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Cheffe versenken (German Edition)

Cheffe versenken (German Edition)

Titel: Cheffe versenken (German Edition)
Autoren: Christiane Güth
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Florence!«
    Ingetraut war eine resolute Frau mit weißblond gelockten Haaren. Ich schätzte sie auf Ende fünfzig, und mit derselben Herzlichkeit, mit der sie Florence empfing und umarmte, begrüßte sie mich. Sie trug eine bestickte Schürze über einer weit geschnittenen Jeans und einem Holzfällerhemd. Diese Frau stand mit beiden Beinen im Leben. Ihre kleine Pension war urig eingerichtet. Überall hatte sie kleine Modelle von Fischerbooten aufgestellt, Netze schmückten die bunten Tapeten.
    »Und Sie sind Trixi, die Deern mit der Pechsträhne.«
    Keine Ahnung, was Gerd ihr über mich erzählt hatte. Ich nickte nur kurz und freute mich über ihre Herzlichkeit.
    »Tässchen Tee? Es gibt so viel zu beschnacken.«
    Florence war begeistert und willigte ein.
    »Was ist mit Edith?«, fragte ich irritiert. »Hast du vergessen, weshalb wir hier sind?«
    »Ah oui! Isch ’ätte es wirklisch fast vergessen. Ingetraut, wir ’aben eine Notfall. Trixis Freundin Edith ist auf der Insel, und wir befürschten, sie will sisch umbringen. Leider wissen wir nischt, wo sie sisch befindet.«
    Der toughen Ingetraut fiel die Kinnlade herunter.
    »Wie sieht sie denn aus, eure Freundin Edith?«
    »Klein, zierlich, bunte Kleidung, rote Haare. Ach nein, im Moment trägt sie so eine Art Wickelturban, denn sie hatte einen Unfall.«
    Ingetraut überlegte.
    »Habt ihr ein Foto?«
    Ich kramte das verschwommene Webcam-Foto aus der Tasche und zeigte auf Edith. Dabei ärgerte ich mich, dass ich nicht an ein gutes Foto gedacht hatte.
    Ingetraut schüttelte den Kopf.
    »Schlecht zu erkennen. Ist mir nicht aufgefallen, diese Frau«, lautete ihr knapper Kommentar.
    Florence und ich schauten uns fragend an. Meine gespielte Ruhe würde nicht mehr lange anhalten.
    »Wissen Sie vielleicht, wo sich die Ferienwohnung des bekannten Verlegers Benno Bellersen befindet?«, fragte ich verzweifelt.
    »Der Weltenbummler-Bellersen?«
    »Genau der«, warf ich ungeduldig ein.
    »Ich habe viele Bände von ihm. Das waren damals echte Kultbücher. Also, ich habe den Weltenbummler Gardasee, den Weltenbummler Chiemgau und den Weltenbummler Taunus. Onno hat seinerzeit den Band Schweden gekauft. Oder war es Norwegen?«
    Mensch, Ingetraut. Jetzt wurde ich langsam ungeduldig.
    »Die Bücher nützen uns wenig. Wissen Sie, Benno Bellersen hatte hier irgendwo eine Ferienwohnung. Er ist sogar auf der Insel verstorben. Von einem Gerüst erschlagen.«
    Ingetrauts Gesichtszüge erhellten sich.
    »Aber ja doch, ich erinnere mich. Der arme Mann lag mausetot unter einer Eisenstange vor dem Appartementhaus Miramar. Sie glauben nicht, was hier damals los war.«
    »Wo ist das?«, fragte ich. Jeder Anhaltspunkt zählte.
    »Direkt an der Strandpromenade.«
    Ich schnappte meine Umhängetasche und hastete zur Tür, als Ingetraut hinter mir herrief.
    »Ich glaube, den Weg können Sie sich sparen. Nach seinem Tod hat die Familie die Ferienwohnung verkauft.«
    »Mir egal«, sagte ich trotzig.
    Das Appartementhaus Miramar war eine üble Bausünde der 60er Jahre. Irgendjemand musste die Schönheit der Strandpromenade nicht mehr ertragen und ein klotziges sechsstöckiges Haus an den Rand der Dünen gebaut haben. Atemlos stand ich vor dem Gebäude und betrachtete die dunklen Fensterfronten.
    Hier hatte Bellersen senior also seine Ferien verbracht. Ich musste zugeben, die Lage war außergewöhnlich. Wenn man aus dem Haus herausblickte, hatte man wahrscheinlich eine berauschende Aussicht auf die offene See und den breiten Sandstrand.
    Ich lief um das Haus und warf einen Blick auf die unzähligen Klingelschilder. Franz, Griesheimer, Witt, Stenzel, Braun, Roller. Es war kein Name dabei, der mir etwas sagte. Enttäuscht und unverrichteter Dinge machte ich mich auf den Rückweg in die Pension Ingetraut.
    Das Dorf war nicht sehr groß, dafür umso beschaulicher. Verlaufen konnte man sich hier nicht. Das gefiel mir.
    In der schmalen Fußgängerzone entdeckte ich eine Buchhandlung. Als ich daran vorbeilief, fiel mein Blick auf ein großes Buch im Schaufenster. Auf dem Cover prangte ein Beduine mit einem prächtigen blauen Turban. Der kunstvoll gewickelte Stoff erinnerte mich an Ediths Bandage. Erst jetzt sah ich die Verbindung. Wenn es ein Geschäft gab, das Bücherwürmchen Edith auf der Insel interessierte, dann war es dieses.
    Ich betrat den kleinen Laden, und die typische Duftmischung aus Zeitungs- und Buchpapier stieg mir in die Nase. Dieses trocken-warme Aroma war mir deutlich lieber als der staubige
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