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Champagnerkuesschen

Champagnerkuesschen

Titel: Champagnerkuesschen
Autoren: Martina Gercke
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Stärke seines Haarwuchses zu erkennen, dann wäre Harald ganz weit vorne. Sein ganzer Körper ist von einem dichten Fell bedeckt. Täglich verbringt Harald mindestens eine Stunde im Badezimmer, nur um seine Körperbehaarung auf ein erträgliches Maß zu trimmen. Als der Hollywood-Blockbuster Planet der Affen bei uns in den Kinos anlief, huschte Harald tagelang in Mäntel eingehüllt durch die Stadt, aus Angst, von einem der Kinobesucher für einen der tierischen Hauptdarsteller gehalten zu werden.
    Seit Neustem trägt Harald Bart. Das heißt, eigentlich ist es mehr eine Bartlinie, die entlang seines Mundes verläuft und in einem Kinnbärtchen endet. Das lässt sein etwas aufgedunsenes Gesicht markanter erscheinen. Die Kopfhaare sind zu einem Hahnenkamm aufgetürmt, wovon sich Harald bei seiner Körpergröße von knapp 1,75 m einen optischen Zugewinn an mehreren Zentimetern verspricht. Seine Augen sind mit schwarzem Kajal umrandet, sodass man bei Haralds Anblick unwillkürlich an einen in die Jahre gekommenen Jack Sparrow denken muss. Dazu trägt er bevorzugt viel zu enge Hosen und bis zum Bauchnabel aufgeknöpfte und taillierte Hemden.
    Der Mann ist ein echtes Weichei mit der Seele einer Frau. Letzte Woche erst hat Harald schluchzend bei Bauer sucht Frau vor dem Fernseher gesessen, als die beiden schwulen Bauern Händchen haltend zusammen Traktor gefahren sind.
    „Ich mache sie dem heutigen Anlass entsprechend zu einer Prinzessin“, hallt Haralds Stimme dumpf durch das Rauschen des Wasserstrahls an mein Ohr. „Wenn ich mit ihr fertig bin, sieht sie mindestens zehn Jahre jünger aus.“
    Das ist das Netteste, was ich heute zu hören bekommen habe. Ich habe am Morgen bereits vier SMS bekommen, in denen mir Mut zugesprochen und nachgefragt wurde, wann Benni und ich endlich heiraten. Birte, die alte Schlange, hat sogar gefragt, ob ich schwanger sei! Wenn das nicht frustrierend ist, was dann?
    Ich habe meinen Traummann gefunden. Die Sache hat nur einen kleinen Haken. Ich weiß nicht, ob Benni über mich genauso denkt. In den letzten Monaten habe ich das Gespräch mehrfach auf das Thema Hochzeit gelenkt. Leider habe ich nicht die gewünschte Reaktion bekommen. Stattdessen fragte mich Benni mit Leidensmiene, ob ich meine Tage hätte. Damit war das Thema dann gegessen.
    Robin ist endlich fertig. Meine Haare riechen, als hinge ich kopfüber in einer Kokosnuss.
    „Keiner hat heute Abend Zeit zum Feiern“, jammere ich, während Harald mir ein weiteres Glas mit Holunderküsschen- Prosecco einschenkt. „Eigentlich wollte ich mich sinnlos betrinken und ganz viel Spaß mit meinen Freunden haben.“ Ich werfe einen vorwurfsvollen Blick in Haralds Richtung.
    „Liebelein, ich wäre wirklich gerne zu ihrem Geburtstag gekommen, aber ich habe eine wichtige Verabredung.“ Er spitzt die Lippen.
    „Wichtige Verabredung?“ Ich runzele die Stirn. Was kann es Wichtigeres als meinen Geburtstag geben? „Hat sich Roberto wieder bei dir gemeldet?“ Roberto ist Haralds Ex-Freund, dem Harald zehn Kilo Übergewicht und sein Singledasein zu verdanken hat.
    „Ach der. Nein, wo denkt sie hin. Ich habe ein Blind Date“, winkt Harald ab.
    „Wirklich?“
    „Ich habe mich bei PremiumPartner für anspruchsvolle schwule Singles angemeldet“, erklärt Harald mit ernster Miene. „Ein Freund von mir hat über PremiumPartner seine große Liebe kennengelernt. Die beiden sind nach ihrem ersten Treffen bereits zusammengezogen und haben letzten Monat geheiratet.“
    Ich schüttele ungläubig meinen Kopf. Der Gedanke, einen Mann übers Internet kennenzulernen, ist mir geradezu unheimlich. In dieser Hinsicht bin ich altmodisch. Ich möchte meinem Traummann im wahren Leben begegnen und ihn nicht anhand eines Profils auf irgendeiner Singlebörse finden.
    Ich bin mir sicher, dass Benni und ich u ns niemals über eine Singlebörse gefunden hätten. Dafür sind wir viel zu unterschiedlich! Bei Singlebörsen werden Menschen mit ähnlichen oder gleichen Charaktereigenschaften und Vorlieben zusammengeführt. Das ist in meinen Augen totaler Quatsch!
    Die Vorstellung, mein Partner könnte mir ähnlich sein, finde ich eher abschreckend. Das würde ja bedeuten, dass wir von einer emotionalen Krise in die nächste rutschen und unser Alkoholkonsum dabei ungesunde Ausmaße annehmen würde. Nein, Benni ist genau der Richtige, weil er so anders ist als ich. Benni behält immer den Überblick, ist ruhig und verständnisvoll und unterliegt keinen hormonellen
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