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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde
Autoren: John Brunner
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Wert auf Authentizität legten, wärst du doch gar nicht da.«
    »Was soll das heißen?« fragte Quaddel, verdutzter denn je. »Ich wollte überhaupt nie hierher. Weder hatte ich je die Absicht, eingefroren zu werden, noch habe ich mich darum gerissen, wiedererweckt zu werden.«
    »Ich ebensowenig«, seufzte Sal, fuhr noch langsamer, weil sie sich mittlerweile in Sichtweite einer Anzahl anderer Autos befanden, die gerade unter einem Schild durch fuhren, das vor einem Stau von 17 km Länge 50 m voraus warnte. »Wie gesagt, eigentlich bin ich Anwalt, und ich bin früher in dem Gewerbe tätig gewesen, bevor ich in die Politik ging. Mir ist erzählt worden, daß kurz vor einer Wahl irgend jemand versucht hat, mich zu ermorden. Meine Wähler waren überwiegend hispanolischer Herkunft, genau wie ich, und infolge der schlechten Bildung, die sie erhielten, verstanden sie wenig von Wissenschaft… Was für ein Humbug, das hatte doch damit nichts zu tun! Ihr Spaniolen seid bloß zu faul und deshalb zu unwissend. Halt’s Maul! Sie haben geleistet, was sie konnten, aber mich zu langsam eingefroren, darum bekam eine Hälfte meines Gehirns Gefrierbrand…«
    »Gefrierbrand?!«
    »Sie war verdorben, ehe der Einfrierprozeß endete. Und zufällig gab es einen zweiten Anwalt, wissen Sie, dem passierte das gleiche, nur mit der anderen Gehirnhälfte. Folglich beschlossen die Yelignesen zu retten, was sich retten ließ, anstatt alles zu entsorgen. Natürlich war das damals, ganz am Anfang, als sie die Erde gerade erst übernommen und noch keinen blassen Schimmer von menschlicher Identität hatten, da haben sie noch manches über die Tonne gebügelt, ihnen sind Fehler unterlaufen. Dies eine Mal war es allerdings kein gewöhnlicher Fehler. Es ist der fleischgewordene Wille Gottes!«
    Rimpoche Quaddel erschrak. Ähnliche Redensarten hörte er alles andere als zum erstenmal. Tatsächlich hatte er dergleichen einige Male selbst von sich gegeben. Aber im Moment hatte er keine Lust, über sein vergangenes Leben nachzudenken; im Gegenteil, er hatte gehofft, es vollkommen zu vergessen. Vielleicht kannte man in diesem modernen Zeitalter ein Medikament für selektive Amnesie.
    »Wie kann man das nur übersehen?« frage Sal. »Misch dich nicht ein!« Wahrscheinlich meinte er Joe. »>Salvator mundi< heißt >Retter der Welt<. Wer Ohren hat, zu hören, der hört das Omen.« Mit tiefernster Angelegentlichkeit beugte er sich zu Quaddel herüber und legte sich, ohne dem Steuerrad noch Beachtung zu schenken, mit flehentlicher, ja verzweifelter Miene beide Hände aufs Herz.
    »Sobald ich die Kosten für die Lagerung abgestottert habe… Ich verdiene mehr als du, wenn ich am Arbeiten bin, warum läßt du also nicht mich ran, damit’s schneller geht? Sobald diese schäbige Maloche endgültig hinter mir liegt, und das wird bald sein, vorausgesetzt der Smog-Bonus wird weitergezahlt, will ich alles tun, um unserem gemeinsamen Namen gerecht zu werden. Was meinst du damit, du willst unserem Namen gerecht werden? Halt die Flappe! Es ist meine Sendung, die Menschheit vor sich selbst zu retten, ob diese verfluchten Atheisten es wollen, oder nicht. Mein Name beweist es. >Mein< Name? Was fällt dir ein? Die Hälfte ist mein Name, vergiß das nicht…«
    Knirsch.
    Das vom Fahrer sich selbst überlassene Auto fuhr auf den letzten Wagen des gemeldeten Rückstaus oder Vorstaus auf: der Typenbezeichnung zufolge handelte es sich um einen Volvo Variant.
    Man konnte höchstens von einem leichten Anschrammen reden, keineswegs von einer regelrechten Kollision, denn Sal hatte schon vor so langem den Fuß vom Gaspedal genommen, daß das Auto kaum noch Schwung hatte. Dennoch genügte die Berührung dem Fahrer des vorderen Wagens zum Vorwand, um knallhart auf die Bremse zu treten, aus dem Auto zu springen und Beschimpfungen zu blöken, während andere Fahrer sich schier die Hälse verrenkten, um zu sehen, was sich abspielte, offenbar recht angetan von dieser Abwechslung von der monotonen Stocherei.
    Ebenso lieferte der Vorfall Quaddel eine Gelegenheit, um die Beifahrertür weit aufzustoßen und sich auf den Mittelstreifen zu flüchten. Noch mochten Konfusion und Benommenheit seine Gedankengänge beeinträchtigen, aber er war hinlänglich bei Verstand, um zu erkennen, daß es nur unselige Folgen haben konnte, im Auto von jemandem mitzufahren, dessen eine Hälfte sich zu der missionarischen Aufgabe verstiegen hatte, die Menschheit gegen ihren Willen zu retten, und dessen andere
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