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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Autoren: Tim Weiner
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verschwinden zu lassen. Am 6.März 1945 wurden sie vom Vereinigten Generalstab der Streitkräfte in aller Form ad acta gelegt.
    Die Stabschefs wollten einen neuen Spionagedienst im Auftrag des Pentagons, nicht des Präsidenten. Was ihnen vorschwebte, war ein Nachrichtenzentrum, in dem Colonels und Bürofachkräfte gemeinsam die von Militärattachés, Diplomaten und Spionen gesammelten Informationen für die Vier-Sterne-Generäle sichten sollten. Damals begann ein Kampf um die Kontrolle der amerikanischen Auslandsaufklärung, der sich über drei Generationen hinzog.
    »Etwas extrem Gefährliches«
    Das OSS genoss wenig Ansehen im Inland und noch weniger im Pentagon. Von den Meldungen, die man aus Japan und Deutschland auffing, wurden die wichtigsten der Organisation vorenthalten. Ranghohe US-Offiziere waren der Ansicht, ein unabhängiger ziviler Nachrichtendienst unter Führung von Donovan mit direktem Draht zum Präsidenten wäre, wie es Major General Clayton Bissell, der stellvertretende Stabschef für den militärischen Nachrichtendienst, formulierte, »in einer Demokratie etwas extrem Gefährliches«.
    Die meisten dieser Männer hatten selber gerade Pearl Harbor verschlafen. Schon geraume Zeit vor dem Morgengrauen des 7.Dezember 1941 hatten die amerikanischen Militärs ein paar Geheimcodes der Japaner geknackt. Sie wussten, dass ein Angriff möglich war, aber sie konnten sich nicht vorstellen, dass Japan ein so gewagtes Spiel spielen würde. Der Code war zu geheim, um ihn den Kommandeuren an der Front mitteilen zu können. Rivalitäten innerhalb des Militärs führten dazu, dass die Informationen gesplittet, gehortet und auf verschiedene Stellen verteilt wurden. Da niemand alle Teile des Puzzles in der Hand hielt, hatte auch niemand einen Überblick über das große Ganze. Erst nach Kriegsende ging der Kongress der Frage nach, wie das Land so hatte überrascht werden können, und erst dann wurde klar, dass es eine neue Form der Selbstverteidigung brauchte.
    Vor Pearl Harbor passten die Informationen, die die USA über große Teile des Erdballs besaßen, in ein paar Aktenschränke des Außenministeriums. Ihre einzigen Informationsquellen waren ein paar Dutzend Botschafter und Militärattachés. Im Frühjahr 1945 wussten die Vereinigten Staaten so gut wie nichts über die Sowjetunion und nur wenig mehr über die restliche Welt.
    Der Einzige, der Donovans Traum von einem vorausschauenden, allmächtigen amerikanischen Nachrichtendienst ins Leben rufen konnte, war Franklin Roosevelt. Als dieser am 12.April 1945 starb, sah Donovan für die Zukunft schwarz. Nachdem er die halbe Nacht wachgesessen und gegrübelt hatte, ging er morgens hinunter ins Parterre des Hotel Ritz, seiner Lieblingsunterkunft im befreiten Paris, und frühstückte in düsterer Stimmung mit William J. Casey, damals OSS-Offizier und später CIA-Direktor.
    »Was bedeutet das nach Ihrer Meinung für die Organisation?«, fragte Casey.
    »Ich fürchte, das könnte ihr Ende sein«, sagte Donovan.
    Am selben Tag übergab Colonel Park dem neuen Präsidenten seinen Geheimbericht über das OSS. Dieser Bericht, der erst nach dem Ende des Kalten Krieges vollständig freigegeben wurde, war eine politische Mordwaffe, geschmiedet vom Militär und geschärft von J. Edgar Hoover, FBI-Direktor seit 1924; Hoover hatte für Donovan nur Verachtung übrig und hegte eigene ehrgeizige Pläne bezüglich der Führung eines weltweit operierenden Nachrichtendienstes. Parks Bericht machte der Hoffnung, dass das OSS als Teil der amerikanischen Regierung überleben könnte, ein Ende, brachte die Hülle der romantischen Mythen, mit denen Donovan seine Spione zu schützen suchte, zum Platzen und weckte in Harry Truman ein bleibendes tiefes Misstrauen gegen Operationen eines geheimen Nachrichtendienstes. Das OSS habe, so der Bericht, »den Bürgern sowie den wirtschaftlichen und nationalen Interessen der Vereinigten Staaten schweren Schaden zugefügt«.
    Park ließ nicht einen einzigen wichtigen Fall gelten, in dem das OSS geholfen hatte, den Krieg zu gewinnen; stattdessen zählte er erbarmungslos alles auf, was es falsch gemacht hatte. Die Schulung der Mitarbeiter sei »primitiv und schlampig organisiert« gewesen. Britische Geheimdienstchefs hätten die amerikanischen Spione »wie Wachs in ihren Händen« behandelt. In China habe der Nationalistenführer Tschiang Kai-schek das OSS in seinem Sinne manipuliert. Deutsche Spione hätten in ganz Europa und Nordafrika OSS-Operationen
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