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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser
Autoren: Thomas Thiemeyer
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stimmte in Humboldts vergnügtes Lachen mit ein.
    »Kindsköpfe«, echauffierte sich Charlotte. »Könntet ihr bitte mal ernst bleiben? Du hast mir immer noch nicht erklärt, was der Auftritt eben sollte. Wenn man dich so reden hört, könnte man glatt auf die Idee kommen, du hättest damit gerechnet, dass man dir nicht glauben würde.«
    »Das ist genau der Fall.« Humboldt spielte vergnügt an seiner Apparatur herum.
    »Wie bitte? Das kann doch nicht dein Ernst sein.« Ihre hellen Wangen bekamen einen roten Stich, was ausgesprochen hübsch aussah, wie Oskar fand.
    »Der Tumult war ein fester Bestandteil meines Vortrags«, erläuterte Humboldt. »Ich kenne diese Herren schon lange genug, um zu wissen, woran ich bei ihnen bin. Ich möchte sogar sagen: Sie gehören schon fast zur Familie.« »Und warum sind wir dann hingefahren?« »Erstens, damit ihr begreift, dass die Wissenschaft immer dem Ruf des Mächtigen folgt. In Gebäuden wie diesem wird einem das erst richtig bewusst. Entgegen der allgemeinen Meinung geht es nur am Rande um Wahrheit und Erkenntnis. Viel mehr geht es um Macht. Wer sie besitzt, darf bestimmen, was wahr ist und was falsch. Er darf sogar behaupten, die Erde sei eine Scheibe. Seit Galilei hat sich daran nicht viel geändert.« Er zuckte mit den Schultern. »Wissenschaftliche Theorien haben die Eigenschaft, träge zu sein. Sie verweilen so lange bei einer bestimmten Person, bis sie widerlegt werden. Als jemand, der eine bestehende Theorie stürzen will, muss man also nicht nur eine Gegentheorie entwickeln und sie auch beweisen, man muss bereit sein, gegen eine oder mehrere Personen zu kämpfen. Wenn es sein muss mit harten Bandagen und schmutzigen Tricks. Wissenschaft hat nur entfernt etwas mit der Vermehrung von Wissen zu tun. Sie ist einfach eine andere Form von Politik.« Er lächelte. »Wenn ihr das begriffen habt, dann habt ihr bereits mehr verstanden als die meisten Menschen auf dieser Erde.« Charlotte nickte. »Und der zweite Grund?« Humboldt legte seine Hand auf die von Eliza. »Heute war mein Abschied von der Universität. Ich werde dem akademischen Betrieb den Rücken kehren und mich als wissenschaftlicher Berater für ungewöhnliche Projekte anbieten. Und als Mann der freien Wirtschaft ist man auf Werbung angewiesen.«
    »Werbung?« Oskar blickte verwundert.
    Humboldt deutete auf die Zeitung, die auf seinem Schoß lag. »Ab morgen werden alle großen Zeitungen und Illustrierten über uns berichten. Unsere Namen werden ein öffentliches Gesprächsthema sein. Kann man sich eine bessere Werbung wünschen?« Er zwinkerte den beiden Jugendlichen zu. »Unseren ersten Kunden haben wir bereits gewonnen.«
    Oskar hob fragend die Augenbrauen. »Meinen Sie den Mann, mit dem Sie sich vor der Universität unterhalten haben?«
    Humboldt nickte. »Ganz recht. Er ist sehr an den Konstruktionsplänen für ein lenkbares Luftschiff interessiert. Und er ist bereit, wirklich gut dafür zu zahlen. Sein Name ist Ferdinand Graf von Zeppelin.« Er verschwand wieder hinter seiner Zeitung.
    Eine Weile fuhren sie stumm dahin. Oskar hatte noch etwas fragen wollen, aber ihm fiel nicht mehr ein, was.
    Die Worte des Forschers hatten ihn tief berührt. Schweigsam blickte er hinaus und lauschte dem monotonen Getrappel der Hufe.
    Charlottes Stimme riss ihn aus seinem Tagtraum.
    »Oskar?«
    »Hm?«
    »Darf ich dich was fragen?«
    »Klar.«
    »Wo warst du eigentlich in jener Nacht, als ich dich im Labor gefunden habe? Du hast versprochen, es mir irgendwann zu erzählen.«
    »Habe ich das?« Sie nickte.
    Er zuckte die Schultern. »Ich war in meiner alten Gegend. Kumpels besuchen und so.«
    »Und was ist geschehen?«
    »Ich bin in die Hände eines Mannes geraten, dem ich noch Geld schulde. Er und seine Kumpane haben sich einen Spaß daraus gemacht, mir zu zeigen, was jemandem blüht, der sein altes Leben aufgeben will.« Gedankenverloren strich er sich über die Mütze. »Es ist gar nicht so leicht, alles hinter sich zu lassen. Irgendwann holt dich die Vergangenheit wieder ein.«
    »Sie ist ein Teil von dir und du wirst sie immer bei dir tragen.«
    »Ich fürchte, du hast recht. Ich werde trotzdem noch einmal zurückkehren müssen. Ich habe Freunde dort, die sich um mich sorgen, und ich muss diese Sache mit Behringer klären. Er soll sein Geld zurückbekommen und mich nie wieder behelligen.«
    »Aber sei vorsichtig. Versprichst du mir das?«
    »Versprochen.« Er verstummte für einen Moment, dann fiel ihm wieder ein, was
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