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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds
Autoren: P Grote
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zum Global, aber doch zum European Player werden. Ich hatte immer Vertrauen zu Ihnen, und die Erfahrung der letzten Jahre gibt mir recht. Sie hatten alle Freiheit, die Sie wollten, und wir haben dabei immer hervorragend zusammengearbeitet. Sie haben mich nie enttäuscht. Und umgekehrt ist das genauso, oder?«
    Philipp nickte. »Das ist absolut richtig.« Bis heute war es so gewesen, er zwang sich zu einem Lächeln und ahnte, dass alles einmal zu Ende ging. Aber das war nur ein vages Gefühl.
    »In einem Jahr muss das Italienangebot stehen. Das hängt von Ihrem Verhandlungsgeschick ab. Sie müssen einige Winzer von ihren bisherigen Importeuren abwerben und sie veranlassen, mit uns zu arbeiten. Das wird ein hartes Stück Arbeit. Es bleibt wenig Zeit, die Mitbewerber schlafen nicht. Friss, Vogel, oder stirb. Gleichzeitig muss unsere Logistik ausgebaut werden. Wir brauchen mehr Personal, jemanden wie einen General Manager, einen CEO, wie die Konzerne es nennen, den Chief Executive Officer. Zuerst jedoch müssen unsere Mitarbeiter härter ran. Der Schlendrian hört auf. In zwei Wochen stößt ein Unternehmensberater zu uns und wird eine Betriebsanalyse vornehmen. Wir werden anbauenoder umziehen, denn für das, was ich mir vorstelle, sind die Büros und das Lager zu klein und zu unmodern. Vielleicht reicht vorerst auch ein Ausbau, wir werden sehen   ...«
    Die Eröffnung war für Philipp alles andere als positiv, das durfte er Langer aber nicht zeigen, es war geradezu ein Schock. »Und was ist mit deutschem Wein?«, fragte er, um die ganze Hiobsbotschaft möglichst auf einmal zu erfassen. »Davon verstehe ich am wenigsten.«
    »Kein Problem. Da werden uns die Beziehungen von Frau Helene Schilling nützlich sein, beziehungsweise die ihrer Familie.«
    War das der Grund für ihre Einstellung gewesen? War sie wegen dieser Überlegungen bereits länger mit Langer im Gespräch?
    »Ich möchte von Ihnen in einem Monat einen Vorschlag dazu haben, wie Sie sich das nächste Jahr unter diesen Gegebenheiten vorstellen, wie unser Angebot aussehen könnte, welche Weine beziehungsweise Herkunftsgebiete es umfassen sollte, wie man mit unserer Idee den Markt durchdringen kann, wie Sie die Reaktion des Handels, also unserer Kunden, darauf einschätzen. Ich beabsichtige, Sie zum Verantwortlichen für den gesamten Einkauf zu machen, aber zuvor gibt es noch etwas sehr Eiliges zu erledigen, das wir dringend erörtern sollten. Davon hängt alles andere ab.«

3
    Langer schwieg und beobachtete, wie der Ober den Champagner öffnete, ohne dass der Korken knallte. Er hielt ihn fest und drehte die Flasche. Das war leichter als umgekehrt, und die Kohlensäure kam ins Glas, schäumte und verflüchtigte sich erst langsam in Millionen von Bläschen. Das war beim Bier auch der Fall gewesen, bevor es so schnell gezapft wurde, dass der Schaum sofort wieder in sich zusammenfiel.
    Der Ober fasste die Champagnerflasche wie eine Weinflasche, um einzuschenken. Langer nahm sie ihm aus der Hand. »So geht es, junger Mann, man lässt den Fuß der Flasche in der Hand und auf den gespreizten Fingern ruhen und legt zur Sicherheit den Daumen unten in die Höhlung. Das Etikett zeigt derweil nach oben, damit auch alle ringsum schön sehen können, was man sich leisten kann – oder was einem der Gast wert ist.« Er sah Philipp an, dem derartige Komplimente nicht behagten. Meist wurde danach eine Erwartung geäußert. Nichts war umsonst.
    »Champagner ist für die wenigsten ein Getränk, eigentlich nur für die Kenner, für die Mehrheit ist er ein Symbol.«
    Philipp kleidete sein Unwohlsein in Zynismus. »Mit einem Glas Champagner in der Hand kann man sich sogar stilvoll von der Dachterrasse eines Hochhauses stürzen, wenn’s mit Fünfundzwanzig mit der Karriere nicht so klappt und der Ehrgeiz größer ist als die Fähigkeiten.«
    »Er meint das nicht so«, sagte Langer, der den verständnislosen Blick des Obers aufgefangen hatte. »Er ist sonst auch nicht so zynisch.«
    »Er meint es doch so«, antwortete Philipp, der die Verunsicherung des Obers auf Langers Kritik am Einschenken bezog. So wie Langer es demonstriert hatte, wurde es gemacht, jedoch hätte Philipp den Ober niemals öffentlich darauf hingewiesen, es war kaum zu übersehen, wie sich die Ohren des jungen Mannes röteten. Im Zusammenleben mit Thomas war Philipp in Bezug auf junge Leute feinfühlig geworden und spürte, wenn bei ihnen das Vorpreschen Unsicherheit verbarg. Er hätte seine Kritik dem Ober beim
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