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Chucks Welt

Chucks Welt

Titel: Chucks Welt
Autoren: Aaron Karo
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Mom.
    »Stimmt.«
    »Du? Du willst zelten gehen?«
    »Genau.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Wenn Beth das macht, ist es kein Problem, aber bei mir schon?«
    Kurz überlege ich, ob ich Beth nicht hochgehen lassen soll, indem ich Mom erzähle, dass das keine offizielle Schulveranstaltung ist und keine Erwachsenen dabei sein werden. Aber das ist die Mühe nicht wert, beschließe ich.
    »Na ja«, sagt Mom, von meiner herausfordernden Frage kurz aus dem Konzept gebracht, »Beth hat eben kein Problem mit   … du weißt schon   …«
    »Gras? Insekten? Dreck?«, frage ich.
    »Genau.«
    »Ich weiß, Mom. Aber ich muss das einfach machen. Geht schon okay.«
    »Ich bin sicher, du schaffst das, ich versteh nur nicht, warum du dir das antust.«
    »Das ist ein Riesending. Jeder aus der Schule ist da.«
    »Geht’s um Amy und Steve?«
    Das ist Mom: Sie liegt immer richtig.
    »Ja, tut es. Ich will mit ihnen zusammen sein.«
    »Aber ich dachte, sie reden nicht mehr mit dir.«
    »Und wie soll sich das ändern, wenn ich nicht hingehe?«
    Mom merkt, dass wir an einem toten Ende angekommen sind. Sie ändert die Taktik.
    »Dad kommt bald nach Hause. Bestimmt will er sich von dir verabschieden.«
    Mein Versuch, den Schlafsack sorgfältig zusammenzurollen, scheitert. Ich stopfe ihn einfach so in die Hülle.
    »Mom, morgen bin ich schon wieder da, er muss sich nicht verabschieden.«
    Immerhin ein guter Versuch, muss man sagen.
    »Chuck.« Mom verschränkt die Arme. »Du benimmst dich so undurchschaubar. Das macht mich unruhig.«
    »Mom, das Gegenteil ist der Fall. Ich benehme mich normal. Ich mache das, was Jugendliche machen. Sie gehen mit ihren Kumpels zelten. Wieso kann ich nicht ein Mal normal sein?«
    »Weil du eben nicht normal bist , Liebling.«
    Ich sehe sie an, ein bisschen beleidigt.
    »Das ist nichts Schlechtes«, fährt sie fort. »Du bist ein ganz unglaublicher Sohn. Und dabei eben anders.«
    Ich weiß genau, was Mom mir sagen will. Zwangsneurotiker, die ihre Pillen verweigern, sollten besser nicht haargenau das tun, was sie am meisten fertigmacht. Aber sie kapiert nicht, dass ich weiß, was ich tue.
    »Mom, soll sich dein ›ganz unglaublicher Sohn‹ das restliche Leben lang verkriechen? Ich muss raus. Außerdem ist der Campingplatz nicht mal vier Kilometer von hier weg. Da passiert nichts.«
    Dieses Argument kann ihren besorgten Gesichtsausdruck nicht vertreiben.
    »Ich ruf Dad noch mal an«, sagt sie irgendwann und läuft aus dem Zimmer.
    Sie kann Dad anrufen, so viel sie will. Aber abhalten wird mich heute niemand.
    Ich durchsuche mein Zimmer, um sicherzugehen, dass ich alles dabei habe, was ich brauche. Da fällt mir das Lexapro-Döschen in die Finger. Ich packe es ein. Falls es wirklich vertrackt wird, schadet es bestimmt nichts, eine zu nehmen. Außerdem finde ich noch eine Taschenlampe und ein Sagrotan-Händegel in Reisegröße   – perfekt für alle Irren unterwegs.
    Draußen hupt es und ich schaue aus dem Fenster. Unten steigt Beth in Parkers Pick-up-Truck und die beiden fahren zusammen los. Ich stelle mir vor, wie meine Mitschüler in diesem Momentvon überall in der Stadt Richtung Campingplatz aufbrechen   – Wagen voll mit aufgeregten Leuten und Bier. Ich werfe einen Blick Richtung Himmel. Gerade kommt die Sonne hinter den Wolken vor.

E in Tag für braune Chucks, obwohl ich nicht weiß, ob ich wirklich selbstsicher bin oder mir das nur einrede.
    Ich fahre in Moms Wagen zum Randall-Kaufman-Zeltplatz in West Lake. Sie hat noch eine geschlagene Stunde auf mich eingeredet, um mich von meinem Entschluss abzubringen. Aber am Ende habe ich sie doch noch überzeugt, dass sie mich ruhig gehen lassen kann. Zum Glück bin ich los, bevor Dad zu Hause war, so konnten sich die beiden nicht gegen mich verbünden.
    Als ich endlich ankomme und das Auto abstelle, ist es fast sechs, also sind die meisten andern schon seit Stunden hier. Unsern Platz kann ich schon von Weitem sehen: eine auf drei Seiten von dichtem Wald umgebene Lichtung mit einem Lagerfeuer in der Mitte. Lachen und launiges Gegröle dringen bis hierher. Ich atme tief durch und steige aus dem Wagen.
    Meine Pseudo-Selbstsicherheit wird gleich beim ersten Schritt zerschmettert. Was bin ich bloß für ein Idiot! Nicht in einer Million Jahren hätte ich mir ausmalen können, was das Gewitter der letzten Nacht mit dem Campingplatz gemacht hat. Mein linker Schuh versinkt im Schlamm. Die weißen Streifen um die Sohle sind jetzt genauso braun wie der Rest. Ein Hauch
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