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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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hat?«
    »Du willst also einfach hingehen und ihn fragen, ja? Der Kerl ist verrückt, Torak! Er redet wirr!«
    Torak wollte eben etwas erwidern …
    … als der Schnee in Aufruhr geriet.
    »Gib’s wieder her!«, brüllte der Streuner und schwenkte sein grünes Schiefermesser. »Sie hat sein Feuer geklaut! Sie hat ihn reingelegt! Der Streuner will es wiederhaben!«

    »Aber wer den Streuner reinlegt, wird selber reingelegt!«, johlte der Alte und bedrängte Torak und Renn, bis sie mit dem Rücken am Felsen standen. »Jetzt müssen sie es wieder hergeben!«
    Sein Haar glich einem unentwirrbaren Gestrüpp aus Bartflechten, die dürren Glieder waren knorrig wie Wurzeln. Aus der Nase und dem stinkenden, zahnlosen Mund hingen ihm lange grüne Rotzfäden wie Kletterranken.
    Um sie zu täuschen, hatte er seinen Umhang auf den zugefrorenen See gelegt und stand jetzt fast nackt vor ihnen, trug nur einen ledernen, schmutzstarrenden Lendenschurz und ein stinkendes Wams aus Rehfell, das er dem erlegten Tier abgezogen, aber nicht gesäubert hatte. Beine, Hufe und Schwanz schlenkerten heftig, als er ihnen mit dem Messer vor den Gesichtern herumfuchtelte.
    »Sie hat es geklaut!«, brüllte er, dass der Rotz nur so sprühte. »Sie hat ihn reingelegt!«
    »Ich … habe nichts geklaut«, widersprach Renn stammelnd und versteckte ihren Bogen hinter dem Rücken.
    »Erkennst du uns nicht wieder?«, fragte Torak. »Wir haben dir noch nie etwas geklaut.«
    »Nicht die da!«, knurrte der Streuner wütend. » Die da! « Flink wie ein Aal schnellte die schmutzige Hand vor und packte Torak am Schopf. Der Alte zog ihm unsanft den Kopf in den Nacken, entwand ihm die Waffen und schleuderte sie in den Schnee. »Die Falsche!«, schnaufte der Streuner und hüllte sie in seinen unerträglichen Gestank. »Die ist schuld, dass Narik fort ist!«
    »Aber wir haben nichts damit zu tun«, beteuerte Renn. »Lass ihn los!«
    »Axt!«, fauchte der Streuner und richtete das blutunterlaufene Auge auf sie. »Messer! Pfeile! Bogen! In den Schnee, aber schnell!«
    Renn tat wie geheißen.
    Der Streuner setzte Torak das Messer an die Gurgel und drückte ihm die Luft ab. »Sie gibt ihm sofort ihr Feuer«, knurrte er, »oder er schneidet dem Wolfsjungen die Kehle durch! O ja, das macht er!«
    Schwarze Flecken tanzten vor Toraks Augen. »Renn …«, ächzte er, »gib ihm deinen Flammenstein … «
    Renn knotete ihren Zunderbeutel auf. »Da hast du ihn!«
    Geschickt fing der alte Mann den Stein auf und stieß Torak zu Boden. »Der Streuner hat wieder Feuer!«, jubelte er. »Herrliches Feuer! Er kann Narik suchen!«
    Jetzt hätten Torak und Renn die Gelegenheit ergreifen und weglaufen können, das war beiden bewusst, aber sie rührten sich nicht von der Stelle.
    »Die Falsche?«, wiederholte Torak nach Atem ringend und rieb sich den Hals.
    »Wer ist das?«, fragte Renn.
    Der Alte wandte sich nach ihr um und sie musste sich unter einem schlenkernden Huf wegducken. »Der Streuner ist doch verrückt«, sagte er hämisch. »Er redet wirr.«
    Er steckte ein vergammeltes Rehbein in den Mund und lutschte daran. »Die Falsche«, brummelte er. »Nicht allein, o nein, o nein. Krumme Beine, flinker Verstand.« Er räusperte sich und spuckte aus, wobei er Torak nur knapp verfehlte. »Groß wie ein Baum, zermalmt die Kleineren, die Schlängler und Trippler, die sich nicht wehren können.« Das entstellte Gesicht verzog sich zu einer schmerzerfüllten Grimasse. »Die Maskierte ist die Schlimmste«, raunte er. »Die ist die Allergrausamste!«
    Renn sah entsetzt zu Torak hinüber.
    »Aber der Streuner ist ihnen auf den Fersen«, zischte der Alte. »O ja, o ja, er hält die Ohren offen!«
    »Wo wollen sie hin?«, fragte Torak. »Lebt Wolf noch?«
    »Von Wölfen weiß der Streuner nichts. Sie wollen ins öde Land! In den Hohen Norden!« Er kratzte sich die dreckverkrustete Tätowierung am Hals. »Erst ist einem kalt, dann wieder nicht. Dann ist einem heiß und dann stirbt man.« Sein Blick fiel auf Torak und er grinste. »Sie wollen nämlich die Pforte öffnen!«
    Torak schluckte. »Was für eine Pforte? Und wo überhaupt?«
    Der Alte schlug sich mit den Fäusten an die Stirn und winselte: »Aber wo ist Narik? Sie geben ihn nicht mehr her und Narik ist verloren!« Er machte kehrt und torkelte wieder zum See zurück.
    Torak und Renn wechselten einen Blick, hoben ihre Waffen auf und liefen hinterher.
    Draußen auf dem See bückte sich der Streuner nach seinem zerlumpten Umhang und nahm
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