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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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hinterlassen.«
    »Dann hat er Wolf offenbar getragen. Aber warum hat man ihn überhaupt gefangen? Niemand tut einem Wolf etwas zuleide. Niemand würde so etwas wagen.« Die strengen Clangesetze schrieben vor, dass man den Jägern des Waldes nichts antun durfte.
    »Sieh mal, Torak!« Renn ging hinter einem Wacholderbusch in die Hocke. »Hier hatten sie sich versteckt, aber ich sehe bloß …«
    »Nicht bewegen!«
    »Wieso?«
    »Da, neben deinem Stiefel!«
    Renn fuhr zusammen. »Wer … was sind das denn für Spuren?«
    Auch Torak kauerte sich hin.
    Das Fährtenlesen hatte ihn sein Vater gelehrt. Torak hatte angenommen, inzwischen die Spuren sämtlicher Waldbewohner zu kennen, aber so etwas hatte er noch nie gesehen. Es waren zarte Abdrücke wie von einem Vogel … Nein, die hinteren schienen von kleinen, fünfzehigen Pfoten zu stammen, während die vorderen Abdrücke nur runde Vertiefungen waren, als bewegte sich das Geschöpf auf Stümpfen fort.
    »Fremde Beute«, wiederholte Torak leise.
    Renn suchte seinen Blick. »Ein Köder. Sie haben einen Köder benutzt.«
    Torak stand auf. »Sie sind nach Norden gegangen, zum Axtknauftal. Wo wollen sie bloß von dort aus hin?«
    »Ach, da gibt es viele Möglichkeiten. Entweder ostwärts zum Axtkopfsee und dann zu den Hohen Bergen oder im Bogen zurück in den Großen Wald. Oder nach Westen, dann sind sie jetzt schon auf halbem Weg zum Meer …«
    Stimmen. Da kam jemand.
    Sie duckten sich hinter den Busch. Renn zückte den Bogen und Torak zog seine schwarze Basaltaxt aus dem Gürtel.
    Wer immer da kam, legte keinen Wert darauf, leise zu sein. Torak erkannte einen Mann und eine Frau, gefolgt von einem großen Hund, der einen Schlitten mit einem erlegten Hirsch darauf zog. Ein Junge von ungefähr acht Sommern stapfte eifrig voran und ganz zuvorderst lief ein junger Hund mit einer auf den Rücken gebundenen Hirschledertrage.
    Der Hund witterte Wolf, dessen Geruch noch an Torak haftete, jaulte ängstlich und lief zu dem Jungen zurück, der sofort stehen blieb. Torak erkannte die Clantätowierung zwischen seinen Augenbrauen, drei schmale schwarze Ovale, die den Eindruck erweckten, dass ihr Träger unablässig die Stirn krauste.
    »Vom Weidenclan!« Renn atmete auf. »Vielleicht haben sie etwas gesehen.«
    »Nicht!« Torak hielt sie zurück. »Wir wissen nicht, ob man ihnen trauen kann.«
    Renn war verwundert. »Es sind Weiden , Torak! Natürlich kann man ihnen trauen.« Sie machte sich los und lief den Fremden entgegen, wobei sie zum Zeichen der Freundschaft beide Fäuste aufs Herz legte.
    Die drei lächelten, als sie das Mädchen erblickten. Sie wollten nach Westen, zurück zu ihrer Sippe, erklärte die Frau. Ihr Gesicht war narbig wie die Rinde einer kranken Birke. Demnach hatte sie die große Seuche im vergangenen Sommer überlebt.
    »Seid ihr unterwegs jemandem begegnet?«, erkundigte sich Renn. »Wir suchen nämlich …«
    »Wir?«, wiederholte der Mann.
    Torak stand auf. »Ihr kommt von Norden. Seid ihr unterwegs jemandem begegnet?«
    Der Mann musterte flüchtig Toraks Clantätowierung und hob die Augenbrauen. »In letzter Zeit trifft man nur selten jemanden vom Wolfsclan.« Dann wandte er sich an Renn. »Du bist aber noch reichlich jung, dass du so weit weg von deinem Lager auf die Jagd gehst.«
    Renn reckte stolz das Kinn. »Wir sind beide dreizehn Sommer alt und mit Erlaubnis des Anführers unterwegs … «
    »Seid ihr nun irgendwem begegnet?«, fiel ihr Torak ins Wort.
    »Na ja, ich schon«, erwiderte der Weidenjunge.
    »Wem?«, drängte Torak.
    Der Junge wich ängstlich zurück. »Ich … ich habe Schnapp gesucht.« Er zeigte auf seinen Hund, der zaghaft mit dem Schwanz wedelte. »Er jagt gern Eichhörnchen, aber dabei verläuft er sich immer. Da habe ich die beiden Männer gesehen. Sie hatten ein Netz dabei und das hat gezappelt.«
    Wolf ist also noch am Leben, dachte Torak und ballte so gewaltsam die Fäuste, dass sich seine Fingernägel in die Handfläche gruben.
    »Wie sahen sie aus?«, fragte Renn.
    Der Junge reckte den Arm über den Kopf. »Ein Riesengroßer und ein Dicker mit krummen Beinen.«
    »Was für Tätowierungen trugen die beiden?«, hakte Torak nach. »Was für Clanabzeichen? Wir müssen alles wissen!«
    Der Junge schluckte. »Sie hatten Kapuzen auf. Ihre Gesichter habe ich nicht gesehen.«
    Torak wandte sich an den Weidenmann. »Kannst du Fin-Kedinn etwas ausrichten?«
    »Was es auch sein mag«, entgegnete der Mann, »sag es ihm lieber selbst. Der
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