitzlichtgewitter verschwand. Übrig blieb nichts weiter als Verachtung.
    All diese
Überlegungen blieben jenen muskelbepackten Billiganzugträgern erspart, die nach
dem Einzug der Götter in den Olymp an der Pforte ihre Witze rissen und das
unprivilegierte Volk, zu dem sie schon morgen selbst wieder zählen würden, aufs
Derbste abwiesen. Ja, das römische Reich war nie machtvoller. Und der Plan, der
sich alldem entgegenstellen würde.

 
    4

 
    Der Advent
war inzwischen angebrochen, und meine Wochenendfahrten nach Wien waren zur
Routine geworden. Meine gut getarnten Besuche vor dem Anwesen der Familie
Bergmann in Döbling , meine Beobachtungen ihrer
glamourösen Auftritte. Die vollständige Ausstattung meines kleinen Domizils am
Waldesrand war beinahe abgeschlossen. Nun benötigte ich nur noch ein kleines,
aber entscheidendes Werkzeug. Zu diesem Zweck fuhr ich ins nahe gelegene
Tschechien. Ich fuhr nach Tschechisch-Mürren , stellte
meinen Wagen im Zentrum ab und kaufte in einem großen Textilgeschäft einige
Sachen vom Wühltisch ein. Billige Bekleidung für Sie und Ihn. Nachdem ich mich
auch in einer Apotheke eingedeckt hatte, machte ich mich zu Fuß auf den Weg in
die Außenbezirke. Die Mauern wurden grauer, das Licht düsterer, die Luft
schwerer. Das Ghetto hatte seine eigenen Farben und Gerüche. Stets trist, stets
dunkel, stets vergiftet. Ich ging zu einer Adresse, die ich im Web recherchiert
hatte. Eine Adresse im Souterrain eines mit Gerümpel völlig verstellten
Hinterhofs. Hier konnte man es mit der Angst zu tun bekommen. Doch ich hatte
schon lange aufgehört, irgendetwas zu fühlen, was nicht unmittelbar mit Wut,
Zorn oder Hass zusammenhing. Für Angst war kein Platz mehr in meinem Leben.
Denn Angst setzte in letzter Konsequenz Hoffnung voraus. Und die gab es nicht.
Nicht für mich. Nicht, seitdem sie gegangen war. Es gab nichts mehr zu
verlieren. Ich stieg die schmutzigen Stufen hinab und drückte auf die Klingel.
Nichts passierte. Ich klingelte nochmals. Nichts. Ich machte wieder kehrt, als
mit einem Mal die schäbige Tür zu knarren begann und eine kleine, zierliche
asiatisch aussehende Frau aus dem Spalt lugte. Eine fremde Sprache kam über
ihre Lippen. Weniger an mich, als an jemand anderen hinter ihr im Raum
gerichtet. Mit einem Ruck wurde die Tür aufgestoßen, und ein wenig einladend
wirkender Vietnamese starrte mich feindselig an.
    »Was willst
du hier ?« , fragte er herausfordernd. Sein Deutsch war
passabel. Ich überlegte kurz, wie ich die Sache am besten angehen sollte und
entschied mich dann für die Offensive.
    »Eine
Waffe«, war meine Antwort. Er zog die Augenbrauen hoch, schätzte mich nochmals
kurz ab und bat mich schließlich einzutreten. Eigentlich hatte ich erwartet,
dass er sich unwissend stellen würde. Solange bis er sich versichert hatte,
dass ich kein Spitzel oder Verräter war. Er erkannte meine Überraschung, als er
mir einen Stuhl in der Küche zuwies.
    »Du bist
Ausländer. Polizei erkenne ich sofort .« Er hielt sich
nicht mit langen Vorreden auf. Ich hatte gehört, dass es sehr einfach wäre,
hier eine Waffe zu einem guten Preis zu erhalten. Ohne Fragen. Aber das
verblüffte mich nun doch.
    »Welches
Fabrikat ?« , wollte er wissen.
    »Pi 80, samt
Munition«, war meine knappe Auskunft. Ich war während meines Militärdienstes
auf dieser sehr gebräuchlichen Pistole ausgebildet worden. Sie lag gut in der
Hand, hatte starke Wirkung und konnte leicht verborgen werden. Der Vietnamese
sagte etwas zu der kleinen Frau, die im Vorzimmer gewartet hatte und nun die
Wohnung verließ. Ich sah ihn fragend an. Holte sie etwa Verstärkung? Wieder
schien er meine Gedanken zu lesen.
    »Sie holt
die Pistole. Oder glaubst du, ich habe die Ware hier herumliegen ?«
    Ich sah mich
etwas um und fragte mich, wie viel er wohl verlangen würde. Und wie viel bei
dem Deal für ihn übrig blieb. Angesichts dieser schäbigen Behausung konnte das
nicht gerade üppig sein. Legal oder illegal. Es war stets das Gleiche. Die
Kleinen standen bis zum Hals mit drinnen. Und die Bosse sahnten ab, ohne auch
nur einen Finger krumm zu machen. Konzernchefs oder Mafiosi. Wo lag da schon
der Unterschied? Die Frau kam zurück und legte einen Schuhkarton vor ihren
Gebieter. Er nahm die schwarze Waffe raus und schob sie mir zu. Die Patronen
behielt er bei sich. Um etwas professionell zu wirken, nahm ich kurz das
Magazin ab
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