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Change

Change

Titel: Change
Autoren: Luisa Raphael
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wollte mir also wirklich das sagen, was er selbst Dexter nicht anvertraute – das warme Gefühl der Freude darüber in mir war unbeschreiblich.
    „Hmm, wie erkläre ich es am besten… Also, du weißt ja sicher, dass ich 1977 geboren bin – also 21 Jahre alt bin. Und ich fühle mich auch wie 21, körperlich und von der geistigen Reife, allerdings geht meine Erinnerung gerade einmal bis 1994 – also nur ganze vier Jahre zurück. Das erste, an das ich mich richtig erinnern kann, war, dass ich nachts auf einer Straße stand – und keine Ahnung hatte, was eigentlich los war. Meine Eltern fanden mich schließlich – doch ich erkannte sie nicht. Jedenfalls nicht wirklich.“, sprach er langsam, ich folgte seiner Stimme, mein Gesichtsausdruck wechselte von einer relativ emotionslosen Maske zu einer fast schon entgeisterten, während sich in mir mehr und mehr Bestürzung und Unglauben breit machte. Das, was ich da hörte, klang so unbegreiflich und kam so unerwartet – ich hatte mit allem anderen gerechnet, doch nicht mit so einer Eröffnung. Gleichzeitig ging ich in Gedanken durch, was 1994 passiert war – und erkannte sogleich eine Verbindung, die einen meiner Verdachte erhärtete, den auszusprechen ich mich jedoch fürchtete, so ungeheuerlich klang er und so viele weiße Flecken gab es noch. Doch nun schlossen sich einige, und noch während Mike weiter erzählte, wurde ebenjene Idee in ein völlig anderes Licht gerückt.
    „Ich wusste schon, wie meine Eltern aussahen und kannte ihre Namen sowie noch vieles mehr – ich konnte mich auch vieler Ereignisse entsinnen, die in einem Leben geschehen waren – doch es war nicht meins. Alle diese seltsamen Erinnerungen waren wie losgelöst von meinem Selbst, wie als hätte ich sie durch die Augen eines Fremden erlebt – wie ein Film gewissermaßen, und nun sollte dieser Film meine Geschichte erzählen.  Man hatte mir eine Vorgeschichte gegeben, die nicht die meine war und nun musste ich damit leben – gezwungenermaßen. Es war anfangs schwer, sich nichts anmerken zu lassen – doch ich arrangierte mich damit, verdrängte den Fakt, dass etwas nicht stimmte. Und ich kam so auch über die Runden – doch dann tauchtest du hier auf – und jetzt weiß ich endlich wieder, warum du mir so vertraut vorkommst.“
    Mike pausierte, sah zu mir herüber, begegnete meinem Blick unter hochgezogenen Augenbrauen. Ich lauschte ihm atem- und fassungslos, nahm jedes Wort dieses unglaublichen Berichtes in mir auf, war unsäglich froh und glücklich darüber, dass er mir all dies mitteilte. Natürlich klang es stellenweise etwas verrückt, doch nicht für meine Ohren.
    „Ich warne dich – das, was jetzt kommt, klingt noch seltsamer.“, meinte Mike zu mir, sah mich fragend und mit Zweifel in den dunklen Augen an. Ich erwiderte den Blick, schüttelte dann leicht den Kopf. „Seltsam ist das nicht – eher interessant. Also, sag schon.“, forderte ich ihn auf, leise Ungeduld war in meiner Stimme zu vernehmen. Ich zügelte mich sogleich wieder, sah nach vorn, während ich seine Nähe spürte – es fühlte sich so vertraut an neben ihm her zu laufen, ich hatte es bereits so oft getan in der Vergangenheit – in einem anderen Leben – mit einem anderen Mike.
    „Manchmal träume ich seltsame Dinge: Es sind keine richtigen Träume, sondern kommen mir eher vor wie Dinge, die gerade geschehen oder geschehen sind und die ich beobachte. In meinem Traum bin ich immer ein Außenstehender, der zwei Jungen beobachtet. Einer von ihnen bin ich selbst. Und der andere – der bist du. Allerdings siehst du anders aus, jünger und irgendwie immer geknickt. Aber das bist unverkennbar du – daher kam mir dein Gesicht so bekannt vor.  Wir laufen zusammen eine dunkle Straße entlang – genauso wie wir es jetzt tun. Ist das nicht irre?“, lachte er unsicher, wich meinem eindringlichen Blick aus. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er in langsamen Bewegungen den Kopf schüttelte.
    Meine Gefühle in jenem Moment zu beschreiben, war schwer, ein eisiger Schauder fuhr über meinen Rücken, eine Gänsehaut bildete sich auf den Armen. Eine Hitzewelle, die stark mit der Kältewelle von außen kollidierte, explodierte in meinem Innersten. Unglaube, gefolgt von Freude und Hoffnung bestimmten mein heftig klopfendes Herz, in dem sich ein Gedanke manifestierte, den mein Kopf noch verbot zu glauben.
    „Also kannte ich dich schon, bevor wir uns überhaupt begegneten – klingt wirklich verrückt. Ein so großer
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