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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)
Autoren: Peter Bergmann
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Richtung Vanetti, der den A-Grav hielt und seinen Kopf zwischen die Knie gesteckt hatte. Sie sah rechtzeitig den Frachter und riss das Steuer nach links. Gleich darauf schlug eine Kugel ins Instrumentenbrett.
    „Verdammt!“ brüllte sie. „Du hast den A-Grav. Verwende ihn!“
    Aus dem Augenwinkel sah sie, dass sich Vanetti aufrichtete.

92___
    Einige Tage später in Olivias kleiner Wohnung in L.A. Der Fernseher lief. John Gerald Fox wärmte auf. John Gerald Fox war ein 200-Prozent-Mann. Was immer er dachte, tat oder sagte, stets erweckte er den Eindruck, zu stark aufgedreht zu sein. Wie Nachbars Radio, wie kleine Sportwagen, die beim Wegfahren zu viel Gas geben, wie Untergebene, die ihrem Chef allzu herzlich zum Geburtstag gratulieren. JG, wie er allgemein genannt wurde, war dieses Zuviel als Grundmuster angeboren. Und genau deshalb wurde er zum Star von SSTV. SS stand für Special Secrets und JG galt als beste Spürnase und wichtigster Moderator des Senders. Über die Größe der Sehergemeinde von SSTV schwankten die Aussagen. Man warb für Schatzdetektoren, original indianische Traumfänger, esoterische Literatur, Strahlenschutzsysteme aller Art.
    Olivia ließ sich JG’s Hauptsendung ‚Secret News’ nie entgehen. Sie liebte es, wenn JG mit zweihundertprozentiger Überzeugung die neuesten und geheimsten Sensationen ankündigte. Sensationen, die von allen öffentlichen Stellen verschwiegen und vertuscht wurden. Von der Regierung, von den Geheimdiensten, von den Medien, die sich seriös nannten, sowieso. Olivia machte auch JG’s charakteristische Geste mit, die jeden Bildbeitrag einleitete: Ein kurzes, abgehaktes Vorstoßen der geballten Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger, halb in Richtung Kamera, halb in Richtung Regie. Immer ungeheuer eindrucksvoll. Sie amüsierte sich königlich über JG’s Gesichtsausdruck. Gar zu gerne hätte er den über jeden Zweifel erhabenen, objektiven Nachrichtensprecher gegeben. Es gelang nie. Spätestens nach dem dritten Satz wetterleuchtete hinter der Seriosität ein fanatischer, unbezähmbarer Glaubenseifer. JG war und blieb ein radikaler Mullah der Esoterik. Schon eine ganz besondere Nummer.
    In den Beiträgen der News-Soap ging es vorrangig um UFOs und Aliens, um tapfere Menschen, die gefährliche Kugelblitze mit Gedankenkraft verscheuchen, um Interviews mit lebendig Begrabenen, die man  – warum auch immer – wieder ausgegraben hatte.
    Olivias 120-Zoll Bildschirm stellte das Zentrum ihrer Wohnung dar. Sie saß auf einem Fernsehsessel, rauchte die zehnte der zwölf Zigaretten, die sie sich täglich gönnte und lauschte hingerissen JG’s Worten.
    „Glauben Sie mir!“ fieberte er. „Dieser Film ist wirklich absolut authentisch. Was wir Ihnen hier zeigen ist echt – und es ist vollkommen unglaublich!“
    Zeitgleich mit JG stieß Olivia ihren rechten Zeigefinger nach vorne.

93___
    Das Video war von einem Schiff aus aufgenommen worden. Freihändig. Teile der Reling ragten ins Bild. Sanfte Meeresdünung übertrug sich auf den langsamen Schwenk der Kamera. Ein bewölkter Tag am frühen Morgen, noch in der Dämmerung, das Meer grau. Im Hintergrund erahnte man eine Küste. Kein normaler Mensch filmt um diese Tageszeit graues Wasser. Die Impressionen eines verkaterten Frühaufstehers.
    Dann kamen die Boote ins Bild. Zwei schnelle Motorboote, schlank und flach, beide in voller Fahrt. Das hintere nur vier, fünf Längen vom vorderen entfernt. Zunächst dachte Olivia an ein Rennen. Doch es schien sich um ein ganz besonderes Rennen zu handeln. Der Filmende – dankbar für die Abwechslung in seiner Tristesse – zoomte sich näher an die Boote heran. Im ersten waren zwei Personen zu erkennen, im verfolgenden nur eine. Diese Person steuerte mit der linken Hand, während die rechte auf das vordere Boot zielte. Es war nicht klar, womit sie zielte, doch von der Haltung her konnte es eine Pistole sein. Mehrmals zuckte die Hand kurz hoch, wie von einem Rückschlag. Ton gab es keinen. Der Verfolgte begann riskante Haken zu schlagen. Auch das wies darauf hin, dass er beschossen wurde. Die Kamera hielt das Drama in wackeligen, doch scharfen Bildern fest. Eine Person im ersten Boot schien nun ebenfalls mit einer Waffe nach hinten zu zielen. Plötzlich stieg das zweite Boot steil in die Höhe. Olivia hielt den Atem an.
    Sie hatte bei Übertragungen von Speedbootrennen spektakuläre Unfälle gesehen. Doch diese Aufnahmen übertrafen alles. Das Boot hörte nicht auf zu steigen. Als würde es
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