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Chucks Welt

Chucks Welt

Titel: Chucks Welt
Autoren: Aaron Karo
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das?«
    »Den schulde ich dir, weißt du nicht mehr? Damals mit Parker auf dem Gang?«
    »Also ehrlich, Steve.«
    »Schulden sind Schulden. Nimm schon.«
    Statt den Schein anzunehmen, sage ich: »Wetten, dass Kanha auf dem Abschlussball kotzen muss? Doppelt oder nichts.«
    »Abgemacht!« Steve grinst.
    Wir besiegeln die Wette mit einem Handschlag.

N achdem Steve und Beth aufgebrochen sind, gehe ich in mein Zimmer und drücke an meinen Anzugschuhen herum, die furchtbar reiben. Als ich merke, wie spät es ist, nehme ich das Lexapro-Döschen aus der Schublade und spüle mit einem Schluck Wasser eine Pille runter, so wie jeden Tag um diese Zeit. Ich verstaue das Döschen wieder in der Schublade und stelle das Wasser zurück auf den Schreibtisch, wo eine To-do-Liste mit nur einem Punkt liegt:
    Dr.   S.: dienstags 15.00 Uhr
    Ich setze mich wieder auf mein Bett und fummele gerade an den Schuhen herum, als es klopft. Die Tür geht auf und Amy schlendert herein.
    Sie sieht umwerfend aus. Phänomenal schön, supermodelmäßig schön. Ihr Kleid, ihre Sommersprossen, alles an ihr ist perfekt. Außerdem, das ist fast ein Schock, sind ihre Haare   … na ja, hochgesteckt. Ihr Pony hängt ihr zum allerersten Mal nicht in den Augen. Auf einmal ist so viel mehr von ihrem Gesicht zu sehen   – fast mehr, als ich verkraften kann. Ich bin überwältigt. Mir fällt der Wunschwieder ein, den ich vor Monaten gemacht habe, als mir Amy die Wimper aus dem Gesicht gefischt hat. Er ist wahr geworden: Ich gehe mit Amy zum Abschlussball.
    Amy hat eine Schachtel dabei   – eine in Geschenkpapier verpackte Schachtel, um genau zu sein. Kurz fühle ich mich zurückversetzt zum allerersten Mal, als Amy mein Zimmer betreten hat, mit einer Schachtel, die allerdings eher quadratisch war. Darin waren Cupcakes. Zum Glück hat sie Buttercup diesmal nicht dabei. Schnell verscheuche ich die Erinnerung an diesen schicksalhaften Tag   – und zwar ohne auf Holz zu klopfen.
    »Amy«, sage ich, »was machst du hier? Ich wollte dich abholen, sobald ich mit diesen dämlichen Schuhen fertig bin.«
    »Weiß ich«, antwortet sie, »aber ich wollte dich überraschen.«
    Typisch Amy, sie hat ihre eigenen Spielregeln. Mit ihr wird es nie langweilig.
    Sie kommt ins Zimmer und setzt sich neben mich aufs Bett. Dabei tut sie, als wäre die Schachtel gar nicht da.
    »Du siehst schön aus«, sage ich, »und überhaupt nicht bonzenmäßig, echt.«
    »Danke. Du siehst auch nicht schlecht aus.«
    Bestimmt amüsiert sich Amy, wie leicht sie mich zum Rotwerden bringen kann.
    »Also«, sagt sie und schlägt lässig die Beine übereinander, was mich einen Moment lang komplett aus der Fassung bringt, »an diesem Tag in Mathe, als ich an der Tafel die Aufgabe korrigieren musste, die du falsch gemacht hattest   … wieso warst du da so nervös?«
    Ich habe keine Ahnung, wovon sie spricht.
    »Was?«
    »An dem Tag, als dir dieses ›Du bist schön‹ rausgerutscht ist.«
    Klar erinnere ich mich an den Tag, aber worauf will sie hinaus?
    »Du hast gelbe Chucks angehabt. Das heißt, du warst nervös, oder?«
    Mir klappt die Kinnlade runter. Hat Amy ernsthaft rausgekriegt, was ich denke, dass sie rausgekriegt hat?
    »Du ziehst gelbe Chucks an, wenn du nervös bist, stimmt’s? An diesem Tag hast du welche angehabt. Und jedes Mal, wenn wir eine wichtige Arbeit geschrieben haben und du Zweifel hattest, ob du es schaffst, hast du sie auch angehabt.«
    Niemand auf der Welt weiß von meinem System, nicht mal Steve. Ich habe die Farbzuordnung nirgends aufgeschrieben und nie auch nur ein Wort darüber verloren, keinem gegenüber, einschließlich Dr.   S. Es ist das Einzige, dem ich nicht mit kognitiver Verhaltenstherapie zu Leibe gerückt bin. Es ist einfach mein Ding .
    Ich bin so verblüfft, dass ich kaum ein Wort rausbringe. Ein Teil von mir bildet sich immer noch ein, das wäre nur ein Zufallstreffer.
    »Und wenn du die pinkfarbenen trägst   – die sind übrigens echt stark   –, ist dir langweilig, oder? An allen Tagen, an denen du dich beschwert hast, dir wäre langweilig, hattest du nämlich die pinken Chucks an.«
    Sie hat es rausgekriegt.
    »Und orange, das heißt   …«
    »Müde«, ergänzen wir beide zugleich.
    »Stimmt schon«, sage ich schließlich. »Woher weißt du das?«
    »Woher weiß ich was? Dass du dir die Farbe je nach Stimmung aussuchst? Keine Ahnung, ich hab einfach auf dich geachtet.«
    Darf ich verzückt in Ohnmacht fallen, bitte?
    »Du hast sie in so vielen
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