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Change

Change

Titel: Change
Autoren: Luisa Raphael
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dass dies der Grund für Mikes spürbare Niedergeschlagenheit war. Andererseits freute ich mich innerlich darüber, dass er in seiner Erklärung wie selbstverständlich gesagt hatte, dass ich jetzt in der Band war – bislang blieb dies ja unbestätigt, auch wenn ich wusste, dass dies nicht an Mike lag.
    „Hmm…. Das ist aber nicht der Grund für deine Grübelei, oder?“, bohrte ich sanft weiter, wollte ich doch wissen, was mit Mike nicht stimmte – ich wollte, dass er mir vertraute und von seinen Sorgen erzählte – gleichzeitig fürchtete ich mich davor bewiesen zu bekommen, das er mir eben nicht vertraute. Und schon wurden meine Zweifel erneut genährt.
    „Ach, weißt du – das ist eine seltsame Geschichte. Nicht einmal Dexter habe ich davon erzählt, weil er mich sonst für verrückt halten würde.“, meinte Mike unbestimmt, wich dann meinem Blick aus, als ich versuchte, in seinen dunklen, diffusen Augen zu erkennen, was ihn so bewegte. Was ging nur in ihm vor? Meine Neugierde wuchs exponentiell, ich wusste, dass ich unbedingt herausfinden musste, was los war. Was konnte Mike beschäftigen, das er nicht einmal seinem besten Freund erzählte?
    „Ich halte dich nicht für verrückt, Mike. Das würde ich niemals. Ich habe selbst mehr als genug erlebt, dass manch andere ebenfalls als verrückt abstempeln würden.“, entgegnete ich leise, verlieh meiner Stimme einen tieferen Klang als sonst. Meine ernste Ansprache schien Mike wachzurütteln, denn er sah plötzlich auf, sein Blick verhakte sich in meinem. Herzschläge verrannen, während die Zeit still zu stehen schien und sich unsere Blicke intim berührten. Die reale Welt driftete weit weg, bis zum Rand des Wahrnehmungshorizontes.
    Schließlich senkten sich die Augenlider Mikes, umsäumt von den längsten Wimpern, die ich jemals bei einem Mann gesehen hatte. So lang, dass sie kaum wahrnehmbare Schatten auf seine Wangen warfen. Er wirkte just in dem Moment sehr verletzlich. Dies an sich war sehr ungewöhnlich, fast schon befremdlich, hatte ich ihn doch noch immer als starken, standhaften und selbstsicheren Mike in Erinnerung. Er hatte mir Kraft gegeben – und nun schien es fast so, als wären die Rollen umgedreht. Ich war nicht länger der schwache, wehrlose Part und Mike war nicht mehr das unfehlbare, von sich selbst überzeugte, fast schon autoritär-aggressive Individuum. Dennoch wusste ich, dass ich mich auf den ersten Blick erneut in ihn verliebt hatte. Vielleicht hätte ich dies nicht, wenn ich nicht noch immer mit den intensivsten Gefühlen für ihn geschlagen war, doch so war es eine logische Folge.
    Seufzend betrachtete ich ihn noch eine geraume Zeit lang, in der wir beide schwiegen. Danach widmete ich mich wieder meiner Beschäftigung. Aus einem Augenwinkel beobachtete ich Mike fortwährend, doch nun rührte er sich kaum noch, von gelegentlichen Nippen an seinem Glas abgesehen. Ich schaffte es leider auch nicht mehr, ihn nochmals anzusprechen. Zum Teil wusste ich nicht genau, wie ich das Gespräch weiterführen sollte, zum Teil hatte ich einfach Angst, etwas Falsches zu sagen. So blieb das Schweigen zwischen uns bestehen, bis mir der Boss der Bar, der mit mir zusammen in dieser Nacht gearbeitet hatte, Bescheid gab, das ich gehen konnte. Die Uhr über der Bar zeigte an, dass es weit nach Mitternacht war – ich wunderte mich, warum Mike geblieben war. Er hatte selbst auch keinen Versuch mehr unternommen, mit mir zu sprechen, daher war ich neugierig, als ich mit ihm zusammen die Bar verließ und hinaus auf die noch immer nicht verlassenen Straßen trat. Eine Stimme in meinem Kopf flüsterte mir zu, dass er mir etwas mitteilen wollte – etwas, das sonst keiner hören sollte, deshalb ohne Zeugen.
    Ich hielt das Schweigen aufrecht, meine und Mikes Sachritte auf dem Pflaster des Gehwegs waren die einzigen Geräusche, abgesehen vom Hintergrundgeräusch des Verkehrs und der nie schlafenden Großstadt, die zu hören waren. Die Nacht war lind, ich trug keine Jacke, auch Mike hatte nur sein Basecap aufgesetzt, nachdem wir die Bar verlassen hatten.
    Der schwarzhaarige junge Mann seufzte, sah kurz zu mir herüber, sein blick kollidierte mit meinem und wir sahen beide verschämt zu Seite.
    „Nun denn … auch auf die Gefahr, dass du mich für irre hältst…“, begann Mike unsicher, lachte, versuchte seine trotzdem bemerkbare Nervosität zu überspielen. Ich hielt unwillkürlich die Luft an, mein Herz stockte und schlug dann sehr viel schneller weiter. Er
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