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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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ergeben auf die ledrige Handfläche und legte sich dort wieder schlafen.
    Torak ging wortlos davon.
    Renn reichte ihm seine Waffen und die Trage. »Das war nett von dir.«
    Torak zuckte die Achseln. Dann grinste er. »Narik ist inzwischen ein bisschen gewachsen. Er ist jetzt ein Lemming.«
    Renn lachte.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als sie hinter sich Schritte und das zornige Gebrummel des Streuners hörten.
    »Was ist denn nun noch?«, fragte Renn.
    »Ich habe ihm doch geholfen!«, sagte Torak.
    »Schenken?«, grölte der Streuner. Mit einer Hand schwenkte er sein Messer, mit der anderen drückte er Narik an die Brust. »Sie glauben doch wohl nicht, dass sie ihm einfach etwas schenken und sich aus dem Staub machen können! Sie glauben doch wohl nicht, dass der Streuner den alten Brauch vergessen hat!«
    »Tut uns leid, Streuner«, wollte sich Torak verteidigen, »aber wir …«
    »Ein Geschenk verlangt ein Gegengeschenk! Das gehört sich so. Der Streuner muss ihnen auch etwas schenken.«
    Torak und Renn warteten neugierig, was jetzt wohl kam.
    »Schwarzes Eis«, schnaufte der Streuner, »weiße Bären, rotes Blut! Sie suchen das Auge der Natter!«
    Torak hielt den Atem an. »Und was soll das sein?«
    »Das wird er schon noch merken«, entgegnete der Streuner. »Die Füchse werden es ihm verraten.«
    Er beugte sich jäh vor wie ein vom Sturm geknickter Baum und bedachte Torak mit einem Blick, der weise und so kummervoll war, dass er Toraks drei Seelen zutiefst erschütterte. »Wer das Auge betritt, tritt in die Finsternis!«, raunte er. »Mag sein, dass du wieder herausfindest, Wolfsjunge, aber wenn du erst mal drin warst, bist du nicht mehr derselbe. Du lässt dort unten etwas zurück. Dort unten im Finstern.«

Kapitel 4

    DAS DUNKEL huschte durch den Wald, ohne dass Wolf es recht wahrnahm. Er war mit seinem eigenen Dunkel beschäftigt und das bestand aus Zorn, Schmerzen und Angst.
    Ihm tat die Schwanzspitze weh, weil beim Kämpfen jemand draufgetreten war, und seine Vorderpfote schmerzte vom Biss der Großen Kalten Klaue. Er konnte sich nicht rühren, weil er auf einem sonderbar gleitenden Baum festgebunden war, den die Schwanzlosen über das Weiche Weiße Kalt zogen. Er konnte nicht mal seine Wunden lecken. Alle viere von sich gestreckt, lag er unter einer geflochtenen, haarlosen Rehhaut, die so straff war, dass er kaum Luft bekam. So einer Haut war er noch nie begegnet. Sie hatte lauter Löcher, war aber noch fester als der Schenkelknochen eines Auerochsen.
    Das Knurren in seiner Kehle wollte dringend nach draußen, aber sogar um seine Schnauze war Rehhaut gebunden! Das war das Schlimmste, dass er weder knurren noch beißen noch heulen konnte. Es tat weh, Groß Schwanzlos rufen zu hören und nicht antworten zu können.
    Wolf sah Groß Schwanzlos und das Weibchen winzig, aber deutlich vor sich, wie sie hinter ihm hereilten. Sie würden ihn einholen, dessen war Wolf so gewiss, wie er seine eigene Witterung kannte. Groß Schwanzlos war schließlich sein Rudelgefährte und ein Wolf lässt seinen Rudelgefährten niemals im Stich.
    Aber wie sollte Groß Schwanzlos ihn aufspüren? Er war zwar klug, Aufspüren war jedoch nicht seine Stärke, weil er kein gewöhnlicher Wolf war. Er roch nach Wolf (und nach manch anderem) und sprach auch wie einer, auch wenn er die höchsten Jaultöne nicht traf, obendrein hatte er blanke Silberaugen und einen Wolfsverstand. Allerdings lief er auf den Hinterpfoten und war ziemlich langsam und seine Nase eignete sich ausgesprochen schlecht zum Witterungaufnehmen.
    Der Gleitbaum hielt an. Die Schwanzlosen bellten unfreundlich etwas in ihrer Sprache, dann hörte Wolf das Weiche Weiße Kalt knirschen, als sie sich einen Bau buddelten.
    Auf dem Gleitbaum hinter ihm meldete sich ein Otterweibchen und maunzte jämmerlich und ununterbrochen, bis Wolf es am liebsten gepackt und tüchtig geschüttelt hätte.
    Dann hörte er einen Schwanzlosen kommen. Wolf konnte sich nicht umdrehen, aber er witterte den Fischgeruch. Das Otterweibchen hörte auf zu maunzen und knirschte mit den Zähnen. Was für eine Wohltat.
    Ein paar Sprünge entfernt fauchte jetzt das Helle-Tier-das-heiß-beißt. Wolf sah zu, wie sich die Schwanzlosen darum herum versammelten.
    Er war verwirrt. Er hatte geglaubt, die Schwanzlosen zu kennen, jedenfalls das Rudel, mit dem Groß Schwanzlos lief, das Rudel, das nach Raben roch. Aber diese Schwanzlosen dort… die waren schlecht.
    Warum waren sie über ihn hergefallen? Die
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