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Ciao Papa

Ciao Papa

Titel: Ciao Papa
Autoren: Juan Damonte
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guten Abend. Der Kleine Italo stieg hastig aus dem Wagen. Dieser hüpfte, als er um die neunzig Kilo bei einem Meter neunzig erleichtert wurde. Der Kleine Italo hatte das Lächeln, die blauen Augen und die gebrochene Nase der De Mare, die alle angefressene Boxer waren. Er umarmte mich. Ich gab ihm den rituellen Klaps. Dann trat ich ein wenig zurück, um ihn mir von Kopf bis Fuß anzusehen.
    »A faccia sore te!«, sagte ich. »Sembri proprio un maiale, Tinturato!«
    Der Kleine Italo, der etwa zweiundzwanzig war, lachte, hob das Kinn und schaute mir in die Augen. Dann ließ er seine Brust anschwellen und öffnete die Arme. Er trug eine haifischblaue Jacke, unter der ich am Ansatz seines beginnenden Bäuchleins eine 45er erkannte. Das Fischgesicht nahm so etwas wie eine militärische Haltung an.
    »Ich geh dann mal, mein Junge«, sagte der Kleine zu mir.
    Er umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. Dann löste er sich von mir, ließ aber seine rechte Hand auf meiner Schulter liegen, streckte seinen Arm aus und fixierte mich nochmals mit den Augen. Ich senkte den Blick und legte meine Hand auf seine Schulter.
    »Grüß deine Mutter von mir und sei gut zu ihr«, sagte er, während er ins Auto stieg, ohne mich anzublicken.
    Ich umarmte den Kleinen Italo, schüttelte dem Fisch die Hand, wünschte ihm einen guten Abend und blieb auf dem Bürgersteig stehen. Es wurde kälter. Der Kleine Italo setzte sich ans Steuer, das Fischgesicht nahm hinten rechts Platz und der Kleine schob sich neben den Kleinen Italo. Hinten zu sitzen machte ihn nervös.
    Ich ging über die Straße und auf mein Haus zu, als ich sah, dass sich eine Polizeistreife näherte. Ich blickte sie nicht an, blieb aber im Türrahmen stehen. Der Kleine Italo ließ sie vorbeifahren, bevor er den ersten Gang einlegte und langsam davonfuhr.
    Ich tauchte in den dunklen Flur ein, ohne das Licht anzumachen. Ich war schon fast beim Lift angekommen, als ich bemerkte, wie sich jemand bewegte. Als ob nichts wäre, drehte ich mich um und erkannte die Glatze von Antonio, dem Pförtner. Sie reflektierte die Lichtstrahlen, die von der Straße hereindrangen. Ich machte das Licht an.
    »Habe ich Sie erschreckt, Señor Tomassini?«, fragte Antonio.
    Ich erkannte den starken, süßlichen Geruch seines Parfüms. Er trug schwarze Tanzschuhe und hielt eine in Packpapier gehüllte Flasche in der Hand.
    »Freunde erschrecken mich nie, Antonio«, log ich mit der süßesten Stimme.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Señor Tomassini«, sagte er mit einem netten Lächeln auf den Lippen und überreichte mir die Flasche.
    »Aber Antonio … das ist doch nicht nötig.«
    Ohne zu antworten, drehte er sich mit der Beweglichkeit eines Jotatänzers um hundertachtzig Grad, öffnete seine Wohnungstür, drehte sich noch einmal um sich selbst, setzte ein Lächeln auf, verschwand in der Wohnung und schloss lautlos die Tür hinter sich. Antonio war ein guter Freund. Er war einer der drei Menschen, die mich besuchten, als ich im Knast war. Er hatte mir mal eine Menge Geld geliehen, weil ich seinen kleinen Freund, einen Elektriker, für einige Wochen bei mir versteckt hatte. Nachdem seine Frau die beiden überrascht hatte, als sie sich im Patio küssten, heuerte sie ein paar miese Schlägertypen an, um Antonio einen Denkzettel zu verpassen. Ich erzählte dem Kleinen davon, und der sorgte dafür, dass die Typen ihrerseits eine Abreibung erhielten und die gute Frau einen tüchtigen Schreck bekam. Damit hatte es sich. Antonio hatte die gleichen Augen wie meine Mutter und war mit der dicksten, hässlichsten und dreckigsten Frau von ganz Südamerika verheiratet.
    Ich befand mich noch im Lift, als das Telefon klingelte. Ich ließ mich nicht beunruhigen. Da ich seit einigen Monaten Drohanrufe erhielt, nahm ich nach zehn Uhr den Hörer nie ab: »Wir lassen dich auffliegen, Kleiner, weil du ein Dreckschwein bist.«
    »Weißt du was? Wir haben deine Frau und wir vögeln sie.«
    »Stell dich ans Fenster und schau zu, wie wir deinem kleinen Bruder den Arsch aufreißen.«
    Brave Jungs.
    Ich betrat die Wohnung, riss das Telefonkabel aus der Wand, nahm eine Schlaftablette und ging auf die Toilette.
    Koks mit Champagner verursacht Dünnschiss, wenn man nicht richtig isst. Ich schlief im Sitzen auf dem WC ein. Das war mir seit damals, als ich die Oberstufe besuchte, nicht mehr passiert.
    Als ich aufwachte, wusste ich nicht, ob ich noch ein Barbiturat schlucken oder eher ein paar Whiskys kippen sollte,
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