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Champagnerkuesschen

Champagnerkuesschen

Titel: Champagnerkuesschen
Autoren: Martina Gercke
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eine Achterbahn, man muss Spaß haben mitzufahren.“
    „Und wie erkennt ihr euch?“
    „Ich trage meinen roten Anzug als Erkennungszeichen und er eine rote Rose.“
    „Du meinst den Knalligen aus roter Seide, den du letztes Jahr auf Bennis Geburtstagsfeier anhattest?“
    Ich bin mir sicher, dass Harald farbenblind ist. Er hat meine Vermutung zwar nie offiziell bestätigt, aber anders kann ich mir seine schrägen Farbkombinationen nicht erklären, wo er doch sonst so viel Wert auf Stil legt.
    „Der ist doch nicht knallig. Ich würde die Farbe eher als leuchtend bezeichnen“, antwortet Harald beleidigt. „Und dazu mein grünes Hemd.“
    „Okay, damit findet er dich auf jeden Fall. Egal, wie dunkel es in dem Schuppen ist, in dem ihr euch trefft“, entgegne ich trocken. „Du musst mir genau berichten, wie euer Treffen war. Das bist du mir schließlich schuldig, wenn du schon nicht zu meinem Geburtstag kommst“, füge ich hinzu.
    „Liebelein, sie ist die Erste. Ich werde ihr bis ins letzte Detail alles erzählen.“
    „Na ja, vielleicht nicht bis ins letzte Detail“, verbessere ich ihn schnell. Die Vorstellung, in Haralds Sexualleben eingeweiht zu werden, lässt Bilder in mir aufsteigen, auf die ich in meinem Leben gerne verzichten möchte.
    „Sie ist also nicht mehr böse auf mich?“, fragt Harald.
    „Weswegen?“ Ich sehe Harald überrascht an.
    „Dass ich nicht kommen kann, um meine Prinzessin gebührend zu feiern“, entgegnet Harald mit einem Unterton des Bedauerns.
    „Nein, dieser Geburtstag ist sowieso irgendwie verhext. Katja kommt auch nicht. Sergej hat ausgerechnet heute ein wichtiges Geschäftsessen, und er hat sie gebeten, dabei zu sein. Und der Rest, den ich eingeladen habe, hat ebenfalls abgesagt. Sieht ganz so aus, als ob Benni und ich den Abend ganz alleine verbringen werden.“
    „Und wilden Sex haben“, quietscht Harald fröhlich. Für meinen Geschmack allerdings ein bisschen zu laut, denn die Frau einen Spiegel weiter schaut irritiert zu uns herüber.
    „Harald“, ermahne ich ihn.
    „Ach Göttle!, wie ich sie um diesen Mann beneide!“
    „Sagt der Mann, der sich heute Abend mit Hotshot69 trifft.“ Ich hebe mein Glas, und wir stoßen an.
     
    Harald hat mit meinen Haaren wieder das reinste Wunder vollbracht. Mich umgibt zwar ein intensiver Kokosduft, aber dort, wo sonst ein Pudel auf meinem Kopf sitzt, schimmert jetzt eine in weichen Locken auf die Schultern fallende Haarpracht. Ich gehe mutterseelenallein und ein wenig beschwipst über die Schanze . Früher war hier die Drogenszene angesiedelt, heute entwickelt sich die Gegend zu einem angesagten Viertel mit Modeläden, in denen Jungdesigner dem alternativen Publikum der Szene ihre Ideen vorstellen.
    Es ist ein herrlich sonniger Tag und für Hamburger Verhältnisse ungewöhnlich warm, was sämtliche Frauen dazu veranlasst, ihr neustes Sommeroutfit samt passender Sonnenbrille spazieren zu führen. Kein Wunder bei dem Wetter, das hier normalerweise herrscht. Meist ist der Himmel grau verhangen, und die Außentemperatur ist konstant fünf Grad kälter als in der restlichen Republik. Trotzdem fühle ich mich hier oben im Norden pudelwohl. Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche Kleidung, lautet die Devise eines jeden Hamburgers. Dem kann ich nur zustimmen.
    Hamburg bietet so viele Vorteile gegenüber dem Süden, die sich nicht mit Gold aufwiegen lassen. Zum Beispiel gibt es an den Häusern keine Rollläden, die bei Einbruch der Dämmerung heruntergelassen werden, um Eindringlinge und neugierige Blicke abzuwehren. Nein, im Norden ist man da lockerer. Man kann des Abends in jede Wohnung hineingucken und sich Anregungen für die Gestaltung der eigenen vier Wände holen, ohne dass es jemanden stört.
    Benni und ich schlendern oft noch spät durch Eppendorf und sehen in die erleuchteten Wohnungen der Nachbarschaft. Da wissen wir schnell wieder, wie schön wir es in unseren eigenen vier Wänden haben!
    Gegenüber von Katjas und meiner Wohnung lebt ein Pärchen, dessen Fernseher die Ausmaße einer Kinoleinwand hat. Beim letzten Länderspiel hat sich dieser Umstand als äußerst praktisch erwiesen, da unser Fernseher einen Bildausfall hatte, der Ton jedoch noch ging. Also haben wir kurzerhand das Sofa ans Fenster geschoben und das restliche Spiel auf dem Bildschirm unserer Nachbarn mitverfolgt.
    Eine Joggerin schlängelt sich mit gehetztem Gesichtsausdruck durch das spazierende Volk in Richtung Schanzenpark. Ihr Anblick löst
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